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Geschrieben
44 minutes ago, Auto nom said:

Hier gibt es einige die ein Elektroauto fahren würden, wenn man es für 1000 EUR kaufen kann, man alles selbst reparieren kann, alle Teile jederzeit für einen Euro gebraucht verfügbar sind, die Reichweite 1000 Kilometer beträgt, der Akku in einer halben Stunde vollgeladen werden kann und die Anhängelast mindestens 2 Tonnen beträgt.

So ungefähr, ja.

Geschrieben

Da gebe ich dir Hartmut51 Recht- als Elektro und Verbrenner-Fan- ein bisschen Skepsis, ob Batterieelektrische Mobilität das Gelbe vom Ei in der derzeitigen Form ist, darf man aber haben

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Geschrieben

Es ist ja in Wahrheit recht simpel. Lassen wir mal die LKW außen vor, gibt es in Deutschland rund 47 Millionen PKW, die laut Statistischem Bundesamt rund 47 Milliarden Liter Diesel und Benzin pro Jahr verfahren (oder 118 Mrd. kg CO2 oder 1.000 Liter pro PKW pro Jahr). Das sind Äquivalente von grob gerechnet 500 Milliarden kWh pro Jahr. Umgerechnet auf die Kilometerleistung von 642 Milliarden Kilometer pro Jahr für PKW in Deutschland sind das ca. 13.700km pro Auto pro Jahr.

Wenn ich für ein E-Auto im Schnitt 20kWh/100km ansetze, komme ich damit bei 13.700km auf 2.740kWh pro Jahr pro Auto. Bedeutet ca. 130 Milliarden kWh zusätzlichem Strom pro Jahr, wenn alle PKW in Deutschland E-Autos wären. Also 130 Milliarden vs. 500 Milliarden kWh rein auf die Energiemenge bezogen. (Derzeit exportiert Deutschland jährlich ca. 50 Mrd. kWh an Überschussstrom)

Bedeutet bei 100% Kohlestrom (0,95kg CO2 pro kWh Kohlestrom) 121 Mrd. kg CO2 vs. 118 Mrd. kg CO2 bei fossilen Treibstoffen. Also im Grunde keine Einsparung gegenüber Diesel und Benzin (wobei keinerlei Verluste Well-to-tank eingerechnet sind). Dafür aber 100% Energie aus Deutschland, keine lokalen Emissionen, Potenzial zur direkten CO2 Abscheidung bei den Kraftwerken usw.

Ziehe ich den aktuellen deutschen Strommix von ca. 0,4kg CO2/kWh heran, liege ich nur noch bei rund 51 Mrd. kg CO2 für 100% E-PKW. Das wäre auch in etwa die Größenordnung, wenn man den Kohlestrom zur Gänze durch Erdgas ersetzen würde. 

Es hängt also defacto ausschließlich davon ab, welche Stromerzeugung ich für die Betrachtung heranziehe und für wie realistisch ich es halte, dass für die Betrachtung der Stromherkunft nicht ausschließlich Kohlestrom relevant ist und in Zukunft auch nicht sein wird.

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Und nur als Exkurs dazu: Bei 100% Wasserstoff-PKW, die je ca. 180kg H2 pro Jahr brauchen im Durchschnitt, komme ich im Elektrolyseverfahren (55kWh pro kg H2) auf 465 Mrd. kWh zusätzlichen Strom, den ich für die Elektrolyse benötige, oder ca. 442 Mrd. kg CO2 beim Kohlestrom-H2-PKW vs. 121 Mrd. kg CO2 beim Kohle-E-Auto vs. 118 Mrd. kg CO2 beim Diesel/Benziner vs. 51 Mrd. kg CO2 beim Strommix-E-Auto vs. 186 Mrd. kg CO2 beim Strommix-H2-PKW.

E-Fuels will ich da gar nicht rechnen.

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Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb Auto nom:

Es ist sicherlich richtig und wichtig auf Probleme hinzuweisen. Nur dann kann sich daran etwas ändern.

Wenn man das ernst nimmt, dann nutzt man kein mobiles Telefon und auch sonst keine Geräte mit Lithium Akku. 

Wenn man umweltverträglich konsumiert, kauft man keine Produkte, für deren Produktion Gifte eingesetzt wurden. 

Wer von den Kritikern der Elektromobilität nutzt keine technischen Geräte mit Lithium Akku?

Wer kauft nur biologisch (also nicht chemisch-industriell) erzeugte Lebensmittel?

Wer kauft nur Kleidung aus ökologisch (giftfrei) erzeugten Fasern?

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Für mich ist das eine Scheindiskussion, die davon ablenken soll, dass die Bereitschaft sich aus der eigenen Komfortzone heraus zu bewegen, nahezu Null ist.

Hier gibt es einige die ein Elektroauto fahren würden, wenn man es für 1000 EUR kaufen kann, man alles selbst reparieren kann, alle Teile jederzeit für einen Euro gebraucht verfügbar sind, die Reichweite 1000 Kilometer beträgt, der Akku in einer halben Stunde vollgeladen werden kann und die Anhängelast mindestens 2 Tonnen beträgt.

 

Es soll Leute geben die nicht von wirtschaftlichen Zwängen entkoppelt wirtschaften können.

Geschrieben
vor 4 Stunden schrieb grojoh:

... Es hängt also defacto ausschließlich davon ab, welche Stromerzeugung ich für die Betrachtung heranziehe und für wie realistisch ich es halte, dass für die Betrachtung der Stromherkunft nicht ausschließlich Kohlestrom relevant ist und in Zukunft auch nicht sein wird.

Und schießlich ist in Deutschland ja der Kohleausstieg beschlossen und terminiert.

Die Politik hat zuerst den Atomausstieg und dann auch den Kohleausstieg beschlossen und das ohne dass nennenswerte Befürchtungen bzgl. der Stromversorgung in D aufgekommen wären.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 5 Stunden schrieb grojoh:

... Bedeutet bei 100% Kohlestrom (0,95kg CO2 pro kWh Kohlestrom) 121 Mrd. kg CO2 vs. 118 Mrd. kg CO2 bei fossilen Treibstoffen. Also im Grunde keine Einsparung gegenüber Diesel und Benzin (wobei keinerlei Verluste Well-to-tank eingerechnet sind). Dafür aber 100% Energie aus Deutschland, keine lokalen Emissionen, Potenzial zur direkten CO2 Abscheidung bei den Kraftwerken usw.

Ziehe ich den aktuellen deutschen Strommix von ca. 0,4kg CO2/kWh heran, liege ich nur noch bei rund 51 Mrd. kg CO2 für 100% E-PKW...

Grojoh, ich habe jetzt mal deinen Rechenweg nachvollzogen. Mühsam genug für jemand, der sich bisher nie für die entsprechenden Zahlen und Umrechnungsfaktoren interessiert hat. 😀

Da war ich zunächst natürlich enttäuscht:

Würde man also die 47 Mio. Verbrennerautos in D mit einer Jahresfahrleistung von 642 Mrd. km heute und sofort durch 47 Mio. E-Autos ersetzen, welche die gleiche Jahresfahrleistung mit Strom verfahren, der zu 100% aus Kohlestrom erzeugt wurde, dann würde der CO2-Ausstoß mit 121 Mrd. kg CO2 sogar leicht ansteigen.

Aber wie du selber schreibst ist der deutsche Strommix ja längst ein anderer. In 2019 stammten 46% der erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien, was den CO2-Ausstoß durch die E-Autos bereits auf 65 Mrd kg reduzieren würde.

Geht man bei der restlichen Stromerzeugung durch fossile Brennstoffe von einem allmählichen Umstieg auf effizientere Kraftwerke aus, lässt sich noch viel mehr Emission einsparen. Ein Erdgas-GuD-Kraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 60% stößt nicht mehr die genannten 0,95kg CO2 pro kWh, sondern nur noch 0,33 kg CO2 pro kWh. Mit dieser Umstellung würde dann der indirekte CO2 Ausstoß der E-Autoflotte weiter sinken, von 65 auf 22 Mrd. kg schrumpfen. Das ist noch Zukunftsmusik, aber der Strommix vom letzen Jahr mit 46% Strom aus erneuerbaren Energien ist bereits Realität.

Gegenüber den heute von Verbrennern ausgestoßenen 118 Mrd. kg CO2 würde also der komplette Umstieg auf E-Autos schon heute nur noch 65 Mrd. kg CO2 verursachen. Und, wie schon gesagt, in dieser Gegenüberstellung ist der bei Verbrennern viel höhere Energieverbrauch und auch Ressourcenverbrauch bei Produktion und Transport, also well-to-tank, noch gar nicht berücksichtigt.

Bearbeitet von Juergen_
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Geschrieben (bearbeitet)

Wenn man sich mal vor Augen führt, was alles notwendig ist, um Rohöl zu fördern, es zu transportieren, es zu raffinieren, es zu Kraftstoffen weiterzuverarbeiten, es zu transportieren und es zu lagern, damit man Tanken kann, dann müsste es doch schon auf dieser Strecke Klick machen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_bedeutender_Ölunfälle

https://de.wikipedia.org/wiki/Abfackelung

https://de.wikipedia.org/wiki/Well-to-Tank

https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftstoffverdunstung

https://de.wikipedia.org/wiki/Benzinvergiftung

Es gibt sicherlich noch mehr Aspekte. 

Beifang: https://monami.hs-mittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/408/file/Diplomarbeit_Gerd_Unterkreuter.pdf

Bearbeitet von Auto nom
Geschrieben

Wobei man anmerken muß, daß spätestens seit der Amoco Cadiz Supertanker nicht mehr eine Schraube haben dürfen, was beim Ruderausfall zur völligen Manövrierunfähigkeit führt.

Richtig ist aber, daß die Ölförderung nicht zwangsläufig zur Verschönerung der Natur führt.

Gernot

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Geschrieben
vor 18 Stunden schrieb Juergen_:
  • Es war auch wiederholt in Studien zu lesen - und ich glaube das - ,  dass selbst ein zügiger Anstieg der E-Mobiliät bei uns weder zu einer Netzüberlastung noch zu einem Mangel an Strom führen würde. Die Stromversorgungsunternehmen haben selber kundgetan, dass sie das für durchaus machbar halten. Insofern dürfte auch der moderate Anstieg des Stromverbrauchs durch Elektroautos locker mit dem ansteigenden Volumen an Ökostrom zu bewältigen sein, zumindest in unseren westlichen, hochentwickelten Ländern. (Dass das in asiatischen Diktaturen und südamerikanischen Entwicklungsländern noch lange Zeit anders sein wird, kann ja kein Grund sein, bei uns den Umstieg nicht zu machen.)
  • Man sollte auch nicht vergessen, dass man bei Menschen, die heute bereits in ein immer noch relativ teures E-Auto investieren, von einem deutlich besser ausgeprägten Umweltbewußtsein ausgehen kann. Der leider viel zu früh verstorbene Holger Schulzen war das beste Beispiel für einen early adaptor, der selber initiativ gewesen ist, um seinen Tesla S großenteils mit Solarstrom aus eigener Produktion laden zu können. Man darf also durchaus annehmen, dass der durchschnittliche E-Autofahrer sein Auto zuhause mit Ökostrom lädt und nicht wenige davon bei vorhandenen Möglichkeiten sogar in Solaranlagen und Stromspeicher investieren werden, um ihr Fahrzeug sogar komplett C02-frei betreiben zu können.

Das ist der Knackpunkt, aber genau hier scheiden sich die Geister - sprich: die Studien. Ich fasse mal einen der Grundgedanken des Buches von Ruhsert (siehe oben, da habe ich die Quelle verlinkt) zusammen, um das Problem zu verdeutlichen:

Seine These lautet: E-Autos erzwingen die Produktion fossilen Stroms in Höhe des gesamten Ladestroms (Buch, S. 18). Da in den kommenden Jahren immer mehr E-Autos fahren werden, wird ein höherer Strombedarf entstehen. Woher kommt dieser Strom? Mitnichten aus erneuerbaren Energien, sondern aus fossilen Quellen, denn man muss den Marginal-Strommix im Blick haben. Ruhsert zitiert dazu aus einem Text des Öko-Institituts  und dem Verband der chemischen Industrie dies: "Als Marginalstrom wird derjenige Strom bezeichnet, der aufgrund einer zusätzlich nachgefragten Stromquelle (z. B. aufgrund der Einführung neuer, strombasierter Technologien) zusätzlich bereit gestellt wird. Da er in Deutschland heute in der Regel durch eine höhere Auslastung konventioneller Kraftwerke erzeugt wird, ist er meistens fossiler Natur. Welche Erzeugungstechnologien ihn bereitstellen, wird nach dem Merit-Order-Prinzip über die Grenzgestehungskosten definiert." (Zitat aus dem Buch, S. 16) Ich interpretiere das: Für E-Mobilität ist realistischer Weise also der Marginalstrom-Mix zwingende Rechengröße. Die Stromproduktion der erneuerbaren Quellen schwankt (Windstärke und Sonnenintensität variieren), hochgefahren werden bei Bedarf also konventionelle Kraftwerke. Lt. EEG muss Ökostrom immer vorrangig abgenommen werden, aber da er nicht grenzenlos gesteigert werden kann, ist es nur logisch, dass der Einsatz von Atom- und Kohlestrom herhalten muss. Das bedeutet doch, dass real der CO2-Ausstoß in Verbindung mit jedem gefahrenen E-Kilometer steigt. Dem Klima bekommt das nun gerade nicht, wie wir inzwischen wissen.

Ruhsert rechnet vor, um welchen Zeitraum die Energiewende verzögert wird, wenn spürbar mehr E-Autos gekauft werden. Konkret sieht das so aus: 10 Millionen Autos - 2 Jahre Verzögerung, 20 Millionen - 4 Jahre, 30 Millionen - 6 Jahre, 40 Millionen - 8 Jahre. Fragt mal Klimaaktivisten, was die davon halten. Jedes Jahr zählt, die Erwärmung muss gestoppt werden. Die Zahlen sind bei Ruhsert hergeleitet, ich kann hier aber nicht das halbe Buch referieren, möchte auch nicht gegen Urheberrechte verstoßen. Der Verfasser argumentiert ausgesprochen genau, er zitiert ungezählte Studien, die zu falschen und richtigen Ergebnissen kommen, und er stellt sie gegenüber. Bei meinen Recherchen zur E-Mobilität habe ich keine Veröffentlichung gefunden, die derartig umfassend basiert ist. Genau das ist das, was mich so nachdenklich gemacht hat als ich mir den e208 kaufen wollte. 

*

Zu Holger: Ja, das lässt mich nicht kalt. Ich habe ihn gekannt, noch wenige Tage vor seinem Tod haben wir lange telefoniert. Ich würde heute heftig über E-Mobilität mit ihm diskutieren. Seine Tesla-Begeisterung ist mir so gegenwärtig, dass ich bei jedem roten Tesla, den ich sehe, auch Holger sehe. Ich würde mit ihm nicht zuletzt deshalb streiten, weil der selbsterzeugte Ökostrom viel besser anderweitig verbraucht werden könnte. Wenn er aber für E-Mobilität verwendet wird, bleibt die Möglichkeit ungenutzt, Kohlestrom zu ersetzen. 

*

Um es noch einmal zu betonen: Ich stimme nicht ein ins Stammtischgeheul so vieler E-Auto-Gegner, mir geht es um CO2 und damit um das Klima. Meine Fragezeichen konnte im Übrigen auch grojoh bislang nicht wirklich entkräften. Im Gegenteil sehe ich bei Dir, @grojoh, mehr Nachdenklichkeit als noch vor Monaten, denn Du stellst ja selbst gute Fragen: 

Am 24.11.2020 um 19:01 schrieb grojoh:

Stimmt, den Ansatz der Nullemission halte ich auch für problematisch. Auch im Sinne der CO2-Tricksereien wie sie nun allerorts (zB Fiat-Tesla) betrieben werden. Die Schwierigkeit ist aber, hier einen realistischen und fairen Wert zu finden - worauf soll man sich bei der CO2-Emission beziehen? Well-to-wheel? Dann müsste man auch die ganze Vorkette für Diesel und Benziner nachziehen (was eh dem E-Auto sehr zugute käme). Tank-to-wheel? Auf welchen Strombezug soll sich dann der Flottenwert beziehen? Auf den deutschen Strommix, den europäischen Strommix, den globalen Strommix? Darf ich den Wert dann steuerlich mit 0 ansetzen, wenn ich eine PV-Anlage und Ökostrombezug nachweisen kann? Oder erfinde ich einen Lebenszykluswert, um auch die Fahrzeugproduktion und -entsorgung einzukalkulieren?

 Die Frage zum Strommix beantworten Skeptiker ganz klar: Der Marginal-Strommix ist der realistische!

fl.

 

Geschrieben
vor 20 Minuten schrieb fluxus:

Meine Fragezeichen konnte im Übrigen auch grojoh bislang nicht wirklich entkräften. Im Gegenteil sehe ich bei Dir, @grojoh, mehr Nachdenklichkeit als noch vor Monaten, denn Du stellst ja selbst gute Fragen: 

 Die Frage zum Strommix beantworten Skeptiker ganz klar: Der Marginal-Strommix ist der realistische!

fl.

 

Ich bin ja nicht naiv. Ich weiß, dass E-Mobilität kein Heilsbringer ist, sondern ebenso eine Ressourcen- und Energiethematik hat. Aber ich halte es für keinen gangbaren Weg, zuerst die Stromwende zu erledigen und sich dann erst um die Energiewende als solche zu kümmern. Es ist für mich keine Option, dass wir zuerst bis zum Sanktnimmerleinstag die 100% Erneuerbaren im Strombereich ausbauen, um dann erst mit der Dekarbonisierung des Verkehrs zu beginnen. Das ist ein Prozess, der Hand in Hand gehen muss, um die Synergien optimal zu heben. Wer hätte denn ein Interesse an massiver Forschung und Entwicklung für alltagstaugliche Alternativen zu Benzin und Diesel, wenn es hier keinen ordentlichen Marktaufbau gäbe? Dann haben wir irgendwann vielleicht 100% erneuerbaren Strom, aber immer noch 100% fossilen Verkehr... und dann weiter? Dann stehen wir im Mobilitätsbereich immer noch bei Null, haben keine Akkutechnologien weiterentwickelt, haben keine Ladeinfrastruktur aufgebaut, haben keine funktionierende Abrechnungssysteme standardisiert, haben keine gesetzlichen Voraussetzungen für Wallboxen im Mehrfamilienbereich geschaffen und so weiter und so fort.

Ich nehme in Kauf, dass ein Elektroauto auch mal mit Kohlestrom geladen wird, aber ich weise vehement den Ansatz zurück, dass Elektroautos automatisch dem Kohlestrom zuzurechnen wären, nur weil sie eben die "spätere Technologie" sind. Welches "frühere Recht" haben Heimsauna, Rasenroboter, Klimaanlage, Beschneiungsanlage, LED-Werbetafeln, Flutlichtanlage und Co., dass sie als vorrangigere Verbraucher von erneuerbarem Strom angesehen würden gegenüber einem E-Auto, das einen Verbrenner ersetzt?

Ohne das nochmal ausführlich ausbreiten zu wollen: Es gibt ja keine Gleichzeitigkeit der Erzeugung und des Verbrauchs. Es stimmt auch nicht, dass ein Kohlekraftwerk um die Leistung zurückgefahren würde, um die das E-Auto weniger lädt. Solange Windkraft und PV künstlich aus dem Netz gehalten werden (der berühmte Überschuss für den Wasserstoff) gibt es Potenzial für zusätzliche Stromabnehmer dieser Erzeugungsleistung. Die fossilen Kraftwerke laufen mit einer gewissen Grundlast permanent, die Erneuerbaren werden zurückgefahren, wenn zu wenig Netzbezug da ist.

Es ist wichtig, die Ladezeiten von E-Autos zu optimieren und zu automatisieren, um Überschüsse im Netz zu verhindern und dann zu laden, wenn viel erneuerbare Leistung zur Verfügung steht. Aber darauf zu insistieren, dass E-Autos automatisch dem Kohlestrom zuzurechnen wären, ist mit der Praxis von Stromerzeugung und Netzauslastung nicht zu argumentieren.

Und ich behaupte immer noch, dass ein Gutteil der installierten privaten PV-Leistung nicht entstehen würde oder kleiner dimensioniert wären, wenn die Hauseigentümer (oder auch Unternehmer) nicht in vielen Fällen auf das Zukunftspotenzial E-Mobilität als zusätzliches Element der Steigerung der Eigennutzung im Kopf hätten. Sonst könnte ich auch sagen, ich darf Überschuss nicht nützen, um einen Heizstab für den Warmwasserboiler zu betreiben, weil das ohnehin der Gaskessel auch erhitzen könnte und ich damit den Erneuerbaren-Ausbau verlangsame. Oder ich darf vom Gasherd nicht auf den E-Herd umsteigen, weil ich auch damit einen zusätzlichen Stromverbraucher ans Netz bringe, der genausogut mit fossilem Gas betrieben werden könnte... Die Logik dahinter ist jeweils dieselbe und passt einfach nicht.

Auch das Thema der Verzögerung der Energiewende bleibt für mich immer noch ein verfehltes Argument, denn der von dir zitierte Autor meint damit nicht die Energiewende im Allgemeinen, sondern lediglich die Stromwende. Ja, mehr E-Autos erfordern einen rascheren Erneuerbaren-Ausbau. Man könnte fast geneigt sein zu behaupten, die E-Mobilität ist ein zusätzlicher Anreizfaktor für den schnelleren Ausbau, weil sich hier auch die Energieversorger zusätzliche Abnehmer erhoffen, die sie sonst nicht einrechnen könnten. Gleichzeitig sinkt der Ölverbrauch, was nicht nur ökologisch gut ist, sondern unsere Abhängigkeit von milliardenschweren Importen reduziert und die Emissionsbelastung in den Ballungszentren reduziert.

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Geschrieben
vor 4 Minuten schrieb grojoh:

Ich bin ja nicht naiv. Ich weiß, dass E-Mobilität kein Heilsbringer ist, sondern ebenso eine Ressourcen- und Energiethematik hat. Aber ich halte es für keinen gangbaren Weg, zuerst die Stromwende zu erledigen und sich dann erst um die Energiewende als solche zu kümmern.

Nur ganz schnell noch eine kleine Reaktion, weil ich heute Abend zu mehr keine Zeit habe: Da bin ich ja bei Dir, der Arte-Film doch eigentlich auch, denn es wird ja gesagt, dass der Weg der Energiewende weiter gegangen muss. Da gibt es grundsätzliche Zustimmung, die hier vielleicht überhört worden ist. Sinn des Films ist ja, darauf zu verweisen, dass dieser Weg nicht so "green" ist wie manche Apologeten immer so eilfertig behaupten. Dass rund um die Verbrenner sehr, sehr viel Problematisches abläuft, müsst Ihr mir nicht erklären, das weiß ich wie Ihr. Ich möchte auch  nicht als Verteidiger einer aussterbenden Technik gesehen werden. Aber diejenigen, die sich als ökologische Vorreiter sehen, drücken m. E. oft genug Augen da zu, wo sie gerade als bewusst lebende Menschen hinschauen müssten. Das bedeutet: Unsere Lebensweise ist falsch, wir plündern die Erde aus, um auf das Fazit des Films einzugehen. Rund um meinen Wohnort im Taunus stirbt für alle sichtbar der Wald, die Buchen sind krank ...

Ich wäre froh, hätte ich Patentrezepte. Hab ich aber nicht. Ich bin wenigstens in der glücklichen Lage, seit diesem Jahr wesentlich weniger fahren zu müssen als vorher. 

fl.

 

 

 

 

 

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Geschrieben (bearbeitet)
vor 37 Minuten schrieb fluxus:

Sinn des Films ist ja, darauf zu verweisen, dass dieser Weg nicht so "green" ist wie manche Apologeten immer so eilfertig behaupten. Dass rund um die Verbrenner sehr, sehr viel Problematisches abläuft, müsst Ihr mir nicht erklären, das weiß ich wie Ihr. Ich möchte auch  nicht als Verteidiger einer aussterbenden Technik gesehen werden. Aber diejenigen, die sich als ökologische Vorreiter sehen, drücken m. E. oft genug Augen da zu, wo sie gerade als bewusst lebende Menschen hinschauen müssten. Das bedeutet: Unsere Lebensweise ist falsch, wir plündern die Erde aus, um auf das Fazit des Films einzugehen. Rund um meinen Wohnort im Taunus stirbt für alle sichtbar der Wald, die Buchen sind krank ...

Das ist ja alles so richtig. Man muss aber auch aufpassen, dass man damit nicht dem falschen Herren dient. Genau diese - meiner Meinung nach sehr falsche - Argumentationsweise, dass gerade Umweltbewusste Menschen besser aufpassen und es besser machen müssten, dient doch denen, die lieber gar nichts tun würden. Also letztlich der Verbrennerindustrie und der Ölindustrie.

Richtiger wäre, mal zu tun was man kann, auch wenn das allen klar ist, dass der Stein der Weisen noch nicht gefunden ist.

Wenn man ein Problem einigermassen gelöst hat, geht man dann zum nächsten, oder, wenns geht, macht man das parallel.

Ich habe dabei zwar Vorbehalte gegen allzu vollmundige Versprechen, sehe das aber keinesfalls als Problem. Irgendwie muss man in die richtige, und das ist jede bessere - Richtung vorankommen, wenns besser werden soll. Man macht doch auch skrupellos Werbung für Verbrenner. Warum soll das nun bei den bekanntermassen CO2-sparsameren BEV so übel sein?

Wie Werbung funktioniert, wissen wir doch alle. Das ist keine Wissenschaft. Das ist Werbung. Und nur weil man was gutes für die Umwelt tun will, soll man nun in sämtlichen anderen Belangen erstmal auch vorbildlich sein müssen?

Der Auffassung ist nicht zu folgen. Die praktischen Erwägungen dahinter hat @grojoh bestens dargelegt.

Bearbeitet von bluedog
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Geschrieben (bearbeitet)

Danke @bluedog, gut zusammengefasst. Das ist einfach auch mein Problem mit solchen Reportagen. Da wird von Journalisten - die sich zumeist selbst den Klima- und Umweltschützern zurechnen würden - ein "investigativer" Problemaufriss zu einem aktuellen Trendthema gebracht, der die einen in ihrer ignoranten Untätigkeit bestätigt (obwohl sie zu allen gezeigten Missständen seit Jahrzehnten ihren Teil beitragen) und die anderen in ihrer Unentschlossenheit noch weiter verunsichert. Am Ende ist keinem geholfen, der eigentlichen Sache, nämlich Klima- und Umweltschutz voranzubringen, schon gar nicht. Man bremst damit jene Ansätze aus, die das Potenzial haben, etwas am Status quo strukturell zu verändern. Und man vergisst den medialen Scheinwerfer auch ab und an mal wieder auf die alltäglichen Katastrophen und Missstände hinzulenken.

Meistens wird dann in einem Nebensatz darauf hingewiesen, dass der eigentliche Weg es ja wäre, auf das Auto komplett zu verzichten. Das ist halt nur fern jeder realen Lebenssituation von Millionen Menschen, die am Land leben. (Ich kenne beide Lebenswelten und ich weiß, wie leicht man als urbaner kinderloser Jungakademiker in Versuchung gerät zu glauben, jeder könne sich ohnehin überall mit den Öffis fortbewegen und sich nur am Wochenende mal schnell ein Auto mieten, wenn man doch mal weiter raus will). Das spricht grundsätzlich für das Öffi-System, das ich gerade in Wien als wirklich phänomenal großartig erleben durfte, zeichnet aber ein trügerisches Bild.

Und dieser Nebensatz des Autoverzichts bleibt eben leider bei jenen nicht hängen, die sich angesprochen fühlen sollten. Es bleibt nicht hängen "E-Auto schlimm, aber fossiler Verbrenner katastrophal", sondern "E-Auto schlimm, also weiter wie bisher". Das ist die Krux an der Sache, auch wenn die Reportage aufwühlt und an der Menschheit zweifeln lässt.

 

Bearbeitet von grojoh
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Geschrieben
Zitat

"Ordentliche Berechnungen zeigen, dass Elektrofahrzeuge bereits heute weniger als die Hälfte der Treibhausgase ihrer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Pendants ausstoßen", erklärten die Forscher der Technischen Universität Eindhoven (TUe). Sie berechneten für neue E-Autos eine über den gesamten Lebenszyklus um 54 bis 82 Prozent geringere CO2-Bilanz als für vergleichbare Verbrenner.

...

In ihrer Studie ermittelten die Forscher in drei Modellvergleichen mit ähnlichen Diesel- oder Benzin-Pkw die Einsparungen aktueller Elektroautos pro Kilometer. Die E-Autos wiesen bei der Herstellung zwar aufgrund ihrer Batterie erwartungsgemäß eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz auf, punkteten dafür aber beim Betrieb. Zwischen 11.000 und 30.000 Kilometer Laufleistung benötigen die Beispielfahrzeuge laut Modellrechnung, "um die Batterie 'zurückzuzahlen'" - also den Nachteil der energieintensiven Batterieproduktion auszugleichen.

...

"Bei Studien aus den letzten beiden Jahren habe ich mich oft gefragt, was die Autoren geritten hat, dass das Elektroauto so schlecht weggekommen ist", kritisierte der Grünen-Politiker. 

Dabei verwies er unter anderem auf eine Ifo-Studie aus dem vergangenen Jahr, derzufolge Elektroautos während der Produktion und Laufzeit im schlimmsten Falle 28 Prozent mehr CO2 ausstoßen als ein Dieselauto. "Da hatte man eher den Eindruck, dass da jemand auf der Mission ist, den Verbrenner zu retten", erklärte Krischer.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/elektroautos-119.html

Gast Loewenbändiger
Geschrieben

Unterm Strich wird es immer eine Milchmädchenrechung sein. Der User ist der Looser und die beste Idee bleibt immer auf der Strecke. Fakt ist: Wir können Energie nicht erschaffen oder vernichten ... sie ist da und wir können sie nur nutzen. Ergo .. nutzen wir alles was da ist und verteufeln wir nicht was wir noch nicht kapieren. Ich seh die AKW-Technik etwas anders als vor 40 Jahren .. etws differenzierter. Mir grausts nur vor den Predigern die behaupten, daß die E-Autos der Sündenerlaß für alle Umweltsünden sind.

Geschrieben (bearbeitet)

fluxus, bitte nimm es mir nicht übel, aber ich glaube wirklich, du hast dich argumentativ verrannt und folgst dem falschen Propheten. Ich muss das Buch von Ruhsert nicht gelesen haben, um sofort falsche und unlogische Schlußfolgerungen zu entdecken. Hier meine Beispiele:

... Lt. EEG muss Ökostrom immer vorrangig abgenommen werden, aber da er nicht grenzenlos gesteigert werden kann, ist es nur logisch, dass der Einsatz von Atom- und Kohlestrom herhalten muss. Das bedeutet doch, dass real der CO2-Ausstoß in Verbindung mit jedem gefahrenen E-Kilometer steigt...

Die Behauptung ist schon allein deshalb falsch, weil Deutschland per Gesetz beschlossen hat, sowohl aus der Atomwirtschaft als auch aus der Kohleverstromung auszusteigen. Definitiv wird laut Gesetz das letzte deutsche Atomkraftwerk spätestens in 2022 abgeschaltet, das ist nun wirklich nicht mehr lange hin.

Zum Kohleausstieg: "Deutschland wird bis spätestens 2038, möglichst schon 2035, aus der Kohleverstromung aussteigen. Noch 2020 werden erste Braunkohle-Kraftwerke stillgelegt und die erste Ausschreibungsrunde zur Abschaltung von Steinkohlekraftwerken durchgeführt."

"Zeitgleich zum Ausstieg treibt die Bundesregierung den Ausbau der Erneuerbaren Energien voran." https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/fragen-und-antworten-zum-kohleausstieg-in-deutschland/

Der Stromproduktion aus fossilen Quellen wird also nicht mehr gesteigert, schon gar nicht durch hinzukommende E-Autos, sondern kontrolliert heruntergefahren:  (bin mal gespannt, ob ich hier ein Bild reinkriege)

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Jetzt mag natürlich das Argument kommen, dann müsse eben massiv Strom und eben auch Ökostrom aus dem Ausland zugekauft werden. Ich habe aber noch keine ernstzunehmende Quelle gehört, die behauptet hat, der Zuwachs an in Deutschland erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien könne mit einem moderaten Anstieg der E-Mobilität nicht Schritt halten.

 

... Ruhsert rechnet vor, um welchen Zeitraum die Energiewende verzögert wird, wenn spürbar mehr E-Autos gekauft werden...

Halte ich ebenso für eine völlig falsche Schlussfolgerung. Allein schon wenn sich mehr Verbraucher für Ökostrom entscheiden, sind die Versorger gezwungen, dieser Nachfrage auch gerecht zu werden. Die Menge an verkauftem Ökostrom steht ja nicht nur auf den Verträgen der Stromanbieter, sondern muss auch ins Netz eingespeist werden. Insoweit vertraue ich da der Marktwirtschaft, dass steigende Nachfrage auch für einen Schub sorgen wird.

Wer selber Photovoltaik installiert, hilft auf diese Weise der Stromwende. Kombiniert er die Photovoltaik auch noch mit einem stationären Energiespeicher und klugem Lademanagement, so kann er sogar zur Glättung der Stromverbrauchskurve beitragen.

 

... Ich würde mit ihm [Holger] nicht zuletzt deshalb streiten, weil der selbsterzeugte Ökostrom viel besser anderweitig verbraucht werden könnte. Wenn er aber für E-Mobilität verwendet wird, bleibt die Möglichkeit ungenutzt, Kohlestrom zu ersetzen.

Also der Strom z.B. aus Photovoltaikanlagen. Dein letzter Satz ist doch unlogisch. Wenn Holger schon vor Jahren eigenen, sauberen Strom aus Photovoltaik verfahren hat (und das in Zukunft mehr Leute tun werden), dann wurde doch dieser Strom nicht zum vorhandenen Strommix aus dem Netz entnommen und schon gar nicht alleine durch Kohleverstromung produziert. Also wurde doch definitiv Kohlestrom ersetzt.

Oder hab ich da jetzt einen Denkfehler?

 

 

 

Bearbeitet von Juergen_
Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb Juergen_:

Oder hab ich da jetzt einen Denkfehler?

Naja, fluxus geht ja davon aus, dass jeder seine Photovoltaikanlage ohnehin gemacht hätte und ohne Elektroauto eben dafür umso mehr Ökostrom einspeisen würde.

Dieses Argument halte ich für unzulässig, denn natürlich überlegt jeder mit PV-Anlage, wie er den Eigenverbrauch optimieren kann. Es baut ja kaum einer eine PV-Anlage nur dem eheren Ziel des Ökostromausbaus zuliebe, sondern es muss sich für ihn dadurch auch ein Mehrwert ergeben. 

Ich versteh halt die Logik nicht, dass man eine technologische Transformation ablehnt, nur weil das neue System im Augenblick unter den denkbar ungünstigsten anzunehmenden Bedingungen nur maximal genauso gut oder schlecht wie das bestehende System ist, auch wenn es unter optimaleren Bedingungen und in vielen anderen Aspekten deutliche Vorteile hat und mit jedem Tag noch vorteilhafter wird, an dem mehr erneuerbare Erzeugungsleistung ans Netz geht.

90% des weltweiten Leistungszubaus sind Erneuerbare und ehrlich gesagt geht das bisserl Strom für die E-Autos im tageszeitlichen Grundrauschen der Stromversorgung unter. Da argumentativ rauszurechnen, E-Autos würden als einzige Verbraucher ausschließliche Bezieher von Kohlestrom sein, halte ich schon für einigermaßen unlogisch. 

Aber ich hab es als Ösi ja leicht. Bei uns speist maximal das einzige Gaskraftwerk des Landes fossile Energie ein und ab und zu holen wir uns ein paar Prozent aus dem Ausland. Aber wenn alles brummt und die Leitungen mit Überschuss glühen, dann laden wir unsere alpinen Pumpspeicher mit Strom auf, für dessen Abnahme ihr uns zahlen müsst, weil ihr selbst zu wenig Leistungsbezieher habt, um euren Strom im Moment selbst zu verbrauchen. Ihr kauft dafür lieber Öl von den Saudis, bloß um nicht in Verdacht zu kommen auch nur einen Meter mit eurem heimischen Kohlestrom zu fahren. ;)

 

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Geschrieben

Vielleicht habe ich es ja ueberlesen, aber ich finde ein Argument fehlt noch.

vor 23 Stunden schrieb fluxus:

Seine These lautet: E-Autos erzwingen die Produktion fossilen Stroms in Höhe des gesamten Ladestroms (Buch, S. 18). Da in den kommenden Jahren immer mehr E-Autos fahren werden, wird ein höherer Strombedarf entstehen. Woher kommt dieser Strom? Mitnichten aus erneuerbaren Energien, sondern aus fossilen Quellen, denn man muss den Marginal-Strommix im Blick haben.

Eine beliebte Kritik der Gegner der Energiewende ist ja, dass der erneuerbare Strom nicht immer zur rechten Zeit zur Verfuegung steht. Fuer Solarstrom ist das natuerlich Quatsch, da dieser fast perfekt dem Bedarf folgt. Fuer Windstrom, aber auch Wasserkraft oder Strom aus Biomasse, ist das Argument aber nicht wirklich von der Hand zu weisen.

Batteriefahrzeuge stehen da aber nicht in Konkurenz zu den tagesgaengigen Verbrauchern, sondern in Ergaenzung. Wenn ich Abends mit teilentleerter Fahrzeugbatterie nach Hause komme, muss die nicht sofort geladen werden. Die kann man anklemmen und wenn der naechtliche, billige Ueberschussstrom kommt, wird sie geladen. Und wenn man die Fahrzeugbatterie als Netzpuffer zur Verfuegung stellt, bekommt man dafuer auch noch Gutschrift. Im Gegensatz zur Wasserstoffproduktion ist das naemlich ohne grosse Verluste moeglich. 

Das scheint Ruhsert nicht bedacht zu haben ;)!

 

 

Der Schwedenkönig
Geschrieben (bearbeitet)
On 11/24/2020 at 11:09 AM, Aakim said:

Also, im Allgemeinen sehe ich ARTE-Dokus wirklich sehr gerne, aber würde dann doch eher z.B. diese hier empfehlen: 

 

Danke für den Tip, der Dreiteiler über die Entwicklung der Schrift ist wirklich sehr sehenswert!

Bearbeitet von Der Schwedenkönig
Geschrieben

Erst einmal vielen Dank für Eure ausführlichen Reaktionen auf meine kritischen Einwürfe. Da sind so viele Argumente zusammen gekommen, dass ich gar nicht auf alles eingehen kann, zumal es außerhalb des Forums noch ein anderes Leben gibt, und ich da zurzeit sehr gefordert bin. Auf etliche Argumente geht aber ein kürzlich verfasster Beitrag ein. Hier ist auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Studie zu finden, die @Auto nomangeführt hatte und die im Auftrag der deutschen Grünen in Eindhoven erarbeitet worden war. Genauso geht der Verfasser (Professor Joachim Weimann, Uni Magdeburg) auf die Problematik der eigenen PV-Anlagen ein, die für E-Mobilität genutzt werden, und zwar in dem Sinne, den ich oben ansprach.

Der Link, den ich zur Unterstützung meiner an Ruhsert angelehnten Argumentation empfehle:

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2020/heft/11/beitrag/elektroautos-und-das-klima-die-grosse-verwirrung.html

fl.

  • Like 1
Geschrieben (bearbeitet)
Zitat

Eine rationale Klimapolitik müsste jedoch anders vorgehen. Sie müsste anerkennen, dass fossile Brennstoffe nicht kurzfristig komplett verschwinden können und dass es deshalb darauf ankommt, die Reduktion der CO2-Emissionen möglichst klug zu organisieren. Das bedeutet, dass man dort reduziert, wo die Reduktionskosten am geringsten sind, um auf diese Weise mit den begrenzten Ressourcen, die für die CO2-Vermeidung zur Verfügung stehen, möglichst weit zu kommen.

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2020/heft/11/beitrag/elektroautos-und-das-klima-die-grosse-verwirrung.html

Für mich ist das definitiv die falsche Prämisse! In Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels und der Gefahr, bestimmte "Kipppunkte" kurzfristig schon zu überschreiten oder bereits überschritten zu haben, können wirschaftliche Aspekt nicht die höchste Priorität haben. Es muss also jetzt nicht das Günstigste sonden das Möglichste gegen den Klimawandel getan werden.

Zitat

Schmidt macht deutlich, dass der Strom, mit dem ein BEV geladen wird, auch dann nicht CO2-frei ist, wenn er zu 100 % aus einer PV-Anlage kommt. Das ist deshalb der Fall, weil dieser Strom, wenn er nicht dafür genutzt würde, ein Auto anzutreiben, genutzt werden könnte, um fossilen Strom zu ersetzen. Da diese Substitution durch das Elektroauto wegfällt, muss die Emission, die bei dem fossil erzeugten Strom entsteht, dem E-Auto zugerechnet werden.

Das ist doch unverständlich und hochgradig unlogisch! Dermaßen unlogisch, dass ich dagegen gar nicht zu argumentieren in der Lage bin.

Ein Satz vielleicht doch: Jede zusätzlich installierte PV-Anlage bringt uns doch der Stromwende ein Stück näher, weil sie den Strommix in Richtung der Erneuerbaren verschiebt, mithin langfristig das Abschalten fossiler Kraftwerke ermöglicht, egal wofür der PV-Strom gerade genutzt wird.

Direkt der nächste Satz:

Zitat

Schmidt geht davon aus, dass deshalb dem BEV eine Emission von 300 g/km zuzurechnen ist. Insgesamt würde eine Umstellung auf BEV deshalb dazu führen, dass die CO2-Emissionen um 73 % ansteigen würden.

73%. Ein Horrorwert, der offensichtlich schocken soll, aber ohne jede Bezugsgröße überhaupt keine Aussagekraft hat.

Zitat

Laut Wietschel et al. müssen die CO2-Emissionen der Produktion eines Verbrenners bei 6,5 Tonnen angesetzt werden (Mittelklasse). Die eines E-Autos liegen darunter, weil weniger Komponenten produziert werden, deshalb seien sie mit 4 Tonnen angesetzt. Wir unterstellen eine Laufleistung von 15.000 km p. a. und das zehn Jahre lang. Für das E-Auto ergibt sich dann ein Wert von 111,7 g/km CO2-Emissionen, die auf die reine Produktion von Fahrzeug und Batterie zurückzuführen sind.

Völlig widersprüchlich! Zunächst geht er davon aus, dass das BEV bei der Produktion weniger CO2 Ausstoß verursacht. (Wundert mich sehr, weil wg. der Batterieproduktion oft das Gegenteil geschrieben wird, soll mir als BEV-Befürworter aber mal recht sein. 😀)

Rechnen kann er auch nicht: Legt man die 4 t CO2-Produktionsausstoß des BEV auf die angenommene Gesamtfahrleistung von 150.000 km um, so erhält man 26,67 g/km und nicht 111,7 g/km CO2-Emission!!

Und dann beschreibt er im nächsten Satz eine Aufholjagd des BEVs gegenüber dem Verbrenner über die Laufzeit: "Die Nutzungsdauer eines E-Autos ist eine weitere Stellschraube, an der die Bilanz verändert werden kann. Je länger ein E-Auto auf der Straße ist, umso besser für den Vergleich mit dem Verbrenner." Aber nach seiner Rechnung müsste doch der Verbrenner seinen höheren CO2-Ausstoß von der Produktion im Laufe der Lebensdauer wieder hereinfahren (was er natürlich nicht kann) und nicht  umgekehrt!!

 

@fluxus, du musst  mir Recht geben, dass man an dieser Stelle aufhören sollte, einen solchen Artikel weiterzulesen, der vorgibt, eine Auswertung wissenschaftlicher Studien zu sein. Der Verfasser des Artikels soll Professor für Wirtschaftspolitik sein. Als solcher müsste man doch die Grundrechenarten beherrschen und auch wissen, dass eine Prozentangabe ohne Bezugsgröße unsinnig ist.

Ehrlich gesagt bin ich einigermaßen geschockt, was dem Leser hier als angeblicher Journalismus vorgesetzt wird. Ich google jetzt mal nach Urhebern dieser Veröffentlichung...

Edith:

Wikipedia sagt dem Hr. Weimann eine "marktorientierte Position" nach. Okay, das konnte man schon aus seiner Einleitung erfahren. Ansonsten kein Hinweis auf Verschwörungstheorien...

Weimann tritt allerdings als  Braunkohle-Lobbyist auf: https://www.ghg-md.de/themen/expand/281770/nc/1/dn/1/

Das noch gefunden: In deutscher Sprache veröffentlicht auf einer Seite eines Befürworters der Stromwende: Die kritische Auseinandersetzung einen finnischen Professors mit den Standpunkten von Prof. Weimann:

https://hans-josef-fell.de/bewertung-von-aeusserungen-von-professor-joachim-weimann-im-zusammenhang-mit-energiewendebraunkohle/

 

"Wirtschaftsdienst" ist laut Wikipedia eine der "traditionsreichen wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften" besteht seit 1917 und wird im Springerverlag veröffentlich. Lektoren sind im Journalismus wohl auch völlig aus der Mode gekommen. Schocking!

Bearbeitet von Juergen_
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Geschrieben (bearbeitet)
vor 1 Stunde schrieb Juergen_:

Wikipedia sagt dem Hr. Weimann eine "marktorientierte Position" nach. Okay, das konnte man schon aus seiner Einleitung erfahren. Ansonsten kein Hinweis auf Verschwörungstheorien...

Weimann tritt allerdings als  Braunkohle-Lobbyist auf: https://www.ghg-md.de/themen/expand/281770/nc/1/dn/1/

Das noch gefunden: In deutscher Sprache veröffentlicht auf einer Seite eines Befürworters der Stromwende: Die kritische Auseinandersetzung einen finnischen Professors mit den Standpunkten von Prof. Weimann:

https://hans-josef-fell.de/bewertung-von-aeusserungen-von-professor-joachim-weimann-im-zusammenhang-mit-energiewendebraunkohle/

 

"Wirtschaftsdienst" ist laut Wikipedia eine der "traditionsreichen wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften" besteht seit 1917 und wird im Springerverlag veröffentlich. Lektoren sind im Journalismus wohl auch völlig aus der Mode gekommen. Schocking!

Danke für die Links, ich habe auch nach Weimann gesucht, nachdem mir schon nach den ersten Sätzen klar war, dass hier ein klassischer Markt-Liberaler seine Positionen bekannt gibt. Stutzig bin ich nicht bei Zahlenspielereien geworden (im Zusammenhang mit der Energiewende gibt es einen Wust an Zahlen .... wirklich nicht mehr überschaubar), sondern bei der in meinen Augen fragwürdigen Aussage zur Zukunft der Braunkohle. Interessant finde ich aber den Einbezug des Verkehrsbereichs in den  Zertifikatehandel. Das Umweltbundesamt ist meiner Erinnerung nach ebenfalls auf dieser Linie. Weimann schreibt:

Zitat

Die Schlussfolgerung ist, dass wir keine „Verkehrswende“ brauchen, die mit der Brechstange E-Autos in den Markt hebelt, sondern eine konsequente Integration des Verkehrssektors in den ETS.

Wie alle Positionen, so muss auch die von Weimann kritisierbar sein, na klar. 

fl.

Hast Du in den Text von Schmidt gelesen, da findest Du Genaueres zu den 73 %, die Dir aufgefallen sind.  

https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiverwaltung/IfW-Publications/-ifw/Kiel_Policy_Brief/KPB_143.pdf

Bearbeitet von fluxus
Ergänzung Link Schmidt
Geschrieben

Inzwischen hat auch nextmove auf die arte Doku (die übrigens schon 2 Jahre alt ist) reagiert:

 

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