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5HP im Alltagseinsatz


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo Oliver,

auch ich würde mich über die Fortsetzung Deiner Geschichte auch mit einem Nicht-Citroen sehr freuen - immerhin warte ich immer sehr auf Deine Erzählungen, weil ich sie sehr gerne lese! Denn noch nie ist mir das Erleben eines Oldtimers in Normalnutzung so gut überbracht worden wie hier von Dir !

Danke und ein 'Bitte weiter so' von Sven

Geschrieben

ja, bitte, bitte mehr !!

Es wäre doch langweilig wenn man sich hier ausschließlich mit Citroens befassen müsste icon12.gif

Max

Geschrieben

Dann flechte ich mal diskret die wilde Geschichte meiner roten Bastelbude ein. Für Blut, Schweiss und Tränen ist gesorgt.

Um kurz zu den Anfängen zurückzukehren: während meiner Kindergartenzeit begann ich aus Frust über die Tatsache, dass ich noch nicht selber fahren durfte, mich mit Spielzeugautos zu beschäftigen. Nicht unbedingt ein tragisches Einzelschicksal, wenn da nicht die Firma Matchbox gewesen wäre. Denn die vertrieb damals eine bei meinen Altergenossen ausgesprochen unbeliebte Serie unter dem Namen "Models of yesteryears", dabei handelte es sich um Modelle von Vorkriegsfahrzeugen. Diese waren mit viel Schickschnack verziert, der natürlich in kürzester Zeit von sanfter Kinderhand wegerodiert wurde.

Ich weiss nicht mehr, ob die Initiative damals von mir aus ging, oder ob meine Mutter mir meinen ersten Oldtimer kaufte. In der Folge aber stand ich oft in unserer örtlichen Papeterie vor dem Ständer mit den Schachtelautos und suchte nach alt aussehenden Kinderträumen.

Wenn ich mich mit meiner Sammlung damals beim Spiel im Sandkasten nicht wirklich gegen die Konkurrenz aus amerikanischen Musclecars durchsetzen konnte (Muskelautos ? Ich kenne nur einen wirklich wichtigen Muskel beim Fahren, das ist der Kontaktmuskel, der auf den Fahrersitz gepresst Informationen über den Zustand von Fahrzeug und Fahrbahn vermittelt) - der Weg zum automobilen Alteisenfreak schien jedenfalls schon damals vorgezeichnet.

Eine etwas schräge Jugend hat dann noch zu dieser eigenartigen Vorliebe für Autos geführt, die einem Comicheft entsprungen sein könnten. Und auch ich mag zigarrenförmige Sportwagen. Wie auch viele andere, die sich aber im Gegensatz zu mir eine solche Leidenschaft auch leisten können. Und so habe ich halt immer von so einer Zigarre geträumt, aber nie ernsthaft mit einem derartigen Angebot in meiner Preisregion gerechnet. Umso überraschter war ich, als dann auf anciennes.net über ein Kleininserat stolperte, das anscheinend perfekt auf mich zugeschnitten war. Angeboten wurde ein umgebauter Amilcar, der in seinem früheren Leben als zweitüriges Coupé unterwegs war. Dann kreuzte sich sein Weg mit dem eines recht talentierten Karrosseriebauers, der aus den erhaltenen Resten einen flotten Zweisitzer dengelte.

Nun steht das Auto seit einigen Tagen in meiner Werkstatt und bietet mittlerweile einen etwas zerfledderten Anblick. Wenn da nicht der mittlerweile stetig wachsende Haufen fertiger Teile wären, die auf ihren Wiedereinbau warten, es wäre zum Verzweifeln. In der Beschreibung stand ja herzlich wenig über den technischen Zustand des Autos. Das ist nicht ganz unverständlich, denn der Wagen widersetzte sich anscheinend allen Startversuchen beim Verkäufer. Als einziger Defekt wurde der nicht funktionierende Starter genannt, was mich aber nicht weiter störte.

Als der Wagen nach einer langen Fahrt bei Minusgraden eine erste Nacht in der Werkstatt aufgetaut war, galt mein erster Griff zielstrebig der Kurbel. Schliesslich war ich ja sehr gespannt, was da gefühlsmässig auf mich wartete. Dummerweise bot die Kurbel meiner Hand etwa gleichviel Widerstand wie eine Klopapierrolle im Wandhalter. Das fand ich toll, denn damit stand die erste Reparatur schon mal fest. Noch toller fand ich dann, dass man den Deckel, der den Kurbelmechanismus beinhaltet, nur runterbekommt, wenn man den Motor halb ausbaut. Das fand ich dann noch viel toller, denn damit stand fest, dass wir uns in den nächsten Tagen sehr nahekommen würden.

Normalerweise weiss ich gerne im Voraus, mit wem ich es zu tun habe. Jedenfalls im Bezug auf zu zerlegende Maschinen, beim Kauf derselben scheine ich andere Masstäbe anzusetzen. Und so machte ich mich im weltweiten Zwischennetz auf die Suche nach irgendeinem Hinweis auf den inneren Aufbau des Gusseisenklotzes unter der Haube. Da taten sich dann aber die Abgründe unserer seichten Informationsgesellschaft auf....kaum zu glauben, dass man da nicht mal eine Schnittzeichnung eines Motors der Zwanzigerjahre findet. Allerdings gewann ich dann relativ schnell den Eindruck, in Kreise vorgestossen zu sein, denen das Labern im Zwischennetz nicht viel sagt. Es gibt Foren, gegenüber denen unser örtlicher Friedhof wie eine Dauerparty erscheint. Aber irgendwie hatte ich ja damit gerechnet, und so machte ich halt auf altherkömmliche Art weiter, fröhlich in der Werkstatt.

Meiner Frau hatte ich von der Neuerwerbung ja erstmal nichts erzählt. Die hätte mir gewiss kräftig den Arsch aufgerissen, wenn sie mitbekommen hätte, wie ich anhand einiger lausiger Fotos im Internet mein gesammeltes kleines Vermögen in eine Schrottmorchel stecke. Glücklicherweise war die Morchel dann recht ansehnlich, und ich konnte die Neuerwerbung meiner Familie vorstellen, ohne dabei Risiken an Leib und Leben einzugehen.

Jetzt ist für dieses Jahr aber erstmal Schluss, der Spass geht dann nächstes Jahr weiter. In der Zwischenzeit wünsche ich Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr,

Gruss ausm Süden,

Oliver

Geschrieben

Oh Gott, die Untiefen des Morchelkaufes.

Ich verstehe.

Du hast mein volles Verständnis !

Ich musste bei der letzten SM - Beschaffung (lies: der 14. Morchelkauf in 24 Monaten oder so ähnlich) einige Federn lassen- ein neuer Esszimmertisch zum Preis eines guten Golf III rettete dann (temporär) den Frieden...

Carsten

Geschrieben

auch Dir, Oliver ein schönes 2010 - auf dass der Amilcar das Fahren wieder lernt und der Fünfer weiter über Weg und Feld rollt und die Menschen verblüfft....

Danke und Gruß, Sven

Geschrieben

hallo oliver,

technische informationen über dein amilcar könntest du bei michi finden:

http://www.michisoldtimer.de/

er schraubt zwar nicht selbst, aber sammelt allerlei schrifttum und bewegt die alten eisen auch durch matsch und schnee.

grüße

thomas

Geschrieben

Hallo Oliver! Bei uns gibt es einen Spruch, der etwa so lautet: Speikinder sind Gedeihkinder.

Ein Quantum Optimismus war auch für den Wiederaufbau meines alten AZ seinerzeit notwendig, denn außer den österreichischen(!) Originalpapieren bestand der Rest weitestgehend aus dem Konglomerat seiner Teile, von welchem die Vollständigkeit bei weitem nicht abzusehen war. Als ich mit der ersten Fuhre an Teilen heimkam, schlug meine sonst stets gefasste Frau erst einmal die Hände über ihrem Kopf zusammen...

Heute ist diese Deuche, die mich einiges mehr an Zeit und Geld als ursprünglich gedacht gekostet hat, mein unangefochtenes Lieblingskind in der Garage ;-)

Ungewiss war auch der Ausgang des Abenteuers, auf das sich Tomsail mit seiner DS20 einließ, die eine konsequente Totalrestauration von Grund auf erforderte. Heute ist aus ihr sicher eines der schönsten D-Modelle auf deutschen Straßen (bzw. derzeit noch in deutschen Garagen) geworden, jedes Aggregat in neuwertigem Zustand.

Was den Motor deines Amilcar (respektive das Fehlen jedweder technischer Unterlagen) anbelangt, kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser ausschließlich für dieses Modell konstruiert wurde und nirgendwo sonst - zuvor, parallel oder später - eingebaut worden ist, da für eine einzige Baureihe diesen enormen Aufwand zu betreiben wirtschaftlich nicht vertretbar wäre.

Ich wünsche dir und deinen Fahrzeugen ein gutes, unfallfreies neues Jahr 2010

...hannes

Geschrieben

Nachtrag und möglicherweise zielführender Google- Hinweis: Amilcar wurde in Lizenz auch in Österreich als „Grofri“ (Gross & Friedmann Wien/Atzgersdorf) gebaut sowie in Deutschland als „Pluto“ (Pluto Automobilfabrik AG, Zell-Mehlis). Aber das weißt du sicher ohnedies. Good luck!

Geschrieben

Ungewiss war auch der Ausgang des Abenteuers, auf das sich Tomsail mit seiner DS20 einließ, die eine konsequente Totalrestauration von Grund auf erforderte. Heute ist aus ihr sicher eines der schönsten D-Modelle auf deutschen Straßen (bzw. derzeit noch in deutschen Garagen) geworden, jedes Aggregat in neuwertigem Zustand.

öhm hannes,

ich glaube meine restaurationsweise ist genau das was der oliver gerne aufs korn nimmt:

die "penibelmänner" der oldtimerszene :-)

wobei ich denke er schert alles was in "glänzenden alten karossen" sitzt und diese nicht im winter bewegt über einen kamm.

dass zwischen dem klassischen "original 30tkm" - W107 benzfahrer

(blos kein staub an mein heiligs blechle, kein km zuviel!!)

und dem anwendungsorientierten, trotzdem auf den gesamtzustandachtenden altautofahrer ein unterschied besteht, übersieht er gern.

zu meiner restaurationsweise darf ich anmerken:

- bevor ich was neu bestelle wird versucht es aufzuarbeiten.

- "patina" ist nicht unbedingt erhaltenswert.... wenn es um 2cm dicken schimmel und faustgoße rostlöcher geht.

(wenn jemand will kann ich gerne schimmel und rostlöcher kostenfrei zusenden...dann kan derjenige die "patina" die nächsten 50 jahre im keller konservieren...)

was auch ich nicht machen würde: eine zustand-3 DS mit einer neuteilorgie zu ermorden...

wenn das auto fertig ist, dann wird es gebraucht werden. nicht nur zu regenfreien ausfahrten, sondern auch im teilalltag. (arbeitsweg, urlaub, hist. bergrennen, und alles was sonst noch so spaß macht...) K.O. kriterien: winter, salz.

dafür hab ich einfach zuviel zeit in den blechhaufen investiert.

grüße

thomas

@oliver: bezüglich deines amilcar wirst du sicher bei michi fündig werden

Geschrieben

Da muss ich doch mal kurz widersprechen. Was ich gerne angreife ist der Teil der Szene, der mit seinem pathologischen Originalitätsfimmel jegliche Spuren der gelebten Vergangenheit eines Fahrzeugs verdammt. Dieses Treiben hat schon vielen den Spass an alten Maschinen verdorben, und zudem entbehrt es auch noch jeglicher technischer Grundlage.

Für mich selber sind Werkstattarbeiten ein Mittel zum Zweck, es ist aber nicht so, dass ich mich wirklich darauf freue, einen total versifften Motor instandzustellen. Viel lieber würde ich ihn in vollem Saft stehend in einem passenden Auto erleben, was aber bei gewissen Fahrzeugen halt nicht ohne Wissen, Können und dreckige Flossen möglich ist. Darin unterscheiden sich der Fünfer und die DS mittlerweile kaum mehr.

Es liegt mir aber fern, eine Art Werteskala für den korrekten Umgang mit Alteisen zu präsentieren. Ich präsentiere meine Fünfergeschichten hier im klaren Bewusstsein, dass ich nur eine klitzkleine Facette einer sehr vielschichtigen Szene darstelle, neige aber wohl dazu, meine persönliche Meinung mit viel Verve kundzutun.

Wie ich schonmal formulierte gibt es meiner Ansicht nach drei Hauptgruppen von Oldtimerliebhabern: Besitzer, Restaurierer und Fahrer. Wobei die Mischformen überwiegen und keine Gruppe ohne die anderen denkbar wäre.

So geniesst Thomas für seine Restaurierung der DS meinen vollsten Respekt, erst recht weil ich selber vor so einer Aufgabe heftigst zurückschrecken würde. Ich verstehe auch sehr gut, dass man so ein Auto dann nicht durch den Dreck prügelt, wie ich das mit dem Fünfer zu tun pflege. Allerdings ist ein Fünfer langfristig schlechten Strassen besser gewachsen als eine DS.

Ich bewundere Thomas für seine Geduld und seinen gelebten Perfektionismus. Was sich bei einem Fünfer mit relativ wenig Aufwand realisieren liesse, kann bei einer DS zur halben Lebensaufgabe werden. Wobei auch klar ist, dass Thomas seine DS gerade wegen ihrer komplexen Technik liebt, während ich meine rudimentären Gurken gerade wegen der Abwesenheit derselben sosehr schätze.

Vielleicht ist es aber auch nur der Elektrikereffekt... Wie wir alle wissen, findet man bei Elektrikern zuhause oft nackte Glühbirnen an der Decke. Was ja auch verständlich ist, wenn man bedenkt, dass der Durchschnittselektriker nach Feierabend gerne anderes tut als Elektro zu installieren. Und bei mir ist es halt so, dass ich tagsüber Industriemaschinen baue.

Was nicht heisst, dass mir Werkstattarbeiten keinen Spass machen, aber ich muss halt immer viel Licht am Ende des Tunnels sehen. Aufgaben vom Umfang einer DS sind nichts für mich. Da mogle ich mich lieber mit meinem Uraltschrott durch und habe dann ab und zu sogar noch etwas Zeit, um darüber zu schreiben.

Dabei gäbe es mittlerweile wieder einige Neuigkeiten über den Roten zu berichten. Aber eins nach dem andern...

Gruss ausm kalten Süden,

Oliver

Geschrieben

hallo oliver,

bin erstaunt ob deines beitrags! erstmal herzlichendank für deine lorbeeren.

das mit dem nicht durch den dreck peitschen ist meist nach der 1. saison und dem 1. kratzer hinfällig. mit dem spitfire bin ich unmittelbar nach der restauration für 3 wochen mit meiner herzdame zum campen nach england gefahren (ohne zusatzgepäckträger aufm kofferraum)

da waren 3500 harte regenkilometer. mit schlagloch und splitstraßen und was sonst noch so auf der insel dazugehört.

so ähnlich wird es der DS auch ergehen. das auto wird genutzt werden. jedoch nicht rücksichtslos und gewaltsam. aber winter/salz ist tabu.

steh-autos gibts genug in den museen und leute die ein auto aufwändigst restaurieren um danach 5tkm in 10 jahren fahren, verstehe ich nicht.

zu der komplexen technik:

mich fasziniert beides: die komplexe DS und der simpel-engländer, der obwohl öfter mal späne oder brocken aus den ölablasschrauben kommen, noch nie den dienst quittiert hat.

wenn dann die DS fertig sein sollte, dann werd auch ich mich wohl an einem kleinen, aber feinen vorkriegsauto versuchen. schwiegervater hat noch nen 28er praga piccolo in der garage, der im osten lange zeit als gebrauchsmöhre diente...

grüße

thomas

(gespannt auf den amilcar)

Geschrieben

Tja, der grosse, gemeinsame Nenner wird gerne vergessen, während man sich über Details streitet. Bei alten Autos scheint das auch nicht anders zu sein als bei ausgelutschten Atomkraftwerken. Im Gegensatz zu jenen ist der gemeinsame Nenner hier die Freude am Alteisen. Daher haben mich die Bemühungen der FIVA, gewisse Youngtimer oder wie auch immer man Autos wie VW Golf 1 oder Benz W123 nennen mag, von der Oldtimerszene auszuschliessen, regelmässig wirkungsvoll auf die Palme getrieben. Aber das wäre ein anderes Thema, und ich mag lieber die erfreulichen. Deren eines steht in der Werkstatt und löst bei mir bei jedem Vorbeigehen ein fröhliches Grinsen aus...

Nachdem ich ja schonmal wusste, dass mein Amilcar ein fröhlicher Umbau ist, wollte ich auch wissen, was er früher mal war. Dank einem netten Amilcarfahrer aus Zürich bestens mit Dokumentationen versehen, machte ich mich auf die Suche. Bisher hatte ich ein originelles Auto mit drei verschiedenen Seriennummern, deren keine mit den Fahrzeugpapieren übereinstimmte. Allerdings stellte die Identifizierung mich vor einige Knacknüsse. Amilcar hatte in den ersten Jahren recht schnelle Cyclecars gebaut, also Leichtbaufahrzeuge, die auf unnötigen Schnickschnack wie ein Differential grosszügig verzichteten. Dafür war mein Chassis aber eindeutig zu massiv, und die soliden Achsen mit den grosszügig dimensionierten vier Trommelbremsen sprachen auch eher für ein richtiges Auto.

Da Amilcar auch kleine Coupés und Limousinen baute, machte ich mich in dieser Richtung auf die Suche. Und wurde fündig, die Basis meines Umbau nannte sich damals M2 und war ein relativ unspektakulärer Zweitürer. Der aber in technischer Hinsicht nicht ganz ohne war, so zählten seine über Zugbänder betätigten Trommelbremsen damals zum besten, was es gab.

Eine grosse Hilfe war dabei der Kontakt zu einem anderen Amilcarpiloten, der seinen Wagen 1954 als erstes Auto gekauft hatte und dem Wagen seither treu blieb. Der wies mich nämlich auf ein originelles Detail hin, das zur Identifizierung schonmal sehr hilfreich war, aber erst recht für einen langen Moment des automobilen Hochgefühls sorgte. Er meinte ja nur, dass das Getriebe beim Viergänger etwas seltsam geschaltet sei und in einer Ebene drei Gänge lägen. Darauf wäre ich nicht gekommen – und war Opfer desselben Effekts, dem der Experte beim Vorführen meiner Ente unterlag, als er dort den fünften Gang nicht bemerkte. Jedenfalls freue ich mich über den geschenkten Gang.

Die weitere Bestandsaufnahme galt dann dem Motor. Der war immerhin mit dem Typenschild eines CGSS versehen, also des „heissesten“ Vierzylinders aus dem Hause Amilcar. Und glänzt mit einem Zylinderkopf aus Aluminium, was ein Hinweis auf eine sanfte Leistungssteigerung sein könnte. Die ursprünglichen Zylinderköpfe waren aus Gusseisen und etwas niedriger verdichtet. Das Zauberwort heisst hier wiedermal, wie immer bei seitengesteuerten Motoren, Ricardobrennkammern. Der kleine 1075ccm Vierzylinder bringt stolze 35 PS in seiner Normalversion. Allerdings wurde ich auch gewarnt, dass die Gusseisenblöcke dieser Motoren nicht über alle Zweifel erhaben seien...

Nun hielt mich nichts mehr. Zuerst musste der Zylinderkopf runter, denn etwas Kopfarbeit kann einem später viel Arbeit ersparen. Natürlich und wie immer widersetzte sich dieser aber solchen Bestrebungen vehement. Er liess sich zwar nach Lösen aller Muttern um einen Zehntelsmillimeter bewegen, aber sonst sass er bombenfest. Das hatte seinen Grund in zwei Stehbolzen, die gegen dickere ausgetauscht wurden und sich jetzt in der zu engen Bohrung im Zylinderkopf festgefressen hatten. Mit ganz viel Glück konnte ich dann aber immerhin alle Stehbolzen – bis auf einen – lösen und herausschrauben. Nun hing der Kopf noch an einem festkorrodierten Stehbolzen, und das war dass einer der Momente, wo ich mich über dem simplen Aufbau des Motors freuen konnte. Der ist oben so flach, dass ich den ganzen Zylinderkopf inklusive Stehbolzen herausschrauben konnte. Darunter sah es nicht gerade lustig aus. Die Kopfdichtung war ganz offensichtlich nicht ganz dicht gewesen und so war regelmässig Wasser in den ersten Zylinder gelaufen. Bei ganz genauem Hinschauen zeigte sich dann noch, dass der Motor irgendwann mal mit neuen Laufbüchsen versehen wurde, was an sich ein ganz schönes Kunststück ist. Weiter fiel mir noch ein ungeheures Kolbenspiel von fast einem Millimeter auf, was aber wahrscheinlich schon ab Werk sehr grosszügig war, denn wenn die Kolben so stark abgenützt wären, dann müssten sie leicht oval geworden sein. Der Spalt ist aber rundherum gleichgross.

Meine Lust auf üble Überraschungen war aber weiterhin ungetrübt, darum machte ich mich daran, die Anlasskurbel in Ordnung zu bringen. Netterweise war deren Defekt so, dass ich das ganze vordere Gehäuse, hinter dem sich die Zahnradkaskade des Nockenwellenantriebs und des Zündmagneten verbirgt, demontieren musste. Dazu musste aber der Motor aus seiner vorderen Halterung gelöst und abgekippt werden, was natürlich erstmal ein Lösen der Kardanwelle bedingte. Mal ganz abgesehen vom restlichen Geraffel, das es abzuschrauben galt.

Und eins kann ich sagen, über mangelnde Überraschungen kann ich mich nicht beklagen. Diesmal war es der Querstift am Ende der Kurbel, der seinen Sitz verlassen hatte und sein Leben zwischen den Zähnen der Zahnradkaskade aushauchte. Was diese natürlich zutiefst beeindruckt hatte. Das stört deren Funktion zwar noch nicht, wird aber sicher im Betrieb recht nett kesseln. Glücklicherweise gäbe es genau diese Zahnräder als Ersatzteile, wenn man denn einige Euros loswerden möchte. Möchte ich aber noch nicht, da gibt es momentan dringenderes zu kaufen.

Im Moment bin ich vor lauter Schrauben mit dem Schreiben etwas ins Hintertreffen geraten. So hinke ich der Wirklichkeit gute zwei Wochen hinterher, dafür dürfte es in der nächsten Zeit noch nicht an Schreibstoff mangeln. Ob das ein Segen ist sei dahingestellt.

frohe Grüsse trotzdem,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

das ist ein Segen, dass deine Berichte hier nicht versiegen. Ich verschlinge sie (ebenso wie die Restaurationsberichte von Tomsail) sehr.

Viele Grüße

Arne

Geschrieben

Der Teilehaufen beginnt sich zu verlagern. Will heissen, dass immer mehr versifftes Geraffel in frischem Glanz erstrahlt und drum auf den Haufen der einbaufertigen Teile geht. Kein schlechtes Gefühl.

Mit denen kämpfe ich eher, wenn ich den Zustand meines Motorblocks genauer unter die Lupe nehme. In ihrem Bestreben nach höchstmöglichem Leichtbau haben die Heinis bei Amilcar einen recht filigranen Motorblock geschaffen, der damals wohl für etliche nagelneue Flüche bei den Giessern gesorgt hat. Seither sind die Dinger berüchtigt für ihre Tendenz, im dümmsten Moment zu reissen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf begann ich also eine vorläufige Analyse des nunmehr offenen Motorblocks. Und was ich fand, passt ins Gruselkabinett. Dass ab und zu mal Kühlwasser seinen Weg in den ersten Zylinder gefunden hatte war mir ja schon bekannt. Die Ursache aber noch nicht, ich fürchtete schon einen Riss im Zylindermantel. In Wirklichkeit war sie dann viel banaler. Vorne war wohl auch schonmal ein Stehbolzen ausgerissen worden, im Gegensatz zu den anderen beiden, die unter demselben Schicksal litten, hatte hier jemand das Loch zugeschweisst und ein neues gleichgrosses Gewinde geschnitten. Nur war derjenige wohl etwas übervorsichtig, denn beim Glätten der Schweisstelle liess er zuviel Material stehen. Dort konnte die Zylinderkopfdichtung dann nicht mehr richtig aufliegen und los gings.

Sehr schade, denn derselbe hatte auch liebevoll neue Zylinderlaufbüchsen in den alten Block eingepasst. Glücklicherweise liess sich das Problem an der Schweisstelle mit einigen wohlgeführten Feilenstössen regeln. Der Rest ist Hoffnung. Hoffnung, dass der Wassermantel noch dicht ist, und Hoffnung, dass die Wasserschäden nicht zu allzustarkem Rauchen führen. Wobei ich mir da wenig Sorgen mache, der Ölverbrauch soll nach Werksangaben bei 0,25 Liter auf 100km liegen. Also weitaus grosszügiger als jedes Zweitaktmofa.

Nachdem das soweit klar war, machte ich mich an die Ölwanne. Deren Inhalt war immerhin mehr als nur zweifelhaft, jedenfalls wollte er ohne Stochern nicht aus dem an sich recht grossen Abflussloch raus. Nachdem ich die Ölwanne abgeschraubt und heruntergenommen hatte, konnte ich den Inhalt dann sauber herausspachteln. Ich erspare jetzt wohlweislich alle Details betreffend dem schnellen Verdunkeln von Werkstätten und darauffolgenden Putzorgien. Aber eine Riesensauerei war es schon.

Irgendwie wirft gerade dieses Detail ein etwas eigenartiges Licht auf den Verkäufer, denn der hatte noch frisches Benzin in den Tank gefüllt. Zum grossen Glück für den Motor sprang dieser aber nicht an. Was mich angesichts der uralten Zündkerzen auch nicht wirklich wunderte.

Mittlerweile habe ich nagelneue Zündkerzen, eine ebenso neue Zylinderkopfdichtung, dazu etliche bereits instandgestellte Anbauteile auf besagtem Haufen.

Dann war da noch die Geschichte mit der Kurbel. Bisher hatte ich den Motor ja noch keinen Millimeter drehen können, und irgendwie war ich doch sehr gespannt darauf, der Kurbelwelle beim Rotieren zuzuschauen. Die alte Welle war schon recht verbastelt, der herausgefallene Querstift war offensichtlich schlecht eingelötet. Zufällig lag in meinem Sammelsurium ein geeignetes Stück rostfreien Stahls, Durchmesser 16mm, das nur auf so einen Einsatz gewartet hatte. Netterweise entsprach der originale Stift dem Mass eines gehärteten Zylinderstifts, den ich aus beruflichen Gründen an Lager habe. Und eher zu denken gab mir, dass ich auch nach zwanzig Jahren Nichtgebrauch ganz genau wusste, wo sich in unserer Werkstatt eine Untermassreibahle passender Grösse befand. Eingepresst habe ich sie dann im grossen Schraubstock, mit Verlängerung. Herausfallen wird sie kaum mehr, dafür kenne ich jetzt die Grenzen grosser Schraubstöcke.

In der Zwischenzeit – welcher eigentlich ? - hatte ich das Armaturenbrett genauer unter die Lupe genommen. Das glänzt mit vielen schönen Instrumenten von Amilcar und Jaeger. Ausser der Tacho, der ist von Smith und wahnsinnig grosspurig mit seinen max. 180kmh.

Der übliche Wermutstropfen zeigte sich dann bei der Suche nach den verschiedenen Anschlüssen. Da waren nämlich noch keine. Was ja nicht weiter tragisch ist bei Geräten wie Uhr, Tankanzeige und Ampèremeter. Dümmer ist sowas bei Tacho und Tourenzähler, jedenfalls dann, wenn man bemerkt, dass da nirgends etwas ist, was die beiden Instrumente mit den nötigen Informationen versorgen könnte.

Beim Tacho ist das Problem lösbar, indem man die Tachowelle von der Kardanwelle aus antreibt. Wird zwar ein Gefummel, denn die Welle ist nur gerade auf wenigen Zentimetern nicht gekapselt, aber beim Fünfer ist das auch so gelöst.

Richtig eklig fand ich das mit dem Tourenzähler, denn das einzige zugängliche mit Motordrehzahl rotierende Teil ist der Kühlerventilator. Dort noch eine zusätzliche Riemenscheibe zwecks Antrieb der Welle einzubauen erschien mir zwar machbar, aber doch recht schräg. Einer meiner neuen Markenkollegen wies mich dann aber darauf hin, dass manche Motoren schon für den direkten Antrieb des Tourenzählers vorbereitet waren. Und siehe da, unter der üblichen Farbschicht sass wirklich ein Stöpsel, hinter dem sich ein entsprechender Schlitz im Nockenwellenende dreht.

Um dann doch mal wieder auf den lieben Fünfer zurückzukommen, der, wäre er ein Mensch, in seiner Garage unterbeschäftigt herumgrummeln würde: ohne ihn würde ich vor dem Amilcar stehen wie der Ochse an der Ampel. Ich hätte mir keinen besseren Lehrmeister wünschen können, dank all den Erfahrungen mit ihm weiss ich heute sehr genau, was ich jeweils zu tun habe, komme weitestgehend ohne fremde Hilfe aus und werde noch diesen Frühling fahren.

Und dann wäre da ja noch etwas, mit dem ich mich bei Amilcarfahrern kaum beliebt mache. Die Qualität ist beim Citroën besser. Vielleicht ist das Finish beim Amilcar raffinierter, aber die Qualität der Bauteile ist bei Citroën so, wie wir es auch heute noch erwarten: sauber, passgenau und austauschbar. Beim Amilcar wurde mehr gebastelt, selbst das Gewinde der Ölablasschraube muss unter recht zweifelfhaften Umständen geschnitten worden sein: Es ist schräg.

Andererseits kenne ich dieses Phänomen auch von einem recht wilden französischen Motorrad, das zwar legendär ist, aber unter recht üblen Umständen zustandekam. Die schlechten Werkzeuge und die abgenudelten Werkzeugmaschinen haben auch dort ihre Spuren deutlich hinterlassen.

In diese Tradition des halbunfreiwilligen Knauserns stelle ich mich auch gerne. Mehr dazu demnächst beim Intermezzo „Vorderachse“.

mit frohgemuten Grüssen,

Oliver (suchtgefährdet war einmal....haha !)

Geschrieben

Hallo Oliver,

herrlich die Geschichte Deines Amilcar zu lesen! Nicht nur die Neueinsteiger sondern auch den Profis passierts....kauf durch Emotionen.

Ein kauf eines Oldtimer ist halt keine Sachliche Entscheidung...sondern pures Adrenalin....das später nochmal (nach dem wiederherstellen) bei der ersten Ausfahrt (mit eigenen Motor und nicht am Abschleppwagen) ein 2tes mal genossen werden kann.

Ich wünsche Dir viel Spaß mit Deinem Amilcar (egal ob Special oder nicht...viele originale CGSs sind dann auf den 2ten Blick doch ein Special)....und hoffe wir sehen uns mal auf der Straße ;-)

Gruß

Michi

ps. hier sind Bilder von der Restauration meines Amilcar CS 1923 (ich habe 2 Linke Hände dafür...aber nicht Oldtimer Rehberger...die habens wieder hergestellt)

http://www.flickr.com/photos/michisbilder/sets/72157602703637789/

Geschrieben

Hallo Oliver,

den hatte ich im Sommer 2008 in Frankreich fotografiert. Ist das auch ein Amilcar?

DSC03156.jpg

DSC03153.jpg

DSC03151.jpg

Gruss aus den versalzenen schweizer Strassen

MARC

Geschrieben

Hallo citröön,

steht doch auf dem Heck was es ist. Ein STOP Spezial, Jahrgang mitte bis ende 20er Jahre ...

Das Spezial sieht man an dem verschweissten Heckdeckel

Gruss von verschneiten schweizer Strassen

KalleWirsch

(Sorry, der blödsinn musste sein)

Geschrieben

Ich kann nicht sagen, dass es vorwärts geht. Aber glücklicherweise liegt das schlicht daran, dass ich mich von vorne nach hinten durcharbeite. Also geht es rückwärts. Aber das dafür zügig.

Wobei meine Manie, auch den seltsamsten Werkzeugen in unserer Werkstatt Obdach zu gewähren, sich immer wieder ausbezahlt.

Diesmal lasse ich den Motor auf der Seite und widme mich der Vorderachse. Diese ist nicht ganz so waghalsig konstruiert wie die des Fünfers, die Blattfedern sind an ihren beiden Enden mit dem Chassis verbunden, und die Vorderachse ist ungefähr in der Mitte des Federpakets befestigt. Beim Fünfer ragen „halbe“ Blattfederpakete vom Chassis nach vorne in die Luft, dort an deren Ende ist die Vorderachse angeklemmt.

Ich entschloss mich dann für das volle Programm. Das heisst: alles zerlegen, reinigen, entrosten, instandstellen und dann wieder montieren.

Zuerst stellte sich aber die Frage, wie man die Räder runterkriegt. Der Amilcar hat schöne Speichenräder auf sogenannten Rudgenaben, aber statt der bekannten Flügelmutter sass eine runde Abdeckung auf der Nabe. Diese hat rundum einige Löcher für einen Hakenschlüssel, ist aber noch so schön in ihrem Chromglanz, dass ich keine Lust hatte, mit Schlüssel und Hammer darauf herumzuklopfen. Also besprach ich die Sache mit meinem Arbeitskollegen, einem dieser heldenhaften älteren Italiener, die immer heimlich an irgendwelchen gerne ebenso älteren Alfa Romeos herumschrauben. Und so wunderte es mich nicht, als ich am nächsten Tag schon einen fast fertigen Spezialschlüssel auf meinem Tisch vorfand. Allerdings kenne ich meinen lieben Kollegen schon seit meinem fünften Altersjahr und habe mit ihm in den letzten Jahren mehr Zeit verbracht als mit irgendeinem anderen Menschen.

Mit dem Schlüssel bewaffnet schlich ich dann wieder ums Auto und kam zum Schluss, dass die Nabenabdeckungen mehr als nur das sein mussten – nämlich Radmuttern. Was sich dann als korrekt entpuppte, es galt nur noch zu beachten, dass die Muttern auf der rechten Seite des Autos Linksgewinde haben.

Die Räder packte ich dann gleich in die Ente und brachte sie dem Reifenhändler meines Vertrauens. Der durfte sich dann wiedermal mit Halbtiefbettfelgen herumärgern, behielt aber die Nerven und passte mir auch noch einen Satz neuer Schläuche so an, dass die Ventile spannungsfrei sitzen. Eigentlich sitzen die Ventile leicht seitlich versetzt, da das Ventilloch bei halbwegs modernen Felgen nicht in deren Mittelachse liegt. Die Ventile hat er ausgebaut, die Löcher geschlossen und die Ventile neu mittig gesetzt. Dann hat er die Räder noch ausgewuchtet, und ich muss sagen, sie machen sich schon recht gut mit ihren neuen Michelins, made in Mexico.

Allerdings musste die Geschichte mit der Vorderachse jetzt rapide weitergehen, sonst stehen die Räder nur blöd im Weg herum.

Nachdem der augenscheinlich gute Zustand des Autos ja wohl mehr mit einem Eimer wohlapplizierter, schwarzer Farbe zu tun hatte als mit ernsthafter Wartung, traute ich keinem Teil und machte mich ans komplette Zerlegen der Naben. Zuerst musste die verschraubte Einheit aus Bremstrommel und Nabe runter. Dazu gäbe es einen speziellen Abzieher, den ich auch gerne bei meinem Kollegen aus Zürich hätte ausleihen dürfen. Dieser würde in zwei seitliche Löcher der Nabe greifen und selbige mit einer zentralen Würgschraube vom Achsschenkel runterziehen. Da ich bei meinen Naben keine Löcher sah, schlug ich das Angebot aus und machte ich ans Putzen. Wie immer. Beim Putzen fanden sich die Löcher dann doch noch unter einer dicken Dreckkruste...

Den Abzieher habe ich dann aber gleich selber gebastelt. In einem wohlsortierten Chaos finden sich immer irgendwelche Reste, aus denen sich sowas selberbraten lässt. Damit war es dann ein Kinderspiel, die Nabe abzuziehen. Und wie erwartet befand sich dahinter einiges an Wartungsbedarf.

Im nächsten Teil widme ich mich dann dem Thema versiffte Bremsen und wie ich mit selbstgebastelten Kugelbolzen aus Müll die Lenkung auf Vordermann gebracht habe. Vielleicht schaffe ich es ja damit, irgendeinen Sicherheitsfanatiker auf die Palme zu treiben.

Es gibt in den Weiten des Netzes sogar eine Seite des Amilcar-Clubs. Dieser nennt sich Cercle Pégase Amilcar und verfügt über eines der schläfrigsten Foren, die ich kenne. Ein idealer Ort, um technische Fragen fachkundig beantwortet zu bekommen....wäre da wohl eher die örtliche Molkerei.

Ich habe mich dann schnell mal gefragt, woran das liegt. Die naheliegendste Erklärung, die wir in einem Gespräch unter den üblichen Fachleuten fanden, war das möglicherweise dem der Autos nicht nachstehenden Durchschnittsalter ihrer Besitzer.

Meiner Begeisterung tut das keinerlei Abbruch. Ich sehe morgens meistens auch alt aus.

Schlimmer noch. Ich gehe sogar soweit, dass ich mich gerade über die Tatsache, einen nichtoriginalen, verbastelten Wagen zu haben, freue. Mein Vorgänger hatte ja die Originalkarrosserie entsorgt und durch eine Rennwagenkarrosserie ersetzt. Somit fällt meine rote Zigarre auch in die Kategorie historisch nicht wertvoller Veteranenumbauten, die auch als Speschl bekannt sind. Dafür hatte besagter Vorgänger aber noch Zugang zu etlichen, heute nur schwer erhältlichen Bauteilen. So finden sich an meinem Gerät nebst dem wohl solidesten Chassis, den wirkungsvollsten Bremsen, dem „schnellsten“ Getriebe auch der lebhafteste Motor aus dem Hause Amilcar. Eine Kombination, die es leider nie so ab Werk gab. Damit sollte so einiges an Fahrspass drinliegen.

Und erst der Tankverschluss....ein Augenschmaus. Mit so einem Tankverschluss freut man sich sogar aufs Volltanken ! Ich vermute, dass an Ju52 dieselben montiert waren. Wobei ich sehr auf die aerodynamischen Eigenschaften der grossen Flügelmutter zähle.

Sehr sozial ist das Vergnügen dann aber doch nicht. Bei der Sitzprobe ergab sich ein enorm guter Seitenhalt, wenn Vater und Sohn zusammen im Cockpit Platz nehmen. Allerdings darf die Kleidung dann nicht allzusehr auftragen, sonst leidet die Atmung.

Fortsetzung folgt gelegentlich,

Gruss, schmierig und schwarz,

Oliver

Geschrieben

Das Auto Marc ist ein Derby.....in unrestaurierten Zustand (Die Karosserie). Der Besitzer hat noch einige schöne originale Fahrzeuge!

War Teilnehmer bei der Vaucluse Vintage Rallye 2009

Gruß

Michi

Geschrieben

Endlich ist das Rätsel gelöst. Jetzt kann Marc nach seinem Traumauto Ausschau halten !

Und: soso...an einer Vintage Rallye. Rallye sagt mir was, aber was bedeutet eigentlich Vintage ?

Wie dem auch sei, mich wird man an solchen Veranstaltungen vergeblich suchen. Egal, ob mit Fünfer, Amilcar oder was auch immer, denn:

Von einer Ausfahrt, die ich dann doch nicht mit dem Fünfer gemacht habe, und von Leuten, die beim Furzen nicht lachen können. Oder so.

Eigentlich hätte ich meine Zeit besser in den Amilcar gesteckt oder einen Pullover gehäkelt. Aber statt dessen hatte ich mich letzte Woche kurzentschlossen für ein Wochenende im „Schnee und Eis im Emmental“ angemeldet, einer Art Winterrallye, die vom ehemaligen Organisator des Klausenrennen-Memorials durchgeführt wurde. Ursprünglich wollte ich mit dem Fünfer fahren. Ein ebenfalls altautokranker Nachbar hatte mich eingeladen, und ich fand das auch eine ganz lustige Idee. Als ich dann die Startliste und die Streckenbeschreibung bekam, hatte ich zwei gute Argumente, um den Fünfer durch die Ente zu ersetzen und – als Vater immer um lehrreiche Momente bemüht - einen guten Grund, unseren Sohn mitzuschleppen.

Die Streckenplanung war definitiv nicht fünferfreundlich. Zuviele deftige Steigungen, zuviele Kilometer. Wir wären schon rein vom Zeitplan her kräftigst ins Hintertreffen geraten. Dafür war die Startliste von der Art, wo man nur allzugerne eine Ente reinmischelt. Ich denke mal, dass der Veranstalter ursprünglich nicht unbedingt an Enten gedacht hatte. Und irgendwie wurde ich den Eindruck nie ganz los, dass einige Teilnehmer sich durch die mitfahrende Ente etwas verunsichert fühlten. Aber die meisten Teilnehmer verkehren ja auch eher in gehobenen Kreisen und sehen sich wohl eher selten dem schrägen Humor eines Entenpiloten ausgesetzt.

Wie dem auch sei...am Freitagabend trafen Vater und Sohn in einem originellen Hotel mit viel Design und weniger Sein ein. Dort bezogen wir einen kleinen Nichtraucherschrank in unserer Preisklasse und machten uns dann ans Abendessen. Mit fatalen Folgen. Hätte ich vorher gewusst, dass Semmelknödel zu derart heftigen Blähungen führen, mein Sohn wäre heute um eine ganz sicher bleibende Erinnerung der fröhlicheren Art ärmer. Gewinner gab es aber keinen, wir haben den Wettbewerb schliesslich unentschieden eingestellt.

Am nächsten Morgen gings dann los. Um zehn Uhr war das sogenannte Fahrerbriefing. Dort erhielt jeder Fahrer eine Kartenkopie mit rot markierter Strecke. Dazu wurde dann erklärt, wie man es macht, um dieser zu folgen, und dann gings raus auf den Parkplatz.

Dort wartete eine gefrorene Ente auf uns. Enten werden recht übellaunig, wenn man sie unsanft weckt. So gab ich mein bestes, um meinen Erpel möglichst schonend zu wecken. Der liess sich nach mehreren Versuchen doch noch zum Starten bewegen. Und so begann eine recht seltsame Ausfahrt.

Das Emmental wimmelt von kleinen Strassen und bietet eine recht schöne Landschaft. An sich eine gute Voraussetzung zum gemütlichen Herumirren, wenn da nicht diese blöde Karte gewesen wäre. Diese führte dann erstmal zu einem recht verkrampften Fahrstil, die Strecke war nicht leicht zu finden, und irgendwie mussten wir dauernd fahren, um im Zeitplan zu bleiben.

Meine natürliche Herangehensweise an eine schöne Landschaft weicht von diesem Schema kräftig ab. Ich fahre am liebsten meiner Nase nach, entscheide mich an Gabelungen für die vielversprechendere Strasse und halte gnadenlos an, wenn ich einen besonders schönen Ausblick geniessen will. Ab und zu verbinde ich solche Halte mit Spaziergängen, aber ganz sicher gehe ich dabei jedem Stress aus dem Weg.

Und so standen Vater und Sohn dieses Wochenende etwas neben den Schuhen. Wir liessen uns aber nichts anmerken. Dass die ganze Gesellschaft irgendwie etwas seltsam war, hatte sich auch unserem Junior schnell erschlossen. Glücklicherweise fiel mir dann eine recht einfache Erklärung ein: die Leute können nicht lachen wenn sie furzen.

Das Nachtessen vom Samstag passte dann gut in diesen Rahmen: es war in erster Linie teuer. Unser Sohn hätte seine Pommes wohl lieber halbwegs knusprig gehabt, und das Schnitzel wäre sicher essbar gewesen, wenn man es richtig gebraten hätte.

Da das Hotel einen Rauchsalon hat, fand ich mich später dort ein, um gepflegt einige durchzuziehen. Dort sassen schon fünf Kollegen, die lautlos eine geriatrische Sendung namens „wetten was ?“ auf dem dortigen Grossbildempfangsgerät verfolgten. Dass sie den Ton abgestellt hatten, gab der ganzen Szenerie dann den richtig schrägen Touch. Nach einigen Versuchen, irgendetwas wie ein Gespräch zum Laufen zu bringen, gab ich wieder auf, zog abschliessend nochmal fröhlich einen durch und gesellte mich zum Sohn ins Zimmer.

Am Sonntagmorgen waren wir beide uns einig, dass wir bei der nächstbesten Gelegenheit abtauchen würden. Wir sahen beide keinen Reiz im gestressten Befahren von vereisten Waldsträsschen, und wir hatten auch keinen Grund, irgendjemandem zu beweisen, was wir doch für knallharte Jungs sind.

Schliesslich liessen wir uns dann aber doch noch breittreten und gesellten uns zu den startbereiten Fahrzeugen auf dem Hof. Anscheinend waren wir nicht alleine mit unserem Zwiespalt, denn Baldur, mein Erpel, warf beim Starten entrüstet seinen Auspuff ab. Als dann sicher alle im Hotel wach waren und der Auspuff handwarm, stellte ich den Motor wieder ab und schraubte das Teil wieder dran. Dann mischten wir uns unter die Teilnehmer.

Die weitere Fahrt wurde dann sogar ganz lustig, aber das lag eher an gewissen Problemen im Umgang mit Strassenkarten. Die erste Stunde verbrachten wir jedenfalls zusammen mit dem Nachbarn, der uns eingeladen hatte, in wie sich herausstellte unmittelbarer Nähe des Hotels. Es ist allerdings ganz erstaunlich, wieviele kleine Strassen man so um einen Landgasthof finden kann. Als wir dann doch noch irgendwie auf den Weg kamen, meldete sich der alte Volvo meines Kollegen mit seltsamen Geräuschen und Vibrationen aus dem Wagenboden. Da das verdächtig nach einem Kardanschaden roch, hatten wir endlich den ersehnten guten Grund für einen diskreten Abgang.

Und so schlichen wir heftig erleichtert hinter einem halbkaputten Volvo zurück in die Zentralschweiz, um einige recht originelle Erfahrungen reicher. Über den erzieherischen Wert solcher Veranstaltungen kann man diskutieren. Angesichts von Leuten, die infolge Defektes ihres Oldtimers extra schnell einen frischen für diesen absolut unwichtigen Anlass gekauft haben, musste ich mir sehr viel Mühe geben, um aus dem ganzen Treiben dann doch noch etwas im positiven Sinne Lehrreiches zu machen.

Schade war es aber trotzdem, sowohl um die verlöffelte Zeit als auch ums Geld.

Ich freue mich jetzt noch viel mehr auf meine kommenden Ausfahrten, immer der eigenen Nase nach.

Und hoffe, dass all diejenigen, die solche Anlässe mögen und sich nicht an der Oberflächlichkeit solcher Gesellschaft stören, jetzt nicht böse auf mich sind...

Gruss ausm kalten Süden

Oliver

Geschrieben

Vielleicht bereitet es Dir Freude in einigen Vorurteilen bestätigt zu werden. Im letzten Frühjahr stand ich rauchend während einer Rallye vor einem Restaurant und belauschte zwei mitgeschleppte Gattinnen. „Die Straßen hätten die ja auch mal sauber machen können, da lieg ich doch morgen wieder unterm Auto und darf es sauber machen.“ Da wurde mir einiges klar!

Vor Jahren hatte ich das Vergnügen eine Veranstalltung mit einem gestellten Wagen zu bezwingen. Am zweiten Tag wollten wir das Verdeck des Wagens zurückschlagen und scheiterten an der deutschen Ingenieurskunst. 15 Minuten mussten wir würgen bis wir das Teil irreparabel zerstört hatten. Als klar war, dass es in der Werkstatt amputiert werden musste kam ein ältere Herr auf uns zu und meinte: „Ich beobachte Euch jetzt schon seit 15 Minuten, Ihr habt es von Anfang an falsch gemacht!“ Totschlag im minder schweren Fall, beinahe zumindest.

Geschrieben

huhu oliver,

na, auf dich kann man nicht böse sein. :-)

ich(wir) hatten bei der erst- und bisher (leider) einmaligen teilnahme an einer "gehobeneren" veranstaltung ordentlich spaß.

ähnlich wie die ente, war auch unser kleiner spitfire im teilweise hochkarätigen starterfeld etwas deplaziert.

trotzallem war es eine riesengaudi, die leute um uns rum echt nett...vom daimler- übern mustang- bis zum ferrarifahrer wärmte man sich aufm berg am offenen feuer und genoss das treiben. hochnäsig war eigentlich keiner...die "zotigen witze" recht lustig und das abendliche buffet seehr bekömmlich. mit uns am tisch saß ein verschrobener geselle (ich glaub er war irgendwas zwischen landwirt und schrotthändler), sicher mitte 70, der einen gebastelten wankel-rennwagen aus den frühen 70ern ohne jeden auspuff den berg hochtrieb. ein sehr kurzweiliger mensch ohne respekt vorm schrauben an "heiligen eisen!" :-)

zudem waren die (zeit)wertungsrichter der deutschen motorsportverbands am tisch anwesend...als diese über die hintergründe der recht noblen veranstaltungen zu erzählen begannen war der abend endgültig gerettet.

achja: ein "rauchzelt" gabs da auch, sogar ne speziell "designte" zigarre....die leute im zelt waren jedoch genau so wie du sie beschreibst :-)

jederzeit würden wir da gerne wieder mitfahen. leider fiel das spektakel diesjahr der "krise" zum opfer:

http://www.haldenhof-revival.de/

grüße

vom bodensee

thomas

Geschrieben

Wenn ich mit meiner Ente auf Oldtimer-Treffen fahre, trennen sich die Meinungen von "Der darf mit seiner Schrottkiste hier drauf?" bis "Die ist aber sehr authentisch".

In Massenheim ist immer ein älterer Herr mit einem Alltags-DKW, der freut sich immer, wenn ich neben ihm stehe, da so authentische Autos immer seltener werden und die meisten Autos überrestauriert sind.

Kam aber auch schonmal vor, daß ich in Bayern nicht auf dem Platz gelassen wurde, da "der Platz schon überfüllt" sei...-...komisch, da paßten aber nach mir noch viele Benzen auf dem Platz....

MfG DS

Geschrieben

Hallo,

schööön. Spricht mir voll aus dem Herzen und die Beschreibung ist wieder super.

Merci

Arne

P.S.: Werde mich zukünftig mit Kommentaren zurückhalten, weil ich in der Oldtimerszene so gar nicht unterwegs bin. Aber ich bin und bleibe begeisterter Leser und es soll keinesfalls der Eindruck aufkommen, das interessiert hier niemanden. :-)

Geschrieben

Nö, bloss nicht zurückhalten ! Ich finde es ganz toll, wie der Fünfer hier mit seinen Geschichten zu einem recht lebendigen Altauto wurde.

Und mit der Oldtimerszene haben wir auch nicht viel am Hut, eher dann mit der Altautoszene. Der Fünfer passt irgendwie auch besser neben einen älteren VW Golf als neben einen Bugatti.

mit schwarzen Fingern und frohen Grüssen

Oliver

(der gerade mit Achsschenkelbolzen kämpft)

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