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5HP im Alltagseinsatz


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Danke für die tolle Designvorlage ! Ich wusste instinktiv schon immer, dass Fünfer nicht kleinkariert sind, aber einen konkreteren Beweis habe ich noch nie gesehen. Wenn auch der Rest der Szenerie aus einer Werbung für Antidepressiva stammen könnte – da sieht man mal wieder, was ein wohlplazierter Fünfer so ausmachen kann.Je näher beim Fünfer, umso entspannter wirken die Gestalten.

Der Zylinderschleifer im Nachbarort hatte nochmal Glück, er muss sich nicht mit mir herumschlagen. Durch einen Tip wurde ich auf ein Zylinderschleifwerk im Jura aufmerksam, das auch selber Kolben giesst. Das, und der optische Eindruck der Werkstatt beim Abliefern lassen mich guter Hoffnung sein, in einigen Wochen einen wieder kerngesunden Motor zu haben. Im Lauf der Jahre habe ich gewisse Zeichen zu deuten gelernt, so liegen bei einem guten Motoreninstandsetzer keine staubigen Motoren herum. Und er labert einem auch nicht die Ohren voll.

Um dem drohenden Hauch der Langeweile zu entgehen, habe ich dann flugs das Getriebe zerlegt. Dort bestand ja auch Handlungsbedarf, das Eingangslager schlotterte gar grauslich in der Weltgeschichte herum. Zuerst einmal ergab sich die übliche schwarze Schweinerei, für die ich mittlerweile in der Werkstatt berüchtigt bin. Irgendwie tun mir meine Arbeitskollegen leid, für sie gibt es in letzter Zeit nur schwarze Montage. Als ich den Getriebeinhalt dann soweit entsifft hatte, dass das defekte Kugellager sich identifizieren liess, bedurfte es nur noch zweier Anrufe bei Kugellagerhändlern, um dann tags drauf ein nagelneues in der Post zu haben. Netterweise ist das Motorenöl beim Amilcar auch gleichzeitig das Getriebeöl, das heisst aber auch, dass derselbe Siff, der den Motor verstopfte, auch im Getriebe herumlungerte.

Zum Thema Siff gäbe es da ja noch mehr zu berichten, so am Rande. In meiner manchmal herzerfrischenden Naivität hatte ich ja zuerst gedacht, dass ein einfaches Spülen der Kurbelwelle mit frischem Öl ausreichen würde. Als die dann auf dem Tisch lag und ich die externen Ölleitungen abgeschraubt hatte, blies ich mit Druckluft in die Bohrungen der Kurbelwelle. Das Resultat war erbaulich und ähnelte, abgesehen von der Farbe, Zahnpasta.

Ansonsten gibt es nicht viel schlechtes zu berichten. Natürlich ist auch dieses Getriebe fast gleich aufgebaut wie das des Fünfers, und ebenso natürlich ist dieselbe Bronzebüchse in der vorderen Hälfte der Hauptwelle im Eimer. Und dass der da hineinragende Zapfen der anderen Hälfte entsprechend seltsam aussieht wundert auch nicht. Aber der ist bereits auf der Schleifmaschine eingespannt und wird morgen früh als erstes rundgeschliffen. Ein Stück Bronze liegt auch schon bereit den Drehstahl muss ich noch kurz schleifen und dann geht’s los. Der Rest des Getriebes liegt schon montagefertig geputzt und gerichtet bereit. Wenn ich mich ranhalte, sollte das Getriebe morgen abend auf den Stapel der fertigen Bauteile wandern.

Dann habe ich mir noch eine rasierte Kuh geleistet. Aber keine Angst, ich werde jetzt keine Subventionen verlangen, denn sie ist leer. Die will ich kräftig verarschen. Und zwar als Autositz.

Das momentane Interieur ist mit einem recht rustikalen ockerfarbenen Kunstleder überzogen. An dem habe ich mittlerweile soweit sattgesehen, dass mir schon das kalte Rülpsen kommt. Da es zudem nicht gerade professionell ausgeführt ist und zudem etliche, nicht mehr auswaschbare Flecken hat, nütze ich die Zeit der Abwesenheit des Motors und mache das ganze Zeug neu. Und da mein Hintern ausgesprochen tierlieb ist, setze ich mich auf eine Kuh und fahre die Erinnerung an Eure Schnitzel in Zukunft spazieren. Auch wenn die Kuh längst an der ewigen Melkmaschine hängen mag, ich bin ihr jedenfalls sehr dankbar und werde ihr Andenken hochhalten. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es eine gigantische und recht eitle Kuh war, denn die Haut ist sechs Quadratmeter gross und zeigt keinerlei Spuren einer wüsten Jugend. Sie ist schwarz, was in der prallen Sonne sicher gut kommen wird, aber mir gefällt das so besser. Jetzt hat es nur noch rot, schwarz und Metallfarben am Auto.

Lediglich die Geschichte mit dem Nähen liegt mir noch etwas auf dem Magen. Nicht umsonst gibt es kräftige Ledernähmaschinen, aber ich habe mir heute trotzdem schonmal einen Satz kräftige Ledernadeln besorgt. Leider hatten die dort im Nähshop kein richtig kräftiges Garn, ich werde also nochmal meinen Kollegen Autosattler bemühen müssen. Der lacht sich natürlich einen Arsch, wenn ich ihm erzähle, dass ich das Zeug auch noch von Hand nähen will, aber ich hoffe auf sein Mitleid...

Ansonsten nichts, was des Berichtens wert wäre. Ist ja auch was...

fröhliche Grüße,

und weiterhin steigende Vorfreude

Oliver

PS: Falls der grössere Schriftgrad Euch stören sollte, bedenkt bitte, dass der Hintergrund ein ganz einfacher ist, zudem ein netter: ich finde meine Brille seit einiger Zeit nicht mehr. Ich wusste, dass das eines Tages passieren würde.

Geschrieben

danke tomsail!!! (aber jetzt trau ich mich nicht mehr, da ich im wohnzimmer ne alte zündapp norma zusammenbau.. und keinen citroen. - der passt da aber nicht rein, auch wenns mir gefallen würd)

Geschrieben

Vor Kurzem sah es noch so aus in Amilcars Getriebe:

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Das Getriebe ist wieder zusammengebaut und fühlt sich besser an. Wie angekündigt habe ich zuerst die Hauptwelle geschliffen, um einen verschlissenen Lagerzapfen wieder aufzubereiten. Davon habe ich einige Bilder gemacht, das erste zeigt einfach mal die Schleifmaschine. Ich zeige sie hier eigentlich nur, weil wohl kaum jemand hier je so ein Gerät gesehen hat. Das Modell wurde 1912 entwickelt, und unsere scheint noch sehr nahe an der ursprünglichen Version zu sein.

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Um den gehärteten, aber stark verschlissenen Lagerzapfen der Hauptwelle instandzustellen gibt es nichts besseres als eine Rundschleifmaschine. Auf diesem Bild sieht man links die schon vorgeschliffene Stelle vom ersten Einstechen, rechts ist der Zapfen noch wellig und verschlissen. Das Schöne am Schleifen ist, dass man mühelos genau soviel Material abträgt wie nötig ist, aber kein bisschen mehr. Im Falle des Lagerzapfens genügten zweieinhalb Zehntel, um die Riefen zu beseitigen.

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Schleifen ist nichts für Hektiker. Damit die Oberfläche ganz fein wird, muss man die Schleifmaschine in der letzten Stellung lang auslaufen lassen, was heisst, dass man noch eine Zeitlang weiterschleift, wenn man das Gefühl hat, das Mass sei längst erreicht. Erst durch das längere Schleifen in derselben Stellung wird die Oberfläche richtig arschglatt. Wenn ich ein Ölmolekül wäre, ich würde jetzt jubeln....

Schliesslich habe ich dann auch keine Ausrede mehr gefunden und schweren Herzens die Bronzebüchse in der anderen Hälfte der Hauptwelle gewechselt. Eigentlich ist da nicht viel erwähnenswertes dabei, ausser vielleicht der Tatsache, dass hier mal wieder auf den hundertstel Millimeter genau gearbeitet wurde. Das Resultat war dann eine zusammengesteckte Hauptwelle, die herrlich sanft und spielfrei läuft.

In solchen Momenten neige ich dazu, mal eben für einen meditativen Eimer Espresso abzuschleichen. Dabei drehte ich freudig und unablässig an meiner schönen, alten Hauptwelle und erfreute mich ob des fehlenden Spiels. Zur Überbrückung füge ich hier noch ein Bild der halben Welle mit der Lagerbüchse ein:

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Meine Eigenart, mir Bausätze zu basteln, habe ich auch hier wieder gepflegt. Diesmal ist es der grosse Getriebebaukasten für Jungs ab 18:

103_2443_640.jpg

Nach Absolvierung eines Rauchopfers machte ich mich jetzt an die Montage. Dazu gehörte auch das Anfertigen von einigen Sicherungsblechen und neuen Papierdichtungen. Für letztere verwende ich seit vielen Jahren Ordnerregister aus unserem Büro. Davon hat es immer genügend, und sie bestehen aus einem sehr dichten, 0,5mm dicken Karton. Richtiges Dichtungspapier gibt es in unserer Gegend schon seit Jahren nicht mehr zu kaufen, allerdings scheint man ja auch ohne gut zurechtzukommen.

Meine Manie, alle Schrauben vorher gängig zu machen, zahlte sich wiedermal aus. Es gibt ja manchmal so richtig perfide Schweineschrauben, die sich schonmal schwer lösen lassen, dann aber unter keinen Umstünden mehr reinschrauben. Ich hatte heute das Vergnügen mit einer sadistischen Kronenmutter. Die sichert die Welle des Vorgeleges im Gehäuse und hört auf den schönen Namen M14x1,25. Nachdem der Splint gezogen war, liess sie sich auf vielversprechende Art schwer runterdrehen. Danach dann das klassische Bild: Mutter will nicht mehr auf Gewinde rauf. In diesem Fall ergab das mangels passender Gewindeschneidewerkzeuge eine fröhliche halbe Stunde mit Ventilschleifpaste, immer vorwärts - rückwärts, bis das ganze Gewinde wieder sauber lief.

Wobei ich mich bei der schnellen Montage dann trotzdem wunderte, was ich eigentlich die letzten Tage so getrieben haben soll. Das Getriebe war genau genommen schon nach wenigen Minuten wieder montiert. Irgendwie fällt es mir jetzt fast schwer, mir vorzustellen, dass so eine Handvoll Teile soviel Arbeit gemacht haben soll.

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Damit wäre auch dieses Wochenende zu einem würdigen Abschluss gebracht und was noch viel toller ist: die schwarze Suppe ist weg ! Bisher hatte ich es ja vorwiegend mit extrem versifftem Zeugs zu tun, sei es eine überlackierte Vorderachse, eine mit teerähnlichem Schmodder gefüllte Motorenleiche oder jetzt das Getriebe, dessen flüssiger Inhalt genug Schwärze für eine Buchdruckerei abgegeben hätte. Langsam übertrug sich die Schwärze sowohl auf die Werkstatt als auch auf den Mechaniker. Aber jetzt ist genug davon, die Schwarzarbeit hat ein Ende !

mit frohem Gruß

Oliver

Geschrieben

Immer wieder herzerfrischend, interessant und lehrreich, Deine Berichte. Vielen Dank dafür!

Übrigens, zum Thema Dichtungspapier:

http://www.elring.de/pdf/compound/ABIL_N_de_scr.pdf

Zu kaufen z.B. hier:

http://www.tp-maier.de/dichtungspapier-elring-abil-c-26_27.html

In der Schweiz, wenngleich es für mich etwas schwerer zu finden war, z.B. hier:

http://www.duramont.ch/278/MOTORENTEILE/DICHTUNGEN.html

Schöne Grüße und weiterhin gutes Gelingen

Jan

Geschrieben

Danke für den Tip, aber jetzt verwende ich schon seit so vielen Jahren Ordnerregister und hatte nie ein Problem. Anscheinend kommen die von der Papierqualität recht nahe ans Dichtungspapier heran. Ausserdem kann ich so immer eine zur Fahrzeugfarbe passende Dichtung montieren. Wichtig ist dabei nur, die Dichtung vor der Montage mit Öl zu tränken. Und auch nicht ganz unwichtig ist der Zustand der Dichtflächen.

Im Moment kämpfe ich an mehreren Fronten. Zuerstmal habe ich das Interieur demontiert, dabei noch einige Kleinigkeiten am Holz entdeckt, die gerichtet werden wollen. Bei dieser Gelegenheit habe ich dann auch gleich das Armaturenbrett ausgebaut. Der Kabelbaum sieht ungefähr so aus wie die Verdrahtung meiner Autostereoanlage mit Equalizer, Verstärker und sechzehn Lautsprechern es damals, 1986 in meinem Fiat Ritmo tat. Für das geschulte Auge ein Grund für stille Verzweiflung.

Schnell stellt sich der Gedanke an die berühmte Chaostheorie ein, aber halt: das ist jetzt keine Theorie mehr, denn hier steht ihr Beweis. Und funktioniert hat das auch teilweise !

Dann lümmelt da ein Drehzahlmesser herum, der gerade mal bis 2'200 Umdrehungen geht. Beim Fünfer könnte man sowas ja fast noch akzeptieren, aber der Motor des Amilcar kann mehr. Viel mehr, und deshalb mache ich mich jetzt mal auf die Suche nach einem Tourenzähler bis ca. 5'000 Touren, Durchmesser 80mm, Übersetzung 2:1...

Eigentlich ist diese Geschichte in der Geschichte ja die einer Bauchlandung. Meine ursprüngliche Illusion, den Amilcar mit wenig Aufwand durch den Tüv zu prügeln und dann die Restauration schrittweise am fahrenden Objekt vorzunehmen, hat sich ja mittlerweile mit einer unheimlichen Detailverliebtheit aufgelöst. Damit möchte ich eigentlich nur zum Ausdruck bringen, dass bisher so ziemlich jedes Bauteil, das irgendwie kaputt sein könnte, es auch war. Ob das jetzt ein kompletter Motor ist, oder nur eine Handvoll lächerlicher Silentblöcke, oder wie immer irgendeine rostige und vermurkste Schraube, das Resultat ist stets dasselbe und läuft schlussendlich auf einen kompletten Neuaufbau hinaus. Das einzige grössere Bauteil, von dem ich vorerst noch die Finger lassen kann, ist die Karrosserie. Die ist gesund, wenn auch der Lack etwas seltsam aussieht. Da sie eine verhältnismässig einfache Oberfläche hat, überlege ich mir gerade, ob ich sie neu lackieren sollte...

Wie man so treffend sagt: Leidenschaft ist eine Kraft, die Leiden schafft.

Wie wäre es mit grau ? Würde nett zum roten Chassis passen...

Ich bin jetzt seit zweieinhalb Monaten am Durchdrehen. Denn anders könnte man meinen Wahn kaum bezeichnen. Wenn alles klappt - und das werde ich morgen nach dem Öffnen des Differentials wissen, dann werde ich wirklich noch in diesem Frühling fahren.

Unter normalen Umständen würde man für so eine Restauration eher Jahre als Monate einplanen. Aber irgendwo habe ich durchaus einen lieblichen Knall, und der beginnende Altersstarrsinn tut auch seinen Teil dazu.

Allerdings kommt mir selber mein Treiben schon etwas unheimlich vor. Und dass ich daneben auch noch die Zeit finde, laufend irgendetwas dazu zu schreiben, macht es auch nicht harmloser. Ich würde mal vorsichtig sagen, dass wenn es je eines Beweises für das Suchtpotential alten Eisens bedarft hätte, dann wäre hier einer.

Womit wir wieder beim alten Traum wären, das Ganze über die Krankenkasse laufenzulassen. Im Vergleich zur herkömmlichen Psychiatrie wäre dies ja auch viel kosteneffizienter.

Damit wäre ich mal wieder am Ende,

mit neurotischen Grüssen

Oliver

Geschrieben

Mit den Tourenzählern ist es so eine Sache, waren diese im Gegensatz zu den Uhren ein Standard Ausrüstungsteil in den 30-igern und so gesehen auch nicht besonders erhaltenswert.

So kam es, dass heute sehr viele Uhren auf den Märkten zu haben sind (die Uhren hat man ja schliesslich zur Seite gelegt, also der Wagen den letzten Weg in Richtung Abbruch angetreten hat) aber kaum Tourenzähler angeboten werden.

Was der Situation auch nicht wirklich hilft, ist der Fact dass die selben Jaeger Zähler im Bugatti verbaut wurden...

Hier eine kleine Auswahl an Tourenzählern für Deinen Amilcar.

Der Anbieter nennt jeweils genüsslich die Zahl 1'000 wenn die Frage nach dem Preis gestellt wird.

Rechnet man noch die Kosten für die nötige Revision ein, ist man schon bei den Kosten für einen abgehalfterten M - BWM. Aber wer will schon ernsthaft einen BMW kaufen ?

oliver

...ich habe übrigens noch einen Tourenzähler bis 4'000 Umdrehungen herumliegen, dass innere ist allerdinges ein bisschen "malade", man könnte auch das Zifferblatt wechseln und die Neu-Justierung Ch. Ris überlassen.

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Geschrieben

Frohe Botschaft für alle Freunde des gepflegten Masochismus ! Es geht weiter...

Stehengeblieben war ich bei einer nächtlichen Furzidee. Ich dachte mir so beiläufig, dass, wenn ich schon die ganze Technik bestmöglich instandsetze, es doch schade wäre, dauernd dumme Sprüche wegen dem Lack anzuhören. Dieser war nämlich blasig und hatte erste Risse, was beides nicht gerade toll aussah.

Nun, ich kann jetzt berichten, dass die Karrosserie mittlerweile blank entlackt und angeschliffen bereitsteht. Der Einfachheit halber habe ich die acht Schrauben, mit denen sie am Rahmen befestigt war, doch noch gelöst. Die Karrosserie alleine wiegt so um die 50-60 Kilo und lässt sich leicht herumtragen.

Das Entfernen der alten Lackschichten und besonders des Spachtels war eine Sache für sich. Zuerst war das Auto wohl mal hellrot, dann wurde es mal weiss lackiert, und schliesslich nochmals rot, allerdings ein etwas ödes Tomatenrot. Darunter befand sich eine teilweise halbzentimeterdicke Spachtelschicht, die angesichts der sehr manuell gedengelten Bleche wohl unumgänglich war. Leider hatte diese sich stellenweise vom Blech gelöst und warf Blasen.

Nachdem weder Abbeizpaste, und zwar die grobe, noch heftiges Verfluchen Wirkung zeigten, griff ich zu Fön und Schaber und vergnügte mich einige Abende lang damit. Noch steht mir die Motorhaube bevor, aber die dürfte harmloser sein.

Da ich lackiertechnisch eine Eichel bin, habe ich Rat bei einem ehemaligen Schulkollegen gesucht. Der hat eine Autolackiererei und fand die Idee, mal wieder richtig mit Spachtelmasse rumzusauen, zumindest reizvoll. Drum bringe ich die Kiste und die Motorhaube in den nächsten Tagen bei ihm vorbei.

Und er wird grau. Und zwar ein richtig ödes, mitteldunkles Grau. Das Chassis bleibt knallrot, die Räder auch, und ebenso die Gestänge, an denen Lampen und Kotflügel befestigt sind. Die Kotflügel bargen auch noch eine nette Überraschung, sie bestehen aus Aluminium und dürften kaum mehr wiegen, als die darauf angebrachten Farbschichten. Die werden nach dem Entlacken nicht mehr neu lackiert, sondern einfach nur poliert.

Das Interieur wird ebenfalls knallrot, das Leder liegt schon bereit. Wobei ich mir auch bei den Sitzen erlauben werde, auf professionelle Hilfe zurückzugreifen. Nicht aber bei den Verkleidungen, die überziehe ich selber.

Sozusagen das Tüpfelchen auf dem i wäre dann noch das Lenkrad. Seit zwanzig Jahren gammelt in meinem Fundus absurder Einkäufe ein altes Lenkrad herum. Das habe ich damals in Turin in einem Spielzeugladen an der Wand hängen gesehen und musste es absolut unbedingt haben. Obwohl mir damals durchaus bewusst war, wie weit ich von einem dazupassenden Fahrzeug entfernt war, laberte ich dem Inhaber solange die Ohren voll, bis er es für einen damals stolzen Preis herausrückte. Er erwähnte dann noch abschliessend, dass das Lenkrad früher einen Bugatti gesteuert haben solle.

So richtig heimelig wirds aber erst, wenn man bedenkt, dass erstens mein vorhandenes Lenkrad am Amilcar zwar original ist, aber einen Bruch in einer Speiche hat, und zweitens ist das Bugattilenkrad knallrot. Die Speichen sind mit rotem Zelluloid überzogen, der Kranz ist mit einer dicken, roten Kordel umwickelt. Passt zu meinem neuen Gefährt wie der Arsch auf die Schüssel. Und was den Masochisten in mir zum Jubeln brachte, war die stinkende Textilfarbe, mit der ich die ausgeblichene rote Kordel immerhin sehr erfolgreich nachfärbte...

Das nackte Chassis auf seinen vier Rädern sah dann doch etwas traurig aus, und so habe ich mich einmal mehr in den Hintern geklemmt und die Spritzwand, ein solides Gussteil aus Aluminium, saubergebürstet und aufpoliert. Jetzt ziert sie bereits wieder das Chassis.

Obwohl die Arbeit ja momentan noch kein Ende zu nehmen scheint, steigt die Begeisterung weiter und weiter. Wobei der Druck mit steigenden Aussentemperaturen stetig wächst..abgesehen von der Tatsache, dass ich das Ding ursprünglich nur für wenige Tage in der Werkstatt herumstehen haben wollte. Statt dessen liegt es jetzt bald drei Monate überall verteilt in der Werkstatt herum.

Aber irgendwie war die Montage der Spritzwand für mich der Moment der Umkehr. Ab jetzt geht es wieder bergauf, das Auto wird jetzt täglich ein Stück wachsen.

Bilder folgen.

Gruss liegt bei,

Oliver

Geschrieben

Geil! :-) Vor meinem geistigen Auge entsteht schon das Bild eines verdammt ungewöhnlichen, grau-roten Renners mit herrlichen Details. Bin auf weitere Bilder gespannt.

viele Grüße in die Schweiz!

Geschrieben

Wenn man die Karrosserie vom Amilcar umdreht, gibt sie ein prima Boot ab. Sie hat sogar schon ein riesiges Abflussloch. Damit liesse sie sich aufs Trefflichste im See versenken. Und damit habe ich heute mehrmals geliebäugelt. Denn erstens war der Lackierer nochmal auf Besuch - auch er hat ein Herz für Masochisten, und zweitens überhaupt.

Aber schön der Reihe nach.... Als sein kritischer Blick auf die etwa hundertzwanzig kleinen Löcher in der Karrosserie fiel, gingen seine Augenbrauen hoch und mein Mut sank. Ich kam seiner fiesen Bemerkung aber zuvor und grunzte "zuschweissen ?" Damit war der heutige Nachmittag versaut. Das Zuschweissen der vielen kleinen Löcher im dünnen Blech war erwartungsgemäss ein Highlight des Tages, das seinen Platz selbst gegen die sich selbst zerlegende Flex behaupten konnte. Aber irgendwann hatte die Hütte dann nur noch zwei Löcher, ein grosses oben, und ein ganz grosses unten.

Dann gings noch ums Ploppen. Die relativ flachen Seitenwänder der Karrosserie waren nämlich etwas flatterhaft und man konnte des Blech rein- und rausdrücken. Dabei machte es laut und vernehmlich "Plopp". Besonders im eingedrückten Zustand sah das ähnlich toll aus wie ein halbvoller Zeppelin. Um das Ploppen zu verhindern und das Blech nach aussen gewölbt vorzuspannen, baute ich einige zusätzliche Holzleisten ein. Die spannen das Blech jetzt nach aussen, und die Karrosserie hat jetzt aussen auch an den Seiten eine leichte Wölbung. Morgen früh ist der Leim wohl hart und ich kann mich endlich dem Entlacken der Motorhaube widmen.

Den Zündmagneten habe ich dann noch einem älteren Herrn in Luzern überbracht. Der gehört zum Inventar des ehemaligen Boschdienstes in Luzern und wurde komplett mit der Betriebeinrichtung im Kabuff einer Ferrariwerkstatt untergebracht. Er freut sich immer über nette Spinner mit Alteisen und wird meinen Magneten auf Herz und Nieren prüfen. Vermutlich wird er ihn auch gleich neu wickeln.

Mal schauen, was dieses Wochenende so bringt...

fröhliche Grüsse,

Oliver

Die Veteranenscheune
Geschrieben

Immer wieder lesenswert !!!!!

Freue mich auf neue Bilder .

Geschrieben

jaja,

nun wird auch der oliver noch zum richtigen "hochglanzrestaurateur" :-) :-)

toll deine berichte! weiter so!

ist es net toll, aus einem haufen schrott wieder ein schönes, toll fahrbares kraftfahrzeug zu bauen?

zu meinen kollegen sage ich mittlerweile: "nein, ich glaub euch nicht, dass man autos einfach so neu kaufen kann. autos muss man selber bauen/richten!"

grüße

thomas

Geschrieben

Hochglanz trifft es. Ich war heute mit dem Boot beim Lackierer, der hat vor Freude gestrahlt und etwas von grossen Spachtelreserven in seinem Lager erzählt. Dann haben wir noch eine Minute in die Auswahl einer herzerfrischend öden grauen Farbtons investiert. Die abschliessende Frage nach der Oberfläche beantwortete ich mit "hochglanz".

Wenn man bedenkt, was für eine Schweinearbeit es war, die ganzen Farb- und Spachtelschichten von der Beule runterzuhobeln.....und jetzt schmiert er das Ding wieder voll damit.

Ich würde ja nie einem einigermassen original erhaltenen Auto so eine Behandlung angedeihen lassen. Aber bei einem Speschl ist alles etwas anders, und da kommen wir zu Toms schönem Satz vom letzten Posting. Wenn die Welt für Leute wie uns passende Autos bauen würde, dann blieben diese Geschichten hier in der Rubrik "Restaurationen" wohl ungeschrieben. Aber glücklicherweise geht der Kampf ja eher darum, weiterhin so dröge Eimer wie Opel und alles andere, was genauso aussieht bauen zu können. Das übersättigte Mittelmass, das den Erfindungsreichtum unserer Art täglich millionenfach beleidigt, indem es überschwere und übelst adipöse Geschwüre als absolute Notwendigkeit darstellt, die ja anscheinend nur auf vielfältigen Kundenwunsch so ersonnen werden, gräbt sich gerade ein schönes, und hoffentlich grosses Grab.

"Das ist der neue VW von Ford..." könnte man heute sagen. Natürlich sehen heute alle mittelmässigen Autos fast gleich aus, wie eine abgelutschte Seife, weil sie ja so aerodynamisch und verbrauchsoptimiert sind. Eine absolute Meisterleistung deutscher Ingenieurskunst ist aber, dass der aktuelle VW Golf meiner Frau nur 20% mehr verbraucht als der Golf meiner Eltern damals, 1976. Dabei ist der neue ja gut doppelt so schwer und viel dicker.

Ich nehme mal schwer an, dass die nächste echte Fahrzeuggeneration nicht mehr aus unserer Ecke der Welt kommen wird.

Aber als Fanatiker der gerade vergehenden Generation von Geräten mit Explosionsmotoren bleibt einem weiss Gott ja nicht anderes übrig, als Alteisen auf- und umzubauen, wenn man nicht mit einem dieser mobilen Grabsteine der automobilen Kultur herumfahren will.

Aber immerhin bietet diese alte Generation noch ein recht weites Spielfeld. Letztlich steht da ein ganzes Jahrhundert voller technischer Spielereien und Furzideen zur freien Auswahl. Vorausgesetzt, man kennt den Weg, solche Dinge selber zu kombinieren, umzubauen, anzufertigen und zu guter Letzt durch den Tüv zu bringen. Im Fall des Amilcars habe ich mittlerweile einen recht weit gereiften Bausatz aus den bestmöglichen, noch erschwinglichen Bauteilen dieser Marke. Der besondere Reiz daran ist die Kombination von Elementen, die es in dieser Zusammenstellung nie gab. So werkelten CGSS-Motoren üblicherweise in einem recht fragilen Chassis, rollten auf besseren Motorradrädern daher und übertrugen ihre Kraft über ein Dreiganggetriebe auf eine differentiallose Hinterachse. Der Amilcar M hingegen war ein etwas dröges Coupé mit einem weitaus weniger temperamentvollen Motor, hatte aber ein solides Chassis und ein vernünftiges Fahrwerk. Dazu ein Vierganggetriebe und kräftige Bremsen.

Und was ich ja nie gedacht hätte, traf ein: ich bin dem Rost dankbar. Weil er die Coupékarrosserie wohl soweit zermürbt hat, dass ein Vorbesitzer die ganze Hütte dann durch einen Sportwagenaufbau ersetzt hat.

Auf dem Bodenbrett klebte übrigens noch ein Zeitungsausschnitt mit Stellenangeboten bei der Brüsseler Polizei als Stenotypistin, aus den Sechzigern.... Und beim Entlacken gab die Motorhaube dann auch noch ein kleines Geheimnis preis. Sie ist, trotz der ungewöhnlichen, nach innen gedrückten Entlüftungsschlitze, original. Auch auf ihr, wie auf verschiedneen anderen Teilen, fand sich die Seriennummer eingeschlagen. Aber noch gilt es, einen kleinen Rest zu entlacken. Eine grässliche Arbeit. Infolge der Schichtdicke habe ich das Heissluftgebläse und den Schaber als effizientestes Werkzeug gewählt. Selbst bei der kräftigen Ablaugepaste wären etliche Durchgänge nötig, bei noch grösserer Schweinerei.

Mittlerweile füllt das abgeschabte Material einen grossen 110-Liter-Müllsack...

Dann noch die frohe Botschaft des Tages...Herr Fiorucci aus Luzern hat sich gemeldet. Der Magnet, den ich für siebzig Euro erstanden habe, ist kerngesund. Ebenso der Anlasser, der in der Motorleiche steckte.

Eebenfalls gelöst ist das Problem mit dem Tourenzähler. Der mitgelieferte geht bis 2000 Touren, was dann doch irgendwie etwas wenig ist. Ein ganz übel netter Kumpel hat mich dann auf einen in Frankreich wohlfeilen hingewiesen, der bis 4000 Touren geht. Damit lässt sichs leben, bin gespannt, ob der Handel klappt.

Und zu guter Letzt habe ich noch was klingeln gehört. Vier Zahnräder, um genau zu sein, und einige andere lustige Kleinteile, die haben anscheinend ihren Weg in die Westschweiz gefunden. Am Samstag ist dann feierliche Übergabe auf dem Stand des Cercle Pégase Amilcar auf dem Teilemarkt in Fribourg. Damit gehören dann auch die hässlichen Spuren des herausgefallenen Splints der Andrehkurbel im Antrieb der Nockenwelle zur Vergangenheit.

Es geht weiter...

(und ich freue mich langsam unheimlich auf den Moment der Fertigstellung. So langsam macht sich eine Art Burnout bemerkbar.)

Gruss,

Oliver

Geschrieben

Die Spannung steigt....

Heute habe ich die frisch verchromte Lenksäule abgeholt. Und auch schonmal aufgesteckt. Sieht nett aus, wenn auch etwas neu für meine Verhältnisse. Jetzt muss ich schleunigst einen Adapter drehen, damit das schöne, rote Lenkrad auch seinen Halt findet.

Dann habe ich noch den Zündmagneten und den Anlasser in Luzern abgeholt. Herr Fiorucci zeigte mir voller Stolz einen 1cm langen Zündfunken, dazu musste er ihn nur neu aufmagnetisieren.

Ab jetzt geht es wieder rasant aufwärts. Das beinahe nackte Chassis sieht dank Spritzwand und Lenksäule schon wieder nach Auto aus. Und ich muss gestehen, dass ich mir doch einige kleine Eitelkeiten erlaube. Eine davon ist der Halter der Lenksäule aus Aluguss, mit dem diese an der Spritzwand geführt wird. Der hat oben eine glatte Fläche, und die habe ich liebe- und mühevoll plangeschliffen und dann auf Hochglanz poliert.

Damit hoffe ich, dann auch in Toms Liga mitspielen zu dürfen. Denn vergleichbare Restaurationen wie die von Toms DS habe ich bisher noch selten gesehen, ausser vielleicht in professionellen Werkstätten.

Wobei ich ja schon heilfroh bin, dass mein Auto viel einfacher aufgebaut ist.

Morgen bringe ich die Motorhaube zum Lackierer. Der hat mich ohnehin aufgeboten. Er hat den Wunsch geäussert, alle sichtbaren Schrauben, mit denen die Karrosserie auf dem Holzrahmen befestigt ist, mit einem Schweisspunkt zu sichern.

Ab jetzt steigt die Euphorie. Vor allem, weil die unangenehme Dreckarbeit jetzt beinahe ganz durch ist. Davon bleibt jetzt nur noch die Aufgabe der Überholung der hinteren Federpakete. Jetzt kommt die schöne Phase des Zusammenbaus und des Anfertigens neuer Teile. So fehlt beispielsweise die Befestigungsschelle des Zündmagneten, oder auch das Gestänge zur Zündzeitpunktverstellung. Auf diese Arbeiten freue ich mich schon sehr.

Dies mal wieder der übliche kleine Zwischenbericht,

Grüsse ausm frühlingsverseuchten Süden,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

vielen Dank für Deine Berichte. Bitte einfach weiterschreiben.

Nicht unerheblich haben die Schilderungen Deiner 5er Ausflüge dazu beigetragen,

dass ich nun regelmäßiger mit meinem TA zur Arbeit fahre.

Fazit: Je mehr man die Kiste fordert, desto zuverlässiger wird sie..ist ja auch logisch.

Gruß

Michael

Geschrieben

Hallo Oliver,

klasse, macht wie immer Spaß mitzufiebern. Das passt jetzt auch schön zum Frühling, dass du das Auto wieder zusammenzusetzen kannst. Und lustig, das würde mir sicher auch so gehen, kleine Eitelkeiten zu entwickeln.

Was ich nicht ganz verstehe ist wie das gemeint ist mit dem Punktschweissen der Schrauben: Das muss vor dem Lackieren passieren, aber sieht man das nicht hinterher? Hat das nicht gerade optisch den Charme, einfach so angeschraubt zu sein? Oder kann man die Schweisspunkt verstecken?

Weiter gutes Gelingen

Arne

Geschrieben
Hallo Oliver,

klasse, macht wie immer Spaß mitzufiebern. Das passt jetzt auch schön zum Frühling, dass du das Auto wieder zusammenzusetzen kannst. Und lustig, das würde mir sicher auch so gehen, kleine Eitelkeiten zu entwickeln.

Was ich nicht ganz verstehe ist wie das gemeint ist mit dem Punktschweissen der Schrauben: Das muss vor dem Lackieren passieren, aber sieht man das nicht hinterher? Hat das nicht gerade optisch den Charme, einfach so angeschraubt zu sein? Oder kann man die Schweisspunkt verstecken?

Weiter gutes Gelingen

Arne

Ich denke, es geht einfach darum, daß man angepunktete Schrauben mit überlackieren kann - und daß man beim festziehen der Schrauben den Lack nicht abschleift, was beides den Rostschutz verbessert.

Schöne Grüße

Jan

Geschrieben

Es ging darum, die Schraubenköpfe, mit denen die Karrosserie auf dem Holzrahmen befestigt ist, mit dem Blech fest zu verbinden. Dies zur Vermeidung von Abplatzern beim herzhaften Befahren holpriger Pisten.

Aber wie das Leben so spielt... Nachdem ich die Karrosserie nochmals mit meiner treuen Ente und Anhänger abgeholt und aufs Chassis aufgesetzt hatte, kam mir einer meiner berüchtigten Geistesblitze. Eine Minute später hing ich schon am Telefon un besprach meine neueste Furzidee mit dem Experten bei unserem Strassenverkehrsamt. Der staunte erstmal nicht schlecht, dann besann er sich aber schnell, mit wem er da eigentlich diskutierte und fand mein Ansinnen dann plötzlich ganz normal.

Es ist ein sehr schönes Gefühl, zu wissen, dass man weit und breit der Einzige ist, der auf derart nonchalante Art sozusagen dazu eingeladen wird, die Grenzen des amtlichen Ermessensspielraums mal wieder von drüben zu betrachten...

Der langen Rede kurzer Sinn: die nackte Karrosserie sieht sowas von endgeil aus, dass jedes Gramm Farbe ein Sakrileg wäre. Drum bleibt der Eimer blank. Mitsamt seinen grobschlächtigen Schweissnähten, den Spuren tausender unbedarfter Hammerschläge sowie der Patina...äh....Korrosionsspuren der letzten fünf bis acht Jahrzehnte. Und mit dem stellenweise vorhandenen Muster der Flexscheibe.

Aus Spass an der Freude habe ich ihn mal eben wieder ein bisschen zusammengebaut. Jetzt fehlen natürlich noch Bilder. Die kommen dann am Wochenende.

Die Kotflügel sind bereits fertig entlackt und wieder hier. Wie zu erwarten verbarg sich unter der dicken Lack- und Spachtelschicht ein lustiges Wellblech, bzw. deren vier. Leider wurden die Kotflügel auch noch vor dem Lackieren sandgestrahlt, mit extragrobem Sand, wie es scheint. Jedenfalls wartet da wohl die nächste Prüfung meiner Leidensfähigkeit.

Und jetzt schleich ich doch noch schnell mit der Kamera in die Werkstatt....

bis bald,

Oliver

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Hallo Oliver,

will ja nicht ungeguldig sein, aber es sind jetzt fast zwei Wochen um, seit du mit der Kamera in der Werkstatt verschwunden bist... :-)

VIele Grüße

Arne

Geschrieben

tja, wenn der erst mal in der werkstatt ist… ;)

Geschrieben

Hallo,

so er denn noch darinnen ist... Vielleicht hat Olive die ersten Frühlingsstrahlen schon für eine erste Ausfahrt genutzt? Bei dem Arbeitseifer wäre das durchaus möglich...

Viele Grüße

Arne

Geschrieben

Keine Bilder, aber dafür wieder einige neue kleine Abenteuer...

Aber mal schön der Reihe nach, wie im Bordell. Ich war bei den unsäglich hässlichen Kotflügeln stehengeblieben. Die zeigten nach Entfernung der Lack- und Spachtelschicht ein übles Bild. Zerbeult, mit etlichen hässlichen Schweisstellen, und schliesslich schottergestrahlt (Sand kann es einfach nicht gewesen sein) waren sie ein Grund, sich nach neuen umzutun. Nun sehen die Dinger zwar aus, wie unschwer erhältliche Standardware, aber eine Frage in einem etwas seltsamen Oldtimerforum, in dem sich Kompetenz und Humorlosigkeit einigermassen die Waage halten, ergab, dass es keine fertigen Rennwagenkotflügel auf dem Markt gibt. Die Aussicht, sie anfertigen lassen zu müssen, stimmte mich angesichts der dafür zu erwartenden Kosten nicht wirklich froh.

Tags darauf war dann in Fribourg der grosse Schweizer Teilemarkt. Dort trifft man jedes Jahr all die Spinner, die man das Jahr durch nie sieht. Das macht den Anlass trotz der unheimlichen Menge an blödsinnigem Geraffel ganz nett. Normalerweise findet man dort nie etwas, wenn man es sucht. Dafür wimmelt es von Ständen mit Spielzeugautos und langweiligen Büchern.

Aber diesmal kam alles ganz anders. Als die Tore aufgingen, liess ich mich von der Menge in die Halle spülen, ruderte ein wenig mit den Armen, um wenigstens die ungefähre Richtung beizubehalten und stand plötzlich vor einem wohlfeilen Satz Kotflügel. Selbstverständlich warf ich sofort den Anker und wandte mich hoffnungsvoll an den Verkäufer. Jetzt bin ich stolzer Besitzer eines Satzes nagelneuer und zufälligerweise bestens passender Aluminiumkotflügel. Der Verkäufer hatte welche für einen Duesenbergrennwagen gebaut, und weil die Form so gross und schwer war, hatte er extra noch einige mehr davon gemacht, bevor er die Form dann verheizte.

Leider hatte ich dann etwas weniger Glück, als ich die neue Zahnradkaskade für meinen Motor am Stand des Amilcarclubs abholte. Wieder zuhause angelangt, zeigte sich, dass bei einem der Zahnräder ein kleiner, aber sehr übler Massfehler vorliegt. Aber auch das Problem ist lösbar, braucht wohl nur etwas Geduld.

Dann kann ich noch von hohem Besuch berichten. Um kommendem Ärger aus dem Weg zu gehen, habe ich den Wagen zuerstmal verladen und ihn endlich mal beim Zoll vorgeführt. Und natürlich auch verzollt, denn ohne Zoll gibts keine Papiere.

Dann habe ich den zuständigen Sachbearbeiter für Veteranen von unserem Strassenverkehrsamt um eine Beratung vor Ort gebeten. Zu meiner grenzenlosen Verblüffung ging er darauf ein. Dank seiner Beratung weiss ich jetzt recht genau, was ich zu tun habe. Selbst eigentlich haarsträubende Details wie der originale Fahrzeugausweis aus Belgien, der garantiert nichts mit meinem Auto zu tun hat, konnten wir im angenehmen Gespräch klären. Meine Argumentation ging in die Richtung, dass ich ihn ja eigentlich nicht verarschen wolle, aber da das Auto nunmal so dastehe, wüsste ich auch keinen besseren Weg. Woraufhin er mir dann ganz genau erklärte, wie ich dabei vorzugehen habe.

Auf Blinker und dergleichen darf ich verzichten, da der Wagen nach seiner Ansicht als Einplätzer gilt und ich mich auch mit Handzeichen gut sichtbar bemerkbar machen kann. Vor allem bei Nacht und Nebel...

Mit der blanken Stahlkarrosserie konnte er sich auch anfreunden, unter der Bedingung, dass ich noch einige kleinere kosmetische Eingriffe an den Schweissnähten vornehme.

Eigentlich müsste ich mich ja jetzt ärgern wegen der Einstufung als Einplätzer, aber so ein Monoposto ist doch etwas vom schrägsten auf Rädern, was man sich so vorstellen kann. Jedenfalls vom modernen Standpunkt des Nutzwertes und der Wirtschaftlichkeit her.

Dafür habe ich dann aber auch immer eine erstklassige Ausrede, wenn ich meine eigenen Wege fahre...

Das rote Lenkrad hat mittlerweile einen schönen Adapter bekommen und sitzt bereits auf der Lenksäule. Diese lege ich gerade etwas tiefer, um meine Sitzposition etwas zu verbessern. Dazu kommen die ersten, frisch gepolsterten und mit rotem Leder bezogenen Teile der Innenausstattung. Allerdings stinkt der wärmefeste Kontaktkleber auch noch einen Tag nach der Anwendung ganz übel.

Der Tourenzähler aus Frankreich ist dann auch wirklich eingetroffen und bereits revidiert und aufpoliert. Womit irgendwann kein Weg mehr am Thema Armaturenbrett vorbeiführte.

Das eingebaute Armaturenbrett war eine grobschlächtig zugesägte Aluminiumplatte mit einer Art eingekratztem, extrem grobem Zapfenschliff. Leider ist der so grob, dass das schöne schillernde Spiel mit dem Licht sich nicht mehr zeigte. Da kam es mir gerade recht, dass die Instrumente wie Gurken im Beet angeordnet waren.

Nur - wie kommt man an ein neues Alublech mit einem schönen Zapfenschliff ? Ich habe natürlich zuerstmal den Spezialblechhandel abgeklappert, fand aber nur rostfreies Stahlblech mit Zapfenschliff, so wie es hier für die Milchtanklastwagen verwendet wird. Und da mein kleines Stück von 76x23cm dann auch noch gleich einen dreistelligen Betrag kosten sollte, hatte ich das Ganze erstmal vertagt.

Dann holte ich mir hier in der örtlichen Spenglerei ein passendes Stück Alublech. Bevor ich das aber versaute, machte ich mich auf die Suche nach der besten Methode, einen ordentlichen Zapfenschliff selber herzustellen. Was gar nicht so einfach war, denn alle Methoden, die einem auf Anhieb in den Sinn kommen, versagten kläglich. Entweder war die Abnützung zu stark und verhinderte ein gleichmässiges Bild, dann wieder setzte sich der Schleifkörper mit Aluminium zu und rubbelte relativ erfolglos auf dem Aluminium herum. Korkzapfen wiederum zersetzten sich unter dem Einfluss der Schleifpaste viel zu schnell, als dass man damit ein ganzes Armaturenbrett hätte schleifen können. Dabei hatte ich extra einen wunderschönen Korkzapfenhalter für in die Standbohrmaschine gedreht...

Aber irgendwie lag die Lösung meines Problems ja schon auf dem Tisch. Allerdings auf einem anderen, nämlich dort, wo ich gerade die Innenverkleidungen neu aufpolstere. Und so habe ich ein Stück Leder auf meinen Korken geklebt und mit grober Ventilschleifpaste gearbeitet. Um mir die Arbeit etwas zu erleichtern, habe ich dann die Fräsmaschine anstelle der Bohrmaschine verwendet. Die hat einen viel grösseren Tisch, was das Herumschieben des Blechs beim Schleifen ungemein erleichtert. Der Rest war dann nur noch eine sehr langweilige Arbeit, bei der man den Kopf immer bei der Sache haben musste. Aber das Resultat überzeugt, die Mühe hat sich gelohnt.

Und irgendwann werde ich ganz sicher auch wieder Bilder machen. Es fällt einfach sehr schwer, ich habe schon mehrere Versuche unternommen, bin aber jedesmal schon nach wenigen Minuten wiedermal mit schwarzen Fingern irgendwo am Fummeln, und die Kamera liegt immer noch irgendwo in der Werkstatt.

Allerdings wäre mir der Vorwurf, ich lasse mich zu leicht ablenken, nicht ganz neu...

fröhliche Grüsse ausm Süden

Oliver

Geschrieben

Hi Oli,

immer wieder herzerfrischend, Deine Berichte zu lesen.

Kannst Du Deine Kamera nicht so einstellen, dass sie automatisch alle paar Minuten ein Bild macht.

Oder, um Deine Arbeit besser zu dokumentieren, wie wäre es damit: http://www.mr-lee-catcam.de/cc_how_de.htm

Mosel

  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Hallo Oliver,

so langsam habe ich Sehnsucht nach Deinen Berichten, wie ist es denn weiter gegangen ?

Wäre schön, weiter teilhaben zu dürfen, Gruß Sven

Geschrieben

Leider musste ich meinen Arbeitseifer in letzter Zeit vermehrt den Geräten widmen, mit denen ich mein Geld verdiene. Und so ist mal eben eine neue Generation von Dosier- und Mischgeräten für Zweikomponenten-Flüssigkunststoffe entstanden. Denn eigentlich bin ich Maschinenbauer, von ganzer Seele. Und dazu noch einer der Glücklichen, die ihre Maschinen auch selber konstruieren dürfen. Ab und zu ärgere ich meine Konkurrenten mit so Spässen wie einem praktisch wartungsfreien Gerät zum Verarbeiten von Polyurethan, was - wie Kenner wissen - an sich einer der schönsten Widersprüche ist, die man auf diesem Planeten findet.

Der langen Rede kurzer Sinn: wir haben wiedermal viel zu tun in unserer kleinen, luftdichten Fabrik. Darunter hat der Kollege Amilcar als reines Luxusgeschöpf natürlich als Erster gelitten.

Um dem ganzen wirtschaftlichen Treiben noch die Krone aufzusetzen, darf ich noch eben eine Spezialmaschine zum Abdichten von grösseren Stromerzeugern liefern.

Dafür kann ich nur von wenigen Fortschritten am Auto berichten. So quasi nebenbei entstanden auf der Fräsmaschine zwei fehlende Halter von der manuellen Zündzeitpunktverstellung. Die musste ich mir mehr oder weniger zusammenreimen, sie funktionieren aber trotzdem und fallen auch nicht weiter auf.

Dann konnte ich endlich die neue Halterung für die tiefergelegte Lenksäule fertigmachen. Da wir die Werkstatt gerade neu streichen, war die ganze Wand mit den Schleifmaschinen und der Schweissanlage für eine Woche tabu. Jetzt ist die Wand endlich trocken und ich kann wieder nächtlicherweise herumtoben.

Die Karrosserie liegt schon neben dem Schweissgerät. Um die blanke Kiste ohne Farbe für die Strasse zugelassen zu bekommen, erbat sich der Experte stellenweise ein etwas besseres Finish. Also werde ich morgen etwas mit Eisen herumspachteln und das Zeug dann elegant verschleifen.

Des Weiteren stehen bereit: eine Flasche Phosphorsäure und ein Kilo DD-Lack. Mal schauen, was daraus wird....

Dank einem ganz lieben Kollegen aus der Entenszene haben sich auch schon die ersten Dekorationselemente eingefunden. Der Kerl ist ein echter Entenfahrer von Format und geniesst unter Eingeweihten einen annähernden Heldenstatus, was aber auch mit seiner eigenen Resistenz gegenüber bestimmten Kohlenwasserstoffen zu tun haben mag. Jedenfalls werden zwei schöne, französische Kokarden das Heck zieren. Und weil ich meine Familie auch gut in Brasilien verwurzelt habe, kommt noch die Bezeichnung "14bis" dazu. Womit das Gefährt jetzt auch seinen Namen hat.

Durch einige alte Fotos wurde mein Augenmerk zufällig auf das gelenkt, was sich im Lauf der Jahre so unter Motorhauben verbarg. Dabei fiel mir ins Auge, dass der Motor bis Ende der Zwanzigerjahre meist recht ansehnlich aussah. In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg wurde noch sehr viel Aufwand betrieben, damit ein Motor schön aussah. Einzelzylinder, Wassermäntel aus Kupfer und aufwendige Verrohrungen, sichtbare Ventiltriebe und polierte Oberflächen gaben sich ein Stelldichein mit Staufferbüchsen und verspielten Zischhähnen. Danach folgten die Zwanzigerjahre, in denen Motoren sich dem Diktat des Kubismus zu fügen schienen. Jedenfalls diejenigen, die wir heute als die schönsten betrachten, solche vom Kaliber Voisin oder Bugatti. Hier herrschen glatte Oberflächen vor, alles präsentiert sich übersichtlich, nach seiner Funktion arrangiert und vermeintlich leicht zugänglich. Dieser material- und zeitintensiven Herstellung wurde dann wohl durch die Weltwirtschaftskrise 29 ein Ende gesetzt. Wer die Krise überleben wollte, der tat gut daran, billiger zu bauen. Als Resultat begannen die Motoren zerklüfteter auszusehen. Die Gusskörper wurden nun nicht mehr nach ästhetischen Gesichtspunkten gestaltet, und so fand sich das wertvolle Aluminium dann auch nur noch dort, wo es wirklich gebraucht wurde. Und so gesellte sich eine Verstärkungsrippe zur anderen und brachte den Motor vom Niveau der in ihrer Dekandenz strahlenden Skulptur aud das eines aufs genaueste berechneten Massenartikels.

Das ging dann später sogar so weit, dass sich seit einigen Jahren riesige Motorabdeckungen eingebürgert haben. Heute müssen sich sogar Motoren von absoluten Topmodellen unter einer riesigen Plastikwanne verstecken. Möglicherweise würde dem Kundigen beim Anblick eines solchen modernen Motors ja schlecht, und die Blende erfüllt dann auch gleich noch die Funktion eines Reiherschutzes.

Aber ich habe mich dann wieder von modernen Brechmitteln losreissen können und komme nochmal auf die altbewährten zurück. Irgendwie sehen die Autos der Zwanzigerjahre ja alle gleich aus. Klar, es gibt einige verschiedene Grundformen von Karrosserien, aber an sich war die Vielfalt viel kleiner als heute. Und wenn die Kühlermasken nicht markant gewesen wären, hätten sich die damaligen Jungs wohl schwergetan mit dem Erraten der jeweiligen Marke.

Der heute empfundene Charme Fahrzeuge jener Epoche liegt wohl weniger an der Vielfalt der Designelemente, sondern eher am Fehlen derselben. Denn der gemeinsame Nenner des Autodesigns damals war: die Form folgt der Funktion. Und genau so präsentiert sich ein Auto der Zwanzigerjahre. Wo später beispielweise die Grenze zwischen Kofferraum und Kotflügel aus einem von aussen unsichtbaren Blech besteht, war früher jedes Bauteil klar seiner Funktion zugeordnet. Der Gedanke, Kotflügel und Koffer zu einer Einheit zu verbinden, dürfte - damals geäussert - bestenfalls als futuristisch gegolten haben.

Aber wenn man es ganz nüchtern und nach ästhetischen Gesichtspunkten betrachtet, so sind die frühen Autos alles andere als schön.

Wahrscheinlich mag ich sie gerade deshalb sosehr.

Jetzt aber,

Gruss,

Oliver

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