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5HP im Alltagseinsatz


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Das Wort zum Sonntag.

Diesmal aus der luftdichten Werkstatt im Schwarzgeldparadies. Dummerweise kann ich vom Amilcar überhaupt gar nichts Neues berichten, denn der wartet seit vier Wochen darauf, dass ich wiedermal etwas Zeit erübrigen kann. Die brauche ich aber gerade für die Renovation einer Halle, die nach einem Mieterwechsel gelinde gesagt alt aussah. Immerhin habe ich daraus wiedermal etwas gelernt: Finger weg von Esoterikern ! Bevor ich jetzt aber in eine Schimpftirade über welt- und verantwortungsfremde Zeitgenossen falle, wechsle ich lieber elegant das Thema und mache mich ans genüssliche Lästern.

In letzter Zeit war ich viel mit meinem ersten Auto unterwegs. Ein 72er Mehari in orange, den ich seit 82 fahre. Als ich ihn gekauft habe, war ich noch recht jung und er lediglich eine zehnjährige Citroenmorchel aus Plastik. Von allen meinen Autos mag ich den Mehari am meisten, ist er doch eine einmalige Kombination aus Roadster und Müllwagen, und was ihn wirklich einmalig macht: man muss sich nicht für das eine oder andere entscheiden. Er ist ab Werk so und wirkt deshalb auch in halb zugemülltem Zustand glaubwürdig, im Gegensatz zum klassischen Frauenauto.

Heute ist mein Mehari ein sogenannter Veteran, was angesichts seines fast vierzigjährigen Kampfes gegen die Logik irgendwie verständlich erscheint. Immerhin wurde nach dem Krieg kein anderes Auto mehr gebaut, das sämtliche Erkenntnisse der Aerodynamik derart vehement verleugnet. Und gestern war ein wunderschöner Samstag mit ganz vielen Oldtimern auf der Strasse. Und keiner hat mich gegrüsst...

Gottseidank.

Anscheinend ist die sog. Oldtimerei mittlerweile ein Milliardengeschäft geworden. Zumindest gingen letzthin solche Zahlen durch die Medien. Da mag es verständlich erscheinen, wenn sich die Opfer dieser Industrie freundlich zuwinken, ganz im Sinne des geteilten Leides. Glücklicherweise sieht der Mehari derart beknackt aus, dass noch keiner auf die Idee gekommen ist, mir zuzuwinken. Wer weiss, vielleicht ist es ja am Ende der Mehari, der es schafft, in Würde zu altern, ohne zum Oldtimer zu verkommen...

Man könnte sich ja so langsam mal fragen, was mich derart gegen die Oldtimerszene aufbringt. Die Erklärung ist dabei ganz einfach. Einerseits liebe ich gutgebaute, alte Maschinen, andererseits habe ich eine starke Abneigung gegenüber der menschlichen Eigenart, aus jedem irgendwie greifbaren Begriff einen Kult zu machen, oder besser gesagt einen Jahrmarkt der Eitelkeiten. Das ist an sich nichts Unbekanntes, dieselben Mechanismen spielen in allen halbwegs hochpreisigen Sammelgebieten und erstaunen die breite Masse regelmässig in Form von erwähnenswerten Auktionsresultaten. Man kennt diese Randnotizen ja: die teuerste Schreibmaschine der Welt, der teuerste Fotoapparat, Nasenhaarschneider, Briefmarke, Gemälde, Uhr etc. etc. etc.

In erster Linie ist das Geschäft, und daran ist auch nichts auszusetzen. Wenn da nicht ein wesentliches Detail wäre... Die sog. Oldtimerei beansprucht den öffentlichen Raum, denn sie findet teilweise ja doch auch auf der Strasse statt. Wogegen ja auch nichts zu sagen wäre, wenn da nicht das ewig seltsame Thema der Privilegien wäre. Ob es nun spezielle Kennzeichen und Tarife sind, oder die Fahrerlaubnis in Euren Umweltzonen.

Da lobe ich mir meinen treuen Mehari. Der ist kein "automobiles Kulturgut" und funktioniert ohne grosses Brimborium. Ähnlich dürften sich Fahrer älterer Landrover bis vor einigen Jahren noch gefühlt haben, bevor auch daraus ein Kult gemacht wurde.

Wirklich erwähnenswert wäre jedoch der gestrige Mittag. Den verbrachte ich zusammen mit unserem Sohn an Bord einer recht grossen Wellblechkiste, die von 27 ungedämpften Zylindern mit je drei Litern Hubraum langsam, aber stetig über die Alpen gezogen wurde. Man mag ja über die Ju52 lästern, sie sei der HY des Himmels, aber wenn sie sich dann so hautnah um die verschneiten Berggipfel herumwindet, erscheint die niedrige Reisegeschwindigkeit recht angemessen.

Der schönste Moment war aber der Start, als die drei BMW-Motoren ihre vollen 600PS lautstark in die Luft brüllten... Seltsam, wiesehr einen das Donnern eines grossen Kolbenmotors unter voller Last an der Seele packen kann. Ich bin in solchen Momenten immer beinahe zu Tränen gerührt. Vielleicht, weil das ungehemmte Herausbrüllen der Kraft eines solchen Motors das Fanal einer ganzen, ebenso schönen wie furchtbaren Epoche war.

Ich habe einen Teil meiner Kindheit am Bodensee verbracht, unweit des Flugplatzes Altenrhein. Auch wenn ich sie selber nicht mehr gesehen oder gehört habe, die Geschichten von all den Fluggeräten, die den Himmel früherer Tage über dem Bodensee bevölkerten, wurden mir damals noch gerne und oft von ihren Zeitzeugen erzählt. So wurde ich als Heranwachsender noch durch die Geschichten alter Menschen, die sie selber erlebt hatten, zum indirekten Zeugen der vielen Zeppelinflüge - Friedrichshafen lag ja gerade auf der anderen Seeseite, und das Donnern der zwölf Motoren des DO-X wurde mir auch noch aus erster Hand überliefert. Ebenso das ungemein stärkere Donnern der alliierten Bomberflotten, die sich gerne über ungefährliches Schweizer Gebiet an die süddeutschen Ziele heranmachten. Da liessen dann hunderte von noch viel stärkeren, ungedämpften Kolbenmotoren zuerst die Fenster und Dächer in der Schweiz erzittern, bevor sie dann mit weitaus gemeineren Mitteln ganze Städte in Deutschland erzittern liessen. Meine Grosseltern beispielsweise erzählten mir, wie sie die nächtliche Bombardierung von Friedrichshafen von ihrem Dach aus beobachtet hatten.

Und dann war da noch unsere Tankstelle im Nebenort. Die Einfahrt war mit einem riesigen Sternmotor aus einem geborgenen Bomber dekoriert und machte dem Namen der Tankstelle alle Ehre: Bomber-Schaffner. Den Namen verdankte Martin Schaffner seinen Aktivitäten nach dem Krieg, wo er als Bergungsspezialist für abgesoffene Bomber einige Berühmtheit erlangte.

Solche Geschichtchen gibt es viele. Sie werden allerdings eher nicht auf Oldtimertreffen erzählt. Und doch sind sie es, die die wahre Begeisterung für diese Maschinen wecken können, vielmehr als jedes hochglanzrestaurierte Teil, das höchstens an die niedrigen Besitzinstinkte appellieren vermag.

Aber immerhin, einige meiner Lieblinge dürften sich so langsam selber in den Arsch beissen. Was sich bisher nur als skurriller Trend abzeichnete, wird jetzt zur Maxime: unrestaurierte, halbwegs original erhaltenes Geraffel wird mittlerweile teurer gehandelt als all die vielen hochglanztotrestaurierten Zustand 1-Investitionsruinen. Manch einer wird sich jetzt angesichts der Fotos seines Oldtimers vor der Restauration ganz schön ärgern.

Damit komme ich zum Ende und freue mich schon ungemein darauf, in den nächsten Tagen wieder mit dem Amilcar spielen zu dürfen.

Gruss ausm Süden,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

schön, wieder von Dir zu lesen, und den Mehari halte ich auch für ein ganz tolles Ding.

Ich bin 1975 mal in einem mitgefahren, im Winter in den italienischen Alpen, der gehörte

einem Skilehrer und man konnte ihn auch mit Skistiefeln an den Schuhen noch fahren.

Und tolle Fahreigenschaften auf Schnee hatte er sowieso.

Und schön auch dass Du mit der JU 52 fliegen und sicher wieder landen konntest.

In Berlin hatten sie auch so ein Ding ( oder war's eine DC 3 ? ), mit der man Rundflüge

machen konnte, nur ist die leider unlängst kurz nach dem Start abgestürzt.

Das ist vor einiger Zeit auch dem 2. von 2 Hamburger Wasserflugzeugen ( ebenfalls

ältere Geräte, aber nicht so alt wie die JU 52 ) passiert, und diese Ereignisse haben

gewisse Zweifel an mir erweckt, ob es ratsam ist, auch in gut gewartete Flugzeug-

oldtimer einzusteigen.

Beim Auto ist es ja meist nicht so schlimm, wenn der Motor mal ausfällt.

weiterhin viel Spass wünscht Dir

Dein eifriger Leser Klaus

  • 1 Monat später...
Geschrieben

Tabula rasa.

Infolge widriger und sehr arbeitsreicher Umstände habe ich jetzt seit rund zwei Monaten keine Minute mit meinem Alteisen verbringen können. Das ist insofern blöd, als ich auch keine weltbewegenden Geschichten zu erzählen hatte.

Aber so eine Auszeit hat auch ihr Gutes. Ich habe sie dann auch genutzt, um eine Art Standortbestimmung vorzunehmen. Fazit: Das Leben ist zu kurz, um Autos in seinen Mittelpunkt zu stellen.

Die ersten zwei Drittel meiner voraussichtlichen Lebensdauer habe ich mich vorwiegend für alte Fahrzeuge begeistert. Dabei habe ich einen riesigen Haufen unnützes Wissen angesammelt - und dank der letzten zwei Monate irgendwie feststellen müssen, dass ich mit meiner Fixierung auf Schrott vieles verpasst oder gar nicht erst wahrgenommen habe, was eigentlich weitaus wichtiger gewesen wäre.

Und so habe ich heute mal reinen Tisch gemacht. Und einen Anhänger voll sogenannter Oldtimerliteratur zur Altpapiersammelstelle gebracht. Nichts wirklich unersetzliches, eher so Zeugs, bei dem ich heute zu Magenkrämpfen neige. So zum Beispiel die gesammelten Werke von Oldtimer-Markt und Motor-Klassik der Jahre 1990 bis 2003. Und natürlich all die bekloppten Bücher zum Thema irgendwelcher Autos oder Motorräder, die ich irgendwann mal gekauft hatte. Ich staune, wieviel Geld ich offensichtlich für Literatur mit dem Informationsgehalt eines Mickymausheftes ausgegeben habe. Zwar mit schönen Bildern drin, aber ich bin jetzt wohl doch über das Alter hinaus, wo man Bilderbücher toll findet.

Und irgendwie bin ich des Sammelns überdrüssig geworden, seit mir mein Körper kürzlich recht ausdrücklich mitgeteilt hat, dass ich nicht in alle Ewigkeit auf ihn zählen werden kann.

Ich mag auch nicht mehr zur sog. Oldtimerszene gehören. Ich mag alte Autos sehr, aber das Brimborium darumherum schon lange nicht mehr. Wenn ich heute meine tägliche Runde durch die verschiedenen, einschlägigen Internetseiten drehe, kommen schon lange nicht mehr die Begeisterung und die Tagträume früherer Zeiten zum Vorschein. Dafür ärgere ich jeden Tag mehr über langweilige Hochpreisauktionen, bei denen das Ergebnis jedesmal wichtiger ist als das verkaufte Objekt. Oder die Schwemme von alten "Rennwagen", die heute das Bild bestimmt. Mehr, als es vor dem Krieg je davon gab... Nicht zu vergessen die haufenweise Fälschungen - besonders blödsinnig vor dem Hintergrund aller Originalzustands- und Kulturgutdiskussionen.

Das Ganze ist für mich mittlerweile zu einem sehr oberflächlichen Jahrmarkt der Eitelkeiten verkommen.

Für mich waren diese Maschinen in erster Linie Geräte, um das Leben und die Welt kennenzulernen. Man kann das Funktionieren solcher Maschinen einfach so hinnehmen, oder man kann sich einen seltsamen Spass daraus machen, die Dinger wirklich kennenzulernen. Dazu gehört allerdings weitaus mehr als nur die grobe Kenntnis der Technik. Wenn man wirklich wissen will, warum etwas genauso gebaut wurde, und nicht anders, dann gehört da sehr viel mehr Wissen dazu. So ist es von grossem Vorteil, wenn man die Entwicklungsgeschichte der Werkzeugmaschinen kennt. Das genügt aber noch lange nicht, genauso müsste man auch wissen, wie diese Maschinen in der Praxis angewandt wurden, und mit was für Werkzeugen darauf gearbeitet wurde. Es gab Zeiten, wo Drehstähle noch von Hand geschmiedet und geschliffen wurden, auch dies wiederum eine recht komplexe Sache. Ebenso müsste man Kenntnis von der Entwicklung so selbstverständlicher Bauteile wie Kugellager oder Zahnräder haben. Was auch wieder Kenntnisse der zu ihrer Herstellung notwendiger Gerätschaften voraussetzt. In Sachen Materialkunde müsste man sich dann ja auch noch auskennen, schliesslich wurden den hochtrabenden Träumen früher Ingenieure gerade durch die damaligen Werkstoffe enge Grenzen gesetzt. Ebenso sollte man ein wenig von der Entwicklung der Dichtungstechnik haben, dann noch von der Lackiertechnik und ihrer Chemie, und wenn wir schon dabei sind: es reicht nicht, die Motoren und ihre Peripherie gut zu kennen. Um sie wirklich zu verstehen, hilft die Kenntnis der damals verwendeten Treib- und Schmierstoffe. Und wirklich lustig wirds, wenn man seine Vorstellungskraft soweit trainiert, bis man einen mehrzylindrigen Verbrennungsmotor im Kopf laufen lassen kann und dabei die Schwingungen erster und zweiter Ordnung auf der Kurbelwelle wahrnimmt.

Genausowichtig ist eine gewisse Allgemeinbildung, denn schliesslich hatte der zeitgenössische Kontext den wohl grössten Einfluss auf die Gestaltung der jeweiligen Fahrzeuge. Sei es nun der wirtschaftliche oder der politische.

Die Liste liesse sich noch recht beeindruckend erweitern.

Bekanntlicherweise führen Antworten immer zu mehr Fragen, und irgendwann hatte ich mich soweit in die ganze Geschichte vertieft, dass ich beim Kutschenbau angekommen war. Was zwar ganz nützlich ist, wenn man die wirklich frühen Automobile verstehen will, wenn sich da nicht irgendwann die Sinnfrage stellen würde. Solange man gerne mitreden mag, kann es ja eine Art Sinn haben, aber was, wenn man nicht mehr mitreden mag ?

So wage ich mich jetzt in einen neuen Lebensabschnitt ohne das ganze "Drumherum".

Es ist irgendwie, wie wenn sich der eigene Götze plötzlich als Flachzange entpuppt. Ich habe mich ein schönes Leben lang für gut gebaute Autos begeistert. An einer wie auch immer garteten Schönheit hatte es eigentlich nicht gelegen, für mich sehen die Autos meiner geliebten Zwanzigerjahre fast alle gleich aus. Wenn ich heute einen Ford T als schön bezeichne, dann ist das eine neue Entwicklung, die vor allem durch die ....ähem.....Ästhetik moderner Fahrzeuge gefördert wurde. Wenn ich heute mit dem Fünfer umgeben von den Auswüchsen der heutigen Autoindustrie herumkurve, dann möchte ich mich immer öfter bei ihm entschuldigen, dass er leider technisch gesehen zur selben Kategorie gehört wie all diese ihn umgebenden Monstrositäten.

Und irgendwie ist es mir heute, angesichts der total aus dem Ruder gelaufenen "Autoindustrie", selber fast peinlich, auf irgendeine, wie auch immer geartete Weise dazuzugehören.

Die nächsten Jahre werde ich mich eher damit befassen, verpasstes nachzuholen, soweit dies machbar ist. Ganz sicher werde ich keine Zeit mehr an Oldtimertreffen, seichte Literatur und Oldtimergelabere verschwenden.

Was aber nicht heisst, dass ich meinen Vorkriegsschrott nicht weiterhin pflege und die diesbezüglichen Erfahrungen mitteile.

Soviel zum Thema. Ansonsten wünsche ich allen weiterhin einen frohen Sommer,

bis bald,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

sehr schade und im ersten Moment etwas traurig klingend, aber im Gesamten gesehen recht nachvollziebar, ich befinde mich in einer ähnlichen Phase, nur dass es sich bei mir um Berufliches dreht. Aber sei´s drum, das Leben erkennen ist immer das schönste, solange man im Frühjahr noch mitbekommt, dass die Blumen wieder beginnen Knospen zu treiben und alles von vorn beginnt, ist doch alles in bester Ordnung........denn allein dieses, merke ich, wird nicht mehr so vielen Leuten zu Teil.

Thomas

  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Soll ja ein Hobby bleiben, keine Berufung. Ganz gut also, gelegentlich mental ein, zwei Schritte zurückzugehen und schauen, ob nicht etwas aus dem Ruder läuft und ob die Gewichtung noch stimmt – Famile, Beruf, Freunde, und dann erst das Hobby. Insofern: Hut ab davor, wenn man die Entschlossenheit aufbringt, entsprechend gegenzusteuern, quasi den Reset-Knopf zu drücken und die Garage für einige Zeit zu meiden. Ein paar Wochenenden pro Jahr mit dem alten Eisen genügen vollauf. Und die Parallelwelt der Hochpreisauktionen und in Südamerika nachgebastelten Bugatti-Klone lässt sich doch auch wirksam und großzügig ignorieren.

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

An alten Autos herumschrauben war mal die Königsdisziplin einiger weltfremder Neurotiker. Damals gab es noch keine wie auch immer geartete Oldtimerindustrie, und der Weg zu Ersatzteilen war dementsprechend anspruchsvoller und sehr viel reizvoller als im Internetzeitalter. Es gab auch keine berufsmässigen Spezialisten, und Hänger waren auch noch nicht so verbreitet. Was blieb dem damaligen Spinner also übrig ? Entweder er kannte jemanden, der sich auskannte, oder er musste selber herausfinden, wie man beispielsweise einen Dynamo neu wickelt. Der besondere Reiz lag damals ohnehin darin, sozusagen die Krone des Maschinenbaus selber zu erfahren und zu verstehen.

Würde man dasselbe bei einem modernen Auto versuchen, dürfte ein Leben nicht lang genug sein.

Aber so langsam finde ich mich damit ab, dass die Welt sich wiedermal verändert hat. Aber irgendwie fühle ich mich schon etwas seltsam, wenn ich sehe, wie aus meiner ehemals eher schräg belächelten Leidenschaft plötzlich ein Massenhobby wird. Aber glücklicherweise hat es auf der Welt genug Platz, jedenfalls noch.

Da meine Gesundheit sich wiedermal etwas beruhigt hat, kam ich auch nicht um einige Werkstatteinsätze herum. Erstes Opfer meines neuerwachten Enthusiasmus war die Lichtmaschine. Beim Zusammenbau hat sich eine krumme Welle gezeigt, die wird nächstens Bekanntschaft mit dem Bleihammer machen. Immerhin liefert sie schon einige Volt beim Drehen, und die sogar richtigherum. Das war nicht immer so.

Dann war da ja noch das Drama um die Zahnradkaskade, die Kurbelwelle, Magnet, Nockenwelle und Lichtmaschine verbindet. Die vorhandene sah ja echt Scheisse aus, der herausgeflogene Stift aus der Andrehkurbel hatte genau auf den Zahnrädern hässliche Spuren hinterlassen und zudem die Welle der Lichtmaschine verbogen.

Also flugs das Internet bemüht (...), und schon war ein Satz neuer Zahnräder unterwegs von Frankreich. Etwas dumm war dann, dass bei einem der schrägverzahnten Räder der Winkel nicht stimmte. Und zwar kräftig, wenn man die Zahnräder sauber ineinandergreifen liess, waren Kurbel- und Nockenwelle um ca. 5° nicht mehr parallel. Ich dachte zuerst, dass es sich um einen einmaligen Ausreisser handelte, aber der Club antwortete mir fröhlich, dass sie die in Frankreich trotzdem einbauen.

Es gibt anscheinend doch gewisse Unterschiede in den mechanischen Kulturen verschiedener Länder. Hierzulande wäre es unvorstellbar, sich so einen Murks in den Motor zu bauen.

Wobei es ja schon schade ist. Der Aufwand zu Herstellung korrekter Zwischenräder wäre ja derselbe gewesen....

Jedenfalls konnte mir dann ein freundeidgenüsslicher Amilcarist mit einem Satz gebrauchter Zahnräder in gutem Zustand weiterhelfen. Nur zeigte sich da dann, dass bei Amilcar recht viel improvisiert wurde. Das originale aber defekte Kurbelwellenzahnrad hat eine Bohrung von 19,5mm, das neue alte Zahnrad aber eine von 20mm. Dafür ist ein Keil in der seltsamen Grösse 1/4" montiert gewesen. Die Keilnut im neuen alten Zahnrad ist aber 6mm, also dreieinhalb Zehntel schmaler. Dieses Problem ist leicht lösbar, im Gegensatz zum zu dünnen Kurbelwellenende. Die Idee der Montage einer Distanzhülse war aus zweierlei Gründen nicht so befriedigend. Erstens ist da die Keilnut, die die Büchse längs durchtrennen würde, und zweitens muss so eine Verbindung zwischen Kurbelwelle und Nockenwelle einiges wegstecken können, im Betrieb wird die Nockenwelle ja gewissermassen von der Kurbelwelle vorwärtsgeprügelt. Und so habe ich mich für die klassische aber mühsame Variante entschieden, ich habe das Wellenende aufchromen lassen. Schichtdicke 300 mikron, also Dickenhartverchromen. Als nächstes steht jetzt das Schleifen an. Dazu muss ich mir allerdings wiedermal zuerst etwas einfallen lassen, denn für eine ganze Kurbelwelle ist unsere Schleifmaschine zu klein.

Nebenbei fummle ich am Benzintank herum. Der braucht, abgesehen von einer Lackierung, neue Stutzen, einen für den Tankfühler, und einen als Anschluss für den Einfüllstutzen. Etwas ähnliches war zwar schon vorhanden, entpuppte sich aber als absolutes Kunstwerk eines grobmotorischen Hartlöters. Die Halterung des Benzintanks bestand aus grobgesägten Holzklötzen, auch nicht ganz mein Stil. Natürlich hätten die Holzklötze es auch getan, aber man kann den Pragmatismus auch übertreiben. Schade ist, dass ich gezwungen bin, den Tank in die Karrosserie zu bauen, statt ihn auf dem Chassis aufzubauen. Aber leider ist die Hütte gerade so schmal, dass man den Tank mühsam schräg durchs Gehölz würgen muss, wenn man ihn innerhalb der Karrosserie verstauen will.

Es geht weiter....

Gruss ausm nassen Süden,

Oliver

Geschrieben
Es geht weiter....

Schön, daß es weitergeht! Deine Reportagen aus einer anderen Welt sind immer wieder faszinierend zu lesen. Bitte hör niemals damit auf, an Deinem "Vorkriegsschrott" herumzubasteln und uns daran teilhaben zu lassen! Auch wenn Du über unsere "alten" Autos und unsere Nöte und Sorgen damit vermutlich nur müde lächeln würdest. Wenn überhaupt.

Schwebende Grüße aus dem Youngtimer ... nein, dem etwas älteren Gebrauchtwagen: Ermel.

Geschrieben

Nichts würde mir ferner liegen als Freizeitrestauratoren modernerer Fahrzeuge zu belächeln. Die Technik wurde ja im Lauf der Jahre nicht einfacher, und wenn ich an solche Maschinen wie eine DS oder einen SM denke, dann weiss ich sehr genau, warum ich sowas selber nicht habe. Ich würde daran verzweifeln. Und darum bewundere ich Menschen, die in ihrer Freizeit ein "modernes" Nachkriegsfahrzeug restaurieren. Und wenn sich einer dann gar daran macht, einem XM neues Leben einzuhauchen, dann staune ich offen und ehrlich. An solchen Autos wimmelt es von komplizierten Geräten, deren Ersatz ja oft einfacher zu beschaffen ist, die man aber auch erstmal genau verstehen muss, bevor man sie aufs Geratewohl ersetzt.

Zudem habe ich schon viele Hobbyrestaurationen gesehen, die sich qualitativ locker mit den Arbeiten der besten Berufsleute der Oldtimerbranche messen können.

Ausserdem fahre ich ja selber auch modernere Autos. Und da unsere Tochter jetzt plötzlich in einem Alter ist, wo sie gerne mit dem Vater und ihrem grossen Bruder zusammen unterwegs ist, kommt der Ponton wieder zu neuen Ehren. Der ist ein 180er Benziner Jg. 53 mit dem alten, seitengesteuerten Wecker aus dem 170er. In der Betriebsanleitung wird der Fahrer extra gewarnt, er besitze jetzt einen schnellen und kraftvollen Wagen. Das brachiale Temperament passt sehr gut zu einer Tütensuppe (Spargelcreme oder Wurzelgemüse) und reicht völlig aus, um bei einem Rennen mit einer Ente dem Selbstwertgefühl des Entenfahrers ungemein zu schmeicheln.

Da ich als Kind noch relativ viele Pontons fahren gesehen habe, war mir lange Zeit nicht bewusst, wie schräg das Design dieses Autos in Wirklichkeit ist. Irgendwie wirkt die ganze Schüssel wurstig, alles ist so rund - ausser der Uhr - irgendwie schwammig und ich habe den Verdacht, dass man in einem Ponton weder dynamisch noch zielstrebig wirkt.

Als ganz früher Vertreter seiner Art verzichtet er noch auf jeglichen Firlefanz späterer Modelle. Besonders schätze ich die Abwesenheit der mercedestypischen Dreiecksfenster. Das sind die Dinger, in die ich manchmal meine Rauchgeräte knalle beim Versuch, die Asche im Fahrtwind zu verstreuen.

Die Kinder sind jedenfalls begeistert vom ungewohnten Fahrkomfort. Und das muss man dem Gerät ja lassen, es liegt sehr weich und satt auf der Strasse. Und die fetten Federkernsessel bügeln die letzten Unebenheiten der Taiga weg, ohne den Abgasen der Passagiere nennenswerten Widerstand entgegenzusetzen. Genial.

Mitten im Armaturenbrett befindet sich ein nettes Radio. Das Gerät alleine ist schon ein Grund, mich nie vom Ponton zu trennen, solange ich schwarzhören kann. Das Ding muss sich zwar mit sechs Volt begnügen, aber es hat UKW und nur die beiden berühmten Knöpfe. Da hier auch jüngere Leser vertreten sind erkläre ich das mal eben. Es gab mal eine herrliche Zeit, wo es noch keine Promillegrenze im Strassenverkehr gab. Damals war Autofahren noch alles andere als langweilig, und technischer Firlefanz hatte eher die Funktion, Aufmerksamkeit bei den ausserhalb des Fahrzeug befindlichen zu erwecken. Die Erfindung des Navis wäre damals sinnlos gewesen, denn schliesslich sah man die Landschaft ja auch durchs Fenster, und man wusste sowieso ganz genau, wo Tante Bertha wohnte, und wie man die Gegend vermeiden konnte.

Bei den Radios beschränkte man sich auch aufs Wesentliche, ein Drehknopf schaltete das Ding ein und regelte dann die Lautstärke, der zweite diente der Frequenzwahl. Geräte, die man ohne Bedienungsanleitung versteht...heutzutage im Zeitalter der Promillegrenze und der Staus unvorstellbar. Und welcher Autofahrer hat nicht schon in einem besonders zähen Stau entnervt vor lauter Langeweile den Inhalt des Handschuhfachs durchgelesen ?

Wie dem auch sei, das Radio in meinem Ponton hat zudem einen sensationell guten Empfang.

Am Amilcar habe ich auch wieder herumgefummelt. Die Kurbelwelle habe ich wieder auf ihr Sollmass verchromen lassen, das ergibt eine Schichtdicke von 0,3mm. Die wird in den nächsten Tagen geschliffen, dann sollte es langsam losgehen mit dem Zusammenbau des Motors. Die anderen Zahnräder sind bereits montagefertig eingepasst, Bei der Nockenwelle muss ich aber noch Distanzscheiben machen, um das Längsspiel auszugleichen.

Soviel für den Moment...

Gruss ausm sonnigen Süden,

Oliver

  • 3 Wochen später...
Geschrieben

Und weiter gehts mit einem herzerfrischenden Bericht aus der Wunderwelt der wurbelnden Kellen und stehenden Ventilen...die Geschichte Amilcar geht weiter.

Die Kurbelwelle ist wieder da. Nach zwei Wochen Wartezeit hat der liebe Spezialist doch noch die nötige Viertelstunde Zeit gefunden und den Lagerzapfen auf sein Sollmass zurückgeschliffen. Der wurde beim Dickenverchromen teilweise mitverchromt und musste wieder auf sein ursprüngliches Mass geschliffen werden. Der eigentliche Grund fürs Verchromen war aber das Wellenende, das gegenüber dem daraufgehörigen Zahnrad einen halben Millimeter Untermass hatte. Das originale, aber beschädigte Zahnrad hatte 19,5mm Bohrung, das neue alte, unbeschädigte jedoch 20mm. Da ich 300 Mikron Chrom auftragen liess, musste das Wellenende nur ganz schwach angeschliffen werden. Noch passte das Zahnrad aber nicht, denn ich wollte da einen so spielfreien Sitz wie nur irgendmöglich. Und so habe ich mich mental ein Jahrhundert zurückversetzt und das Zahnrad liebevoll mit Schleifpaste zum Passen gebracht. Das dauert bei Hartchrom seine Zeit, aber dafür sitzt es jetzt absolut spielfrei und wird mit den Kräften beim Antrieb der recht scharfen Nockenwelle keine Probleme bekommen.

Der Kurbelwellenschleifer gab mir dann noch den eindringlichen Rat mit auf den Weg, ich solle die Kurbelwelle unbedingt öffnen und innen putzen. Der Fachmann im Jura hatte mir zwar gesagt, er hätte die Welle gespült, aber als ich an den Inhalt der Ölwanne dachte, schien mir das plötzlich eine recht gute Idee. Also bohrte ich Löcher in die Aluminiumdeckel, die die inneren Ölbohrungen verschliessen und drehte sie mit einem Ausdreher raus. Dort wo das nicht ging griff ich zur bewährten Brachialgewalt und meisselte sie vorsichtig raus, ohne die Gewinde in der Welle zu beschädigen.

Und was soll ich sagen ? Der Rat war gut, denn in der Kurbelwelle befand sich etwas, das sich gerade noch in Form einer Wurst herausdrücken liess und auch optisch eine verblüffende Ähnlichkeit mit an sich recht alltäglichen braunen Würsten hat. Nur dass die nichts auf der Werkbank zu suchen haben. Ich habe sie aber trotzdem aufbewahrt, denn darin enthalten ist sehr viel Metallabrieb, der von den verschiedenen Unfällen im Lebenlsauf des Motors herrühren dürfte.

Es ist verblüffend, wieviel Arbeit in unansehnlichen Teilen stecken kann. Der vordere Deckel des Motors ist so ein Beispiel. Der deckt die Zahnradkaskade ab und dient zugleich als Durchführung für die Andrehkurbel und als vordere Auflage für den Motor. Ausserdem wird daran die Lichtmaschine befestigt und die Saite des Tourenzählers hat dort auch ihre Aufnahme, von wo sie in die Nockenwelle greift. Der Deckel ist aus Aluminium und wurde irgendwann mal schwarz angemalt. Nach dem Entfernen der Farbe blieb wiedermal die übliche Dreckschicht stehen, die erstmal mit Schleifvlies und Lösemittel entfernt werden wollte. Nach einigem Schrubbeln zeigt sich das Teil jetzt wieder in seinem alten Glanz. Ich schreibe jetzt extra "alt", denn einen neuen Glanz hätte ich viel leichter mit Glasperlstrahlen oder sowas bekommen. Seine Geschichte erzählt der Deckel dann auch noch gleich, denn der berühmte Stift aus der Andrehkurbel hat nicht nur die Zahnradkaskade zusammengeschlagen, sondern auch eine grosse Ecke einer Verstärkungsrippe des Deckels herausgebrochen. Weitere Spuren deuten auf einen unangenehmen Kontakt zwischen Nockenwellenzahnrad und Deckel hin, aber was da genau passiert ist werde ich wohl erst beim Zusammenbau herausfinden können.

Man sieht den Teilen sehr gut an, dass sie aus einer archaischen Kleinserienproduktion stammen. An jedem Gussteil sieht man kräftige Spuren der Nachbearbeitung mit groben Feilen, und die Gussteile sind insgesamt unpräziser und klobiger. Mangelnde Präzision bei den Gussformen führte zu Verschiebungen an Nähten, die dann wiederum mit ein paar kräftigen Feilenstössen geglättet wurden, etc.

Dieselbe Wurstigkeit trifft man auch beim Motorblock an. An sich wäre er ja recht glattflächig, aber selbst die glatten Flächen sind wellig und ungenau, was erheblich zum Charme des Motors beiträgt.

Mit dem Motorblock war ich beim Rettungsschweisser. Als Folge einer früheren Reparatur hat er oben eine Kerbe in der Nähe eines Auslassventils. Die dürfte der Zylinderkopfdichtung nicht besonders zuträglich sein, jedenfalls stellt sie eine heftige Schwächung derselben in einer kritischen Zone dar. Meine Idee war, die Kerbe ganz vorsichtig Pünktchen für Pünktchen zuzuschweissen. Aber da zeigte sich schnell, warum diese Motorblöcke einen etwas heiklen Ruf geniessen. Sie gelten als sehr spröde und anfällig für Spannungsrisse. Soweit ist es glücklicherweise ja nicht gekommen, aber das Material des Motorblocks erwies sich als praktisch unschweissbar bei schwachen Stromstärken. Und mit starken wollte ich nicht herumexperimentieren, also bleibt es bei meiner ursprünglichen Idee, ich werde eine minimale Schwalbenschwanznut in die Kerbe machen und ein Stück Kupfer einklopfen. Das dann oben schön planfeilen und schon sollte mein Problem gelöst sein. Rausfallen kann es auch nicht, denn die Kerbe wird zur Hälfte von der Kopfdichtung abgedeckt.

Ich nähere mich jetzt mit grossen Schritten dem Moment des Zusammenbaus. Noch fehlen etliche kleine Details wie beispielsweise die Stehbolzen. Aber die sind bei richtiger Ausrüstung schnell gemacht und ich mache die immer gerade bei Bedarf. Dann muss ich noch einige Kleinteile wie Spannstifte beschaffen, die man dummerweise eher in einer Hunderterpackung als einzeln bekommt.

Im Alltag hingegen mache ich einen auf fetten Otto und brunze gemächlich mit dem Ponton herum. Selbst in einem an sich recht milbigen Modell aus dem Hause Benz fühlt man sich gleich zehn Kilo schwerer, was zumindest in meinem Fall ein Vorteil ist. Aber da war dann noch die üble Sache mit dem Rost. Ich habe den Fehler gemacht, so Dinge wie Türverkleidungen zu demontieren, und siehe da: das Ding rostet wie eine Ente ! Ich habe dabei noch ganz schön Schwein, denn mein Rost ist in einem frühen Stadium, aber seither bin ich gelegentlich daran, irgendeine Ecke des Pontons zu reinigen, entrosten und dann mit Owatrol zu tränken. Jetzt stinkt das ganze Auto nach Leinöl, aber dafür darf ich mich dann noch lange Jahre an seinem Komfort und seiner kleinbürgerlichen Ausstrahlung erfreuen.

Ausserdem hat er auch sonst so seine Vorteile. So darf unsere sechsjährige Tochter darin vorne sitzen, ohne sich über einengende Dinge wie Sicherheitsgurte oder Kindersitze ärgern zu müssen. Der Anblick eines kleinen Mädchens auf dem Beifahrersitz hat dann vor ein paar Tagen auch prompt ein Polizeiauto dazu verleitet, eine Extrarunde im Kreisel zu drehen, um sich dann hinter uns einzufädeln. Ich konnte dann beobachten, wie die Herren zuerst herumdiskutierten, dann folgte eine längeres Palaver via Funkgerät, und nach einigen Kilometern verschwanden sie dann wieder sang- und klanglos. Zwei Dinge freuen mich daran ganz besonders: erstens hätte mich derselbe Spass in einem modernen Auto richtig viel Geld gekostet, und zweitens musste nicht ich die Herren belehren, dass mein Auto altershalber von modernen Zwängen befreit ist. Das nenne ich mal guten Service !

Einem interessanten Phänomen bin ich dann auch noch begegnet. Einer meiner Nachbarn ist mit einem riesigen Chevy Impala ca. 1958 aufgekreuzt. Ein abslut beeindruckendes und recht skurriles Gefährt, das bei jedem als erste Frage die nach dem Verbrauch erweckt. Und da wurde mir plötzlich bewusst, dass ich schon mein ganzes Leben lang Fahrer grosser, alter Autos sagen höre, dass sie mit 8-12 Litern durchkommen. Angesichts von Vergaserdüsen, die man hierzulande auch in Spülkästen einbauen würde, fragt man sich da schon...

Soviel mal wieder zum galoppierenden Wahnsinn in der neurosengeplagten Werkstatt am Alpenrand,

Gruss,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

letztes Wochenende war bei uns imm Nachbardorf ein Oldtimertreffen.

Dort war unteranderem auch ein Amilcar. Was ich nicht verstanden haben das der Gaserzeuger der Karbidlampe liegend am Auto angebracht war. Wie funktioniert das dann?

Ich kenne nur die stehende Ausführung wo entweder Wasser auf das Karbid tropft oder eben die Karbidsteine ins Wasserbad abgesenkt werden. Aber wie funktioniert das ganze wenn der Gasgenerator liegend angebracht ist?

Viele Grüße aus Aachen,

Edgar

  • 4 Wochen später...
Geschrieben

Mahlzeit !

vom Gasgeben verstehe ich wohl mehr als vom Gasleuchten. Aber ich würde mir da keine Gedanken machen, ich kenne niemanden, der seine Karbidbeleuchtung mehr als einmal verwendet hat, jedenfalls in der Neuzeit.

Obgleich ich ja in einem reichlich verdächtigen Land lebe, liegen mir schwarze Finger weitaus mehr als schwarzes Geld. Und darum bin ich gar nicht so traurig über folgendes...

Die Luft ist raus !

Und zwar beim Klausenrennen. Bzw. dessen erneuter Neuauflage im nächsten Jahr. Für diejenigen, die den Blödsinn nicht kennen: in der Frühzeit des Motorsports führte ein europaweit bekanntes Bergrennen auf den Klausenpass zwischen den Kantonen Uri und Glarus in der Schweiz. Dieses erlebte 1993 sein erstes Revival, seither wurde es noch einige Male wiederbelebt. Das beeindruckendste war vielleicht, mit welcher Verbissenheit mancher Fahrer versuchte, auf der mittlerweile modern ausgebauten und asphaltierten Strasse den Rekord der Schotterpiste von damals zu brechen. Erstmal erfolglos, aber anscheinend soll es dann beim zweiten oder dritten Revival doch noch geklappt haben. An sich eher erbärmlich, wenn man die technischen Möglichkeiten beider Epochen gegenüberstellt.

Aber es war doch immer ein herzerfrischender Jahrmarkt der Eitelkeiten für die besser Betuchten. Immerhin konnte man sein teures Hobby einem zahlenden Publikum präsentieren und sich gleichzeitig einbilden, authentische Grandprixatmosphäre zu erleben.

Nun scheint es, dass sich die Zeiten grundlegend geändert haben. Dazu lasse ich mal eben den Glarner OK-Präsidenten Fritz Trümpi zu Wort kommen, respektive zitiere ihn aus der Luzerner Zeitung:

"Es hat sich gezeigt, dass das heutige Konzept den gesellschafts- und umweltpolitischen Veränderungen angepasst werden muss" lautet die noch etwas merkelhaft vage formulierte Einleitung, um dann aber gleich Klartext zu reden: "Wir haben zuwenig Sponsoren gefunden, die bereit sind, den Anlass mit einem Budget von knapp 3 Millionen Franken in der bisherigen Form zu unterstützen. Die grossen Geldgeber suchen mehr Nachhaltigkeit und ein höheres ökologisches Level."

Also doch ! Ich hätte es ja kaum zu hoffen gewagt, aber wir entwickeln uns weiter.

Vor einigen Wochen las ich, dass das Automobil seinen Stellenwert als Statussymbol rapide verliert, jedenfalls hier in Westeuropa. Was mich nicht wundert, wird heute doch jedem ein Leasingvetrag in den Hintern geschoben, wenn er nur in der Nähe eines Neuwagenhändlers vorbeischleicht. Der Rest der velorenen Faszination geht auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und die Unfähigkeit der Autoindustrie, wirklich faszinierende Autos zu bauen zurück. Dafür durfte ich die erbauenden Zeilen lesen, dass der Ankauf eines neuen Opels beispielsweise gleichviel Prestigewert besitzt wie der einer neuen Waschmaschine. Wörtlich.

Abschliessend lasse ich nochmals den Herrn Trümpi zu Wort kommen: "Wir müssen die heutigen Marken konzeptionell mit ins Boot nehmen und sie als Partner partizipieren lassen, indem sie heutige und künftige Technologien präsentieren können. Die Technologie der Dreissigerjahre des 20. Jahrhunderts hat ausgedient."

Wohlgemerkt: diese Worte purzelten aus dem Mund des OK-Präsidenten eines der grössten und prestigeträchtigsten Oldtimer-Rennanlasses überhaupt. Aber zuerst möchte ich doch noch hämisch fragen, wer wohl die angenehme Atmosphäre eines Autosalons mit einem zugigen Alpenpass tauschen möchte ? Bisher zeigten moderne Hersteller ihre heutige und künftige Technologie gerne vor Millionenpublikum an Autosalons, warum sollten sie sich vor kleines Publikum in die Hochalpen zurückziehen wollen ?

Aber der eigentliche Hammer ist ja eher der Satz mit der ausgedienten Technologie der Dreissigerjahre an einem "historischen" Bergrennen. Wenn man in solchen Momenten normalerweise an den Begriff Sargnagel denkt, dann müsste jetzt eigentlich die Pfählmaschine auffahren.

Ironie des Schicksals: als Illustration des Zeitungsartikels dient ein Bild von einem American LaFrance "Rennwagen" auf der Klausenstrasse, bekanntlich einem umgebauten Pumpfahrzeug amerikanischer Feuerwehren - einer sogenannten Kasperbude.

Ganz zum Schluss dann noch die herbe Rückkehr in die Realität. Der Amilcarmotor ist fast bereit zur Endmontage. Ich habe nochmals etliche Arbeitsstunden investiert und so ziemlich alle Einzelteile soweit montagefertig gemacht. Morgen besorge ich mir noch einen Satz frischer Ventilfedern. Dann geht die Fotografiererei los, und bald gibt hier dann wiedermal etwas zu sehen.

mit breitem Grinsen

Oliver

PS. Für drei Millionen Franken kann man hier ein modernes und recht ökologisches Zehnfamilienhaus bauen - oder eben....

Geschrieben

PS. Für drei Millionen Franken kann man hier ein modernes und recht ökologisches Zehnfamilienhaus bauen - oder eben....

Thank you for the compliment!smileynormal.ico

Zurecht, die Schweizer nehmen ja nicht jeden auf.

Allerdings, ich sehe 2 Probleme, bekommt man die da wirklich alle unter ? Und, was geschieht mit den entsiedelten Gebieten ?

  • 1 Monat später...
Geschrieben

Wer sind eigentlich "die Schweizer" ? Vier von zehn Schweizern stammen aus dem Ausland. All die aufsehenerregenden Volksabstimmungen der letzten Jahre wurden letztendlich von einem recht kosmopolitischen Haufen entschieden. Während man den alphornrauchenden, edelweissbestickten Gemütsmenschen hier auch nur noch an besonderen Anlässen antrifft.

Aber die Vorstellung, dass für einen lächerlichen Oldtimeranlass drei Millionen Franken an einem Wochenende verpulvert werden sollen, finde ich schon irgendwie belämmert. Ohne Lämmern etwas unterstellen zu wollen. Aber eigentlich kann mir das ganze Treiben ja herzlich egal sein, es ist ja nicht mein Geld, das dort verblödelt wird. Der einzige Wermutstropfen ist halt, dass man als Fahrer von Vorkriegsgerümpel leicht in dieselbe Schublade gesteckt wird.

Mir persönlich macht das Instandstellen uralter Autos besonderen Spass, wenn kein dickes Budget zur Verfügung steht. Die Kosten für eine professionelle Motorinstandsetzung würden meinen Rahmen heftig sprengen, während ein Satz neue Kolben und das Honen der Zylinder noch vertretbar sind. Womit wir wieder beim Objekt der Begierde wären...

Mittlerweile sind die Ventile gereinigt, geradegebogen und eingeschliffen. Die Montage war harmloser als befürchtet. Bei seitengesteuerten Motoren gestaltet sich die Montage der Ventile meist mühsamer als bei moderneren Motoren. Die Federn müssen von unten über den Ventilschaft geschoben werden, dann werden sie samt Teller mit einem geeigneten Werkzeug nach oben gedrückt, dann wird erst die Kontermutter aufgeschraubt, dann die Endkappe. All diese Teile unterliegen in solchen Momenten einer besonders starken Gravitation. Aber solange keine Ölwanne unter dem Motor ist, führt das nur zu klassischen mechanischem Durchfall.

Die Nockenwelle liess sich dann ganz problemlos hineinschieben. Den Kontakt zwischen Nocken und Endkappe des Ventils stellen dann eine Galerie Schlepphebel her, die zu guter Letzt eingebaut werden wollen. Dazu muss dann nochmal das eine oder andere Ventil von Hand angehoben werden. Die verbogenen Ventile dürften auf weniger sanfte Montageversuche der Schlepphebel zurückzuführen sein. Der Ventiltrieb ist somit wieder eingebaut und bereit zum Einstellen. Wobei ja nicht nur das Ventilspiel eingestellt werden muss, sondern auch die korrekte Stellung zur Kurbelwelle.

Die Kurbelwelle habe ich dann erst noch mehrfach gereinigt, neue Verschlussdeckel aus Aluminium gedreht und sie dann damit verschlossen. Um sie zu sichern habe ich sie mit Loctite montiert und dann mit einigen Körnerschlägen am Rand verstemmt. Als nächstes waren die aufgeschraubten Ölleitungen aus Kupfer dran. Da die Kurbelwangen nicht hohl sind wie die Zapfen, muss das Öl über halbkreisförmige Kupferrohre von einem Wangenende zum anderen transportiert werden. Diese Leitungen sind mit Flanschen auf der Kurbelwelle befestigt. Und natürlich sah das alles recht alt aus. Nach dem Überarbeiten der Dichtflächen, dem Anfertigen neuer Dichtungen aus speziellem Dichtungspapier und dem Überarbeiten der Schrauben konnte ich die Ölleitungen dann wieder montieren. Die Schrauben werden in diesem Fall mit verzwirbeltem Draht gesichert, immer zwei zusammen. Meine Versuche, dies mit sog. Blumendraht zu tun, ergaben kein wirklich vertrauenswürdiges Resultat. Schliesslich sollte der Draht selber ja nicht zur Störungsquelle werden können. Fündig wurde ich schliesslich bei Draht aus reinem Nickel, der sich genausogut verzwirbeln liess, aber viel reiss- und bruchfester ist. Davon hatte ich mal in weiser Voraussicht vor vielen Jahren eine Spule aus einem Alteisenfass gefischt.

Weiter gings mit der Montage der Kolben. Beim Amilcar werden die Kolbenbolzen im Pleuel festgeklemmt, die bewegliche Lagerung findet im Kolbenauge statt. Der Vorteil dieser Idee ist, dass die Reibflächen viel grösser ausfallen, dadurch wiederum die Kräfte auf der tragenden Fläche der Lagerung geringer, was wiederum die einfachere Lagerung direkt im Aluminium des Kolbens ermöglicht. Weiterhin ist der Kolbenbolzen so sehr effektiv gegen ein seitliches Verrutschen gesichert - er besitzt zudem eine Quernut, durch die die Klemmschraube geht.

Dafür ist die Montage etwas mühsamer.

Um die fertige Kurbelwelle einzubauen, müssen vorgängig die Kolben mit den Pleueln von unten in die Zylinder eingeschoben werden. Dann wird das vordere Lager, ein solides Teil aus Bronze mit Weissmetallfüllung, in den Motorblock geschoben. Als nächstes folgt die Kurbelwelle mit den hinteren Lagerträger. Nachdem dieser festgeschraubt ist, können zuerst die Kolbenringe aufgesetzt werden. Dann werden die Kolben wieder nach unten in die Zylinder gefahren und soweit nach unten gefahren, bis die Pleuellager auf der Kurbelwelle aufsetzen. Nun gilt es eigentlich nur noch die untere Pleuelhälfte richtigrum zu montieren.

Man könnte also sagen, dass der Motor im Rohbau fertig ist. Die Zahnradkaskade ist auch soweit fertig eingepasst, jetzt müssen nur noch die Steuerzeiten eingestellt werden.

Sonst kann ich im Moment auch nicht viel berichten. Im Moment gestaltet sich mein Alltag abwechslungsreich genug um wenig Zeit für private Spässe übrigzulassen. Es scheint nämlich so, dass nächstens unsere ganze Familie wieder in der Ausbildung stecken wird...

Das sollte für den Moment genügen, und sei es auch nur als kleines Lebenszeichen.

mit Grüssen ausm Süden,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

schön, eine (kleine) Fortsetzung zu lesen - hatte mir schon Sorgen gemacht, es würde noch länger dauern. Daher Danke und viel Erfolg beim ersten Start des 'neuen' Motor...!

Gruß Sven

Geschrieben

Maserati hat am C114 nur MESSINGDRAHT verwendet. WENN ein Stückchen abbricht, und in die Ölpumpe kommt, passiert erstmal nix. Das schafft sie.

Bei Stahl-, oder Nickeldraht wäre ich da sicher, das dann die Pumpe stehenbleibt. Finis....

Carsten

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Von den Problemen bei Maserati scheinen die bei Amilcar etwas gewusst zu haben. Jedenfalls befindet sich auf dem Ansaugstutzen der Ölpumpe eine grosser Filter aus feinem Drahtgeflecht. Was auch nicht dumm ist, denn die Pumpe würde in ihrer Form als zweiflüglige Flügelzellenpumpe so ziemlich alles pumpen, ohne sich dabei zu verklemmen. Eine Tatsache, über die ich alles andere als unglücklich bin, seit ich weiss, was sich bis vor kurzem in der Ölwanne befand.

Im Moment macht mir das abgesägte Chassis des Amilcar noch etwas Kopfzerbrechen. Zuhinterst war zwar wieder eine Quertraverse eingebaut worden, die hatte aber schon Schlagspuren auf dem Differential hinterlassen und konnte ganz sicher nicht da bleiben, wo sie war. Und so studiere ich gerade an der möglichst elegantesten Lösung herum, damit sich das Chassis nicht allzusehr beim Einfedern verwindet. Eigentlich sind da hinten ja nur noch die Stossdämpfer befestigt, die Federn sind viel weiter vorne befestigt. Aber auch die geben ganz schöne Kräfte ab, die beherrscht werden wollen.

Sonst gibt es hier nicht viel Neues zu berichten. Im Moment wiederholt sich hier das Geheul, das bei Euch zur Einführung der Umweltzonen losging. Irgendjemand in Bern ist da wohl auf keine eigene Idee gekommen. Also Blödsinn wie immer, nix Neues halt.

Gruss aus dem Süden,

Oliver

Geschrieben

Hallo Oliver,

bleib bitte, wie du bist.

Lesenswert und liebenswert.

Gruß Herbert

Geschrieben

Hi,

die Probleme bei Maserati mit dem Draht in der Ölwanne waren nur so geschätzte 40 Jahre NACH dem Amilcar :-)

Carsten

Geschrieben

Naja, lieber spät als nie.... Aber da haben die Jungs bei Maserati ja ganz unitalienisch lange gebraucht bis sie dein Problem entwickelt hatten, das Amilcar schon eine Generation früher gelöst hatte. Hightechgerümpel halt...

Gruss,

Oliver

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Letztes Wochenende war mal wieder Teilemarkt. Oder sogar zwei davon, glücklicherweise nur drei Kilometer voneinander entfernt.

Das war dann auch schon das Beste daran.

Meine Epoche neigt sich ihrem Ende zu. Ganz unverblümt. Ich war noch nie so schnell durch bei einem Teilemarkt. Mein Hauptinteresse und mein im Laufe vieler Jahre geschultes Auge gelten in erster Linie seltsamem Vorkriegsschrott. Und genau da wird die Luft jetzt langsam dünn. Das Wenige, was überhaupt noch auftaucht, ist oft mit Preisen versehen, für die man noch vor Kurzem einen kompletten 2CV bekommen hätte. Oder, was noch viel schlimmer ist: es ist "restauriert". Und kostet dann gleich das Dreifache. Wobei das ja noch ginge, aber dafür ein Teil, das aussieht, wie wenn es gerade aus der indischen Fälscherwerkstatt kommt ? Vor einiger Zeit tauchten auch plötzlich ganz viele unheimlich originale Motorradscheinwerfer auf, die schliesslich auf hohe Fähigkeiten der Inder schliessen liessen.

Meinen Kumpels fielen dann auch prompt die vielen Scheinwerfer zu Vorkriegsautos auf, die auf den Markttischen um die Wette glänzten. Da diese ganz offensichtlich infolge ihrer Vielfalt keine indischen Nachbauten waren, fragten wir uns, warum ausgerechnet soviele Scheinwerfer auf die Seite gelegt wurden. Ich vermutete, dass diese öfters als teures Zubehör montiert wurden, das beim Weitergeben des Autos abgeschraubt und auf die Seite gelegt wurde. Meine Kollegen äusserten den Verdacht, dass viele Autoverwerter damals die Scheinwerfer auf die Seite gelegt haben, da dafür ja immer irgendeine Nachfrage bestand. Wie heute ja auch noch, und Steinschlagschäden gibt es fast auf den Tag solang, wie es Glas gibt.

Glücklich also derjenige, der nur neue Lampen sucht. Noch glücklicher, wenn er sie noch nicht gleich braucht, denn das Überangebot dürfte über kurz oder lang zu einem Preisverfall führen. Soviele Vorkriegsautos ohne Scheinwerfer tauchen ja nicht mehr aus Scheunen auf.

Armes Schwein, wer etwas ausgefalleneres sucht, wie eine Kühlermaske oder eine Lichtmaschine. Erstere sind auf Teilemärkten fast ausgestorben, während letztere vielen Händlern zu schwer sind und sich auch nicht gerade wie Döner verkaufen lassen.

Ob das Händlerangebot aber wirklich auch die Interessen der Besucher widerspiegelte, wage ich zu bezweifeln. Sonst müsste ich von einem recht infantilen Haufen ausgehen, gemessen an der Zahl der Spielzeugautohändler. Oder heissen die Dinger jetzt Modellautos ? Aber rein optisch sah das Publikum gar nicht so verspielt aus, und die meisten sahen auch nicht aus, als ob sie stundenlang dröge Oldtimerliteratur wälzen. Andererseits hatte es dort ja auch nur Supermechaniker. Etwas vom besten war es, in fremde Gespräche hineinzulauschen. OK, Kolbenrückholfedern hätte man dort nur wenige verkaufen können, aber Druckluftautos ....!

Jedenfalls lohnt es sich eigentlich kaum mehr an solche Märkte zu fahren. Sinnvoller scheint mir da das Durchsuchen meiner Altbestände aus Jugendjahren. Da hat es auch so geheimnisvolle Zonen voller Vorkriegsschrott, den ich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen habe.

Nach anderthalb Stunden hatten wir dann beide Märkte absolviert und waren ganz froh, früh wieder auf dem Heimweg zu sein. Und wie jedes Jahr haben wir uns fest vorgenommen, dass diesesmal das letzte war...

Aber mittlerweile macht die Jagd im Internet ja wirklich mehr Spass. Dazu dann mehr nächstesmal,

mit frohem Gruss,

Oliver

Geschrieben

Viele Leute haben kein Geld mehr für RICHTIGE Autos. Daher kaufen sie dann Modelle, Tinnef, um etwas "näher" zu kommen.

In Zeiten der lustigen Inflation wird es aber auch so langsam richtig finster, wenn man z.B. einen Oldie aufbauen will. Mal eben vom Familieneinkommen TAUSENDE abbuchen für Teile oder gar Lack zu deutschen Preisen ?

Schwierig, schwierig.

Ich hänge am E.

Fest.

Leider.

Pleite: Carsten

Geschrieben

Warum kaufen dann nicht mehr Männer Barbiepuppen ? Schöne Frauen haben ja auch oft ihren Preis.

Aber es stimmt leider schon, die wirklich interessanten Bereiche des Oldtimerhobbies sind mittlerweile in Preisregionen angelangt, wo der schraubende Familienvater nicht mehr mithalten mag. Geht mir auch so. Im Moment stehen wichtigere Dinge im Vordergrund, wie die Ausbildung unserer Kinder. Mein freies Budget bewegt sich momentan im zweistelligen Bereich. Darum denke ich auch öfters mit Bedauern an die Zeiten zurück, als mein geliebtes Alteisen noch Spielzeug einiger weniger Freaks war, während die meisten es als Schrott entsorgten.

Aber was erwartet man in einer Epoche, in der es sechzehn mal mehr Brooklands-Rileys gibt, als je die Fabrik verlassen haben ? Oder wo stinknormale (und recht charmante) Limousinen der Marke Riley seltener sind als deren Umbauten, auch Speschl (Special) genannt ?

Ich geh dann mal an meinem weiterbauen...

Geld für RICHTIGE Autos hatte ich noch nie. Gottseidank, denn was könnte spassiger sein als eine Ente ? Die sich übrigens immer noch für vergleichsweise kleines Geld restaurieren lässt, so im Vergleich...

Gruss ausm sonnigen Süden

Oliver

Geschrieben

Manchmal, wenn ich so am Drehbank herumkurble, irgendwelche Metalle zum Zusammenspiel bringe und den Tanz mit Schiebelehre und Drehstählen tanze, dann denke ich, dass das der wirklich reizvolle Teil an der ganzen Arbeit ist. Hoffentlich bleibt mir mein gutes Gehör noch lange erhalten ! Gute Augen sind zwar wichtig beim Drehen und Fräsen, noch wichtiger sind aber die Ohren. Lange bevor man den Drehstahl schaben sieht, hört man ihn. Gerade für so halbalte Knilche mit beginnender Altersweitsichtigkeit ist das eine angenehme Erkenntnis. Natürlich gibt es auch Brillen, aber was nützen einem die, wenn man sie ohne Brille nicht findet ?

Nur noch eine Handvoll Schrauben an den hinteren Bremstrommeln. Dann habe ich das Auto wirklich bis auf die letzte Schraube zerlegt gehabt. Was weit von meiner ursprünglichen Absicht entfernt ist, aber mittlerweile höllisch Spass macht. Jede Schraube erzählt von der bewegten Geschichte des Autos, zum Glück lassen sich die meisten retten. So wird auch weiterhin ein lustiges Konglomerat von Schrauben verschiedenster Epochen mein Auto zieren.

Man würde es kaum glauben, wieviel Aufwand in unsichtbaren Teilen stecken kann. So hatte ein Zahnrad der Nockenwellenkaskade ein Ölschleuderblech aufgenietet. Das soll eigentlich verhindern, dass Öl beim Wellenende zum Zündmagneten rausleckt. Simmerringe gabs damals wohl noch nicht, und Ölverluste waren gesellschaftlich noch akzeptiert. Leider hatte das Ersatzzahnrad aus Frankreich ein anderes, etwas kleineres Blech drauf und streifte prompt am vorderen Gehäusedeckel. Also musste das alte Blech aufs frische Zahnrad, und dazu mussten drei Aluminiumnieten gedreht werden. Senkkopfnieten mit einem sehr sorgfältig eingepassten Kopf, da dieser unter keinen Umständen vorstehen durfte. Um sie zu verstemmen musste ich mir dann noch einen kleinen Schlagstempel basteln. Einige Schläge später sass die Scheibe dann, aber es waren doch so um die drei Arbeitsstunden. Für drei unsichtbare Nieten.

Und solcher Teile gibt es recht viele, selbst an einem so spartanischen Gefährt wie einem Amilcar.

Dann habe ich mir trotz knappem Budget nochmals einen teuren Spass erlaubt. Ich habe im Internet zwei Marchal Monocle Zusatzscheinwerfer gefunden. Das sind trommelförmige Linsenscheinwerfer, die wie ihr Name sagt das Licht mittels einer fetten Linse bündeln. Also einer Art optischer Vorwegnahme modernerer Xenonlampen. Dazu passende Halter habe ich dann auch noch gleich in England gefunden. Die Dinger dürften so um Weihnachten herum hier auftauchen. Ob es Breit- oder Weitstrahler sind weiss ich allerdings auch noch nicht. Aber aussehen tun die Dinger herrlich schräg.

Nachdem ich dank dem letzten Teilemarkt jetzt weiss, dass mein Auto etwa soviel gekostet hat wie sechzehn dazu passende Lichtschalter, habe ich mich nochmal sehr intensiv mit meinem Lichtschalter befasst. Und konnte endlich das Rätsel um das Schaltschema aufdröseln. Jetzt führt kein Weg mehr am Erstellen des Verdrahtungsplans herum, damit ich die Kabel in England bestellen kann. Dort habe ich recht günstige Quellen mit einem sehr breiten Angebot verschiedenster baumwollumflochtener Kabel gefunden.

Nicht etwa, weil ich möglichst original vorgehen will. Die Illusion habe ich längst begraben, mein Amilcar ist weit entfernt vom zugrundeliegenden, originalen Auto, und daran soll sich auch gar nichts ändern. Er wird irgendwann in die Kategorie Oldtimer fallen, die mindestens ebensoviel über ihre Besitzer erzählen, wie über ihre Erbauer. Wobei...das ist irgendwie blöd gesagt, denn die Grenze zwischen beiden ist da ja nicht so klar gezogen. Ich sehe mich da klar in der Fortsetzung jenes Menschen, der den Wagen als dreissigjährigen Schrotthaufen gerettet hat und dann begann, sich einen Sportwagen nach persönlichem Geschmack und Humor zu bauen. Das war um 1960 herum. Glücklicherweise war sein Konzept stimmig und das Auto sieht dementsprechend nicht wie eine Bastelbude aus. Originell dürfte jedoch die lange Bauzeit sein, die sich jetzt ziemlich genau über ein halbes Jahrhundert erstreckt. Das kommt wohl dabei heraus, wenn Belgier und Schweizer zusammen ein Auto bauen. Oder der Schweizer die Baustelle vom Belgier vollendet, wie auch immer.

Um diesen Eindruck zu stärken, und aus persönlichem Spass an der Freud wird die ganze elektrische Ausrüstung mit klassischen Materialien gemacht, also umflochtene Kabel und viel Bakelit. Einzig bei der Lichtmaschine studiere ich immer noch an einer Alternative herum. Die vom VW T1 würde prinzipiell passen, nach einigen Änderungen. Das würde dann auch längere Nachtfahrten ermöglichen.

In fünf Tagen feiert der Amilcar seinen ersten Geburtstag bei mir. Gemäss meinen ursprünglichen Illusionen sollte ich jetzt schon seit acht Monaten damit herumfahren...

Das wäre dann mal wieder der aktuelle Zwischenbericht aus der neurotischen Werkstatt am Alpenrand,

Gruss,

Oliver

Geschrieben

Bei Deinen Berichten fällt mir ein Buch ein, das ich momentan lese:

"ich schraube, also bin ich"

Bitte mehr mehr mehr mehr Oliver.

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