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Finanzkrise - und so geht es weiter


Empfohlene Beiträge

Geschrieben (bearbeitet)

Angriffe auf die Troika-Experten (Zitat aus Spiegel Onlinie)

Dem Bericht zufolge sehen sich die Mitglieder der Troika in Griechenland Angriffen und Anfeindungen ausgesetzt. Die drei Delegationsleiter gingen nicht mehr ohne Personenschützer aus dem Haus und nähmen auch für kurze Wege aus Sicherheitsgründen einen Wagen. "Menschen drücken ihre Frustration manchmal in sehr unerfreulicher Weise aus", sagte Thomsen. "Das gehört zu den unschönen Seiten meiner Arbeit. Und in dieser Intensität ist das neu für mich."

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Ich verstehe nicht, warum die Herren verwundert sind.

Ob die Herren der Troika noch nicht gemerkt haben,

dass die Zeiten von Hinterzimmerkungeleien vorbei sind.

Es geht halt ans Eingemachte.

liebe Grüsse

Bearbeitet von Büestry
Geschrieben

Bankenkrise 2011 - jetzt gehts los

Dexia wird für Rettung zerschlagen

Brüssel (dpa) - Der französisch-belgische Finanzkonzern Dexia soll für seine Rettung zerschlagen werden. Das berichten belgische Medien. Der Verwaltungsrat habe darüber am Abend in Brüssel beraten. Die Regierungen Belgiens, Frankreichs und Luxemburgs hatten sich vorher auf höchster Ebene auf eine gemeinsame Linie verständigt. Die Dexia war als erstes großes europäisches Kreditinstitut in der Euro-Krise in Turbulenzen geraten. Wie es heißt, will Belgien etwa vier Milliarden Euro für die Übernahme der Dexia Banque Belgique zahlen.

09.10.2011 22:35 Uhr © Rhein-Zeitung Impressum

Geschrieben
Bankenkrise 2011 - jetzt gehts los

Ich korregiere ja ungern Rechtschreibfehler, aber muus "Bandenkrise 2011" heissen.

Geschrieben

Die Bankenkrise bzw. Bandenkrise geht nicht erst mit DEXIA los. Seit 2008 werden viele Großbanken intern umstruktiert und bisherige Geschäftszweige an andere Banken übergeben. Wenn ich abends vor der Glotze sitze und mir Werbung von den Commerzlern anschauen darf, dann frage ich mich: "Ach, dafür haben die noch Geld..."

Der Eine oder Andere hier hat vielleicht schon Erfahrungen bei seiner Hausbank machen dürfen, daß für das eine oder andere Segment keine Budgets zur Verfügung gestellt werden können.

DEXIA will man jetzt wohl aus dem finanziellen Schlamassel Belgiens herausziehen.

Geschrieben
So geht die Geschichte weiter

Alles beim alten, Deutschland ist & bleibt Zahlmeister der EU.

So, wie die Masse der Medien berichtet, muß man den Eindruck gewinnen, als sei Deutschland der Zahlmeister in der Eurokrise:

… die Behauptung, ‚die Deutschen’ leisteten laufend großzügige Hilfen an Griechenland und andere Krisenländer, ist falsch. Tatsächlich hat Deutschland europäischen Nachbarländern bislang keinen einzigen Cent geschenkt und profitiert sogar von der Krise! Die Zahlungen aus den Rettungspaketen für Krisenländer bestehen aus Krediten, für die die Empfänger Zinsen zahlen müssen – zum Teil gut 5 Prozent. … Das ist kein ‚großzügiges Geschenk’ für den Schuldner, sondern ein gutes Geschäft für den Kreditgeber. Griechenland hat bis vergangenen Juli allein für den deutschen Anteil am ersten, 2010 geschnürten Hilfspaket 198 Millionen Euro Zinsen an die staatseigene

deutsche KfW-Bank überwiesen. Der deutsche Staat profitiert aber auch noch in anderer

Weise von der Krise: Der Zinssatz, den die Bundesregierung bei ihrer eigenen Kreditaufnahme zahlen muss, sinkt nämlich, wenn die Nachfrage nach deutschen

Staatsanleihen – den staatlichen Schuldscheinen – steigt. Weil die Unsicherheit in anderen Staaten derzeit so hoch ist, reißen sich Anleger geradezu darum, dem ‚sicheren Schuldner’ Bundesrepublik Geld leihen zu dürfen. Die Nachfrage nach Bundesanleihen

ist hoch wie nie, die Zinsen für Deutschland fallen, während sie für andere Staaten steigen … Die Landesbank Bremen hat ausgerechnet, dass der deutsche Staat zwischen Anfang 2010 und Mitte 2011 allein durch die krisenbedingt niedrigen Zinsen rund

18 Milliarden Euro gespart hat. … Teuer kann es für die deutschen Steuerzahler allerdings

werden, wenn ein Krisenland wie Griechenland die erhaltenen Hilfskredite nicht zurückzahlen sollte. Dies kann passieren, wenn das Land immer tiefer in eine

Rezession rutscht, weil der Sparkurs zu radikal ist. Dann bleiben auch die erhofften Steuereinnahmen aus, mit denen doch Zinsen und Tilgungen bestritten werden

sollen. …

Quelle: “Deutschland als Zahlmeister?â€

Erkennt hier noch jemand im Mediennebel, wie doppelt schädlich das von deutschen Politikern (beiderlei Geschlechts!), von betalkten Schwätzern und desinformierten (!) wie desinformierenden (!) Journalisten (zu faul zur seriösen Recherche!) Abgesonderte ist?! (Also mir hat es noch nie gefallen, wenn jemand an der Not anderer verdient!)

Aus meiner Sicht sind weder „Griechen“ noch „Piraten“ das Problem, sondern eine Ablenkung. Denn das Kernproblem ist das deutsche Wirtschaftsmodell, das nicht nur anderen, sondern genauso der eigenen Bevölkerung schadet. Es ist nicht nur nicht exportfähig (und grotesk wird es, wenn man es mit einer „Schuldenbremse“ für alle paart!), sondern es ist g e s c h e i t e r t! Das heißt wir brauchen eine Korrektur der beiden Hauptkonstruktionsfehler der EWU, bevor sie w e g e n dieses absurden Wirtschaftsmodells auseinanderfliegt.

A b e r vorher müssen (selbstverständlich!) erst noch die Banken gerettet, d.h. (wieder!) rekapitalisiert werden, da dazu aber keine privaten Anleger bereit sind (wegen ihrer “systemischen†Bedeutung, ihrer Vernetzung untereinander und ihren vielen Bilanz-Unklarheiten [“Schrottpapiereâ€]), bleibt nur die Öffentliche Hand, das zu tun.

Eine solche (wiederholte!) Bankenrettung kann aber nur dann Sinn machen, wenn man die Banken nicht nur rekapitalisierend stabilisiert, sondern man sie mit dem Label „Öffentliche Banken“ versieht, und zwar alle (also auch die nicht akut betroffenen)!

Während des folgenden Procederes bleibt die Versorgung der realen Wirtschaft mit Kapital ungebrochen (wegen der Einhegung aller Banken durch die Öffentliche Hand) und die Spareinlagen bis zu einer zu diskutierenden Höhe garantiert.

Als erster Umwandlungsschritt werden die relevanten Positionen mit vertrauenswürdigen (d.h. gemeinwohlorientierten!) Managern besetzt.

In der Zwischenzeit, d.h. bis zum tatsächlich erfolgten Austausch mit solchen vertrauenswürdigen Managern, kreditiert die EZB (mit einer Verzinsung, wie sie ansonsten Banken gewährt wird) die reale Wirtschaft direkt.

Im zweiten Schritt erfolgt die Trennung von Geschäftsbanken (ausschließlich für den realen Wirtschaftssektor also) und Spekulationsbanken (den sogenannten “Investmentbankenâ€).

Der dritte Schritt umfaßt das Sortieren: Bad Bank hie Good Bank da.

Dann erfolgt der k o l l e k t i v e Schuldenschnitt. Dieser Schuldenschnitt entspricht der Summe, die die Staaten bisher zur Bankenrettung aufgewendet hatten, plus der Summe, die auf Grund der Finanzkrisenfolgen von der Öffentlichen Hand zu tragen war.

Hinweis:
Ein volkswirtschaftlicher Schuldenschnitt, macht aber nur Sinn, wenn danach der private Kapitalmarkt nicht mehr die Verzinsung vorschreibt, sonst ist man in einigen Jahren wieder da, wo man vor dem Schuldenschnitt gestanden hatte. … Dies gilt also genauso für einen singulären Schuldenschnitt der griechischen Staatsschulden. Das heißt einen
solchen
Schuldenschnitt darf man nicht unüberlegt fordern, sondern man muß einen schlüssigen Plan für seine Umsetzung haben.

Nach möglicherweise weiteren Zwischenschritten, endet das Procedere damit, daß die Banken reine Dienstleister für die reale Wirtschaft sind.

Das heißt Ziel dieses Procederes ist die Rückführung des Bankgeschäfts auf seinen Kernbereich: Kreditvergabe und Risikoabsicherung bei realwirtschaftlichen Abläufen. (Für solche trockenen Geschäftsabläufe sind Banker mit Zocker-Allüren ungeeignet.)

Ob die Banken danach wieder privatisiert werden sollten, wäre einer gesellschaftlichen Diskussion zu überlassen.

Aber es geht nicht mal eben darum, die Nervösen vom „Markt“ zu beruhigen (die hat man zu ignorieren, aber nicht zu hofieren!), sondern es tatsächlich geht darum, die EWU dadurch zu retten, daß man ihre beiden gravierenden Konstruktionsfehler behebt. Und dies geht nur durch eine Koordination von Geldpolitik und Wirtschaftspolitik. Das heißt Reform der EZB und schnellstmögliche Etablierung einer Wirtschaftsregierung sind angesagt.

Wird fortgesetzt.

Geschrieben (bearbeitet)

Fortsetzung von # 981

Vorbemerkung:

Zwischen Nationen kann es keinen Wettbewerb geben, der dem zwischen Unternehmen vergleichbar ist. Ist ein Unternehmen von einem anderen niederkonkurriert worden, wird es von diesem übernommen oder ist platt. Wird eine Volkswirtschaft von einer anderen niederkonkurriert, wird sie zerstört, aber die Menschen bleiben. Ab dann werden Transferzahlungen von der „siegreichen“ Volkswirtschaft zu den Menschen des zerstörten Wirtschaftsraumes fällig. Die „siegreiche“ Volkswirtschaft gewinnt dadurch nichts, denn neben den Transferleistungen bleibt sie auf ihren Forderungen sitzen, die sie gegenüber der niederkonkurrierten Volkswirtschaft hat.

Selbstverständlich könnte man auf jede der gelieferten Waren einen Kuckuck kleben, aber das wäre wenig elegantes absurdes Theater

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft wird von dem Wechselkurs ihrer Währung bestimmt. An seiner Höhe läßt sich, über die Jahre gesehen, die Kaufkraft dieser Volkswirtschaft ablesen: Ist der Wechselkurs relativ hoch, sind die Produktionskosten niedrig (wegen des hohen Kapitalstocks und der hohen Produktivität: pro Arbeitsstunde werden dann mehr international handelbare Waren produziert als in anderen Volkswirtschaften).

Ist hingegen der Wechselkurs niedrig, sind die Produktionskosten hoch (relativ geringer oder veralteter Kapitalstock und vergleichsweise geringe Produktivität: pro Arbeitsstunde werden dann weniger international handelbare Waren produziert als in anderen Volkswirtschaften).

Das heißt der Wechselkurs ist das Ventil, über das Wettbewerbsungleichgewichte ausgeglichen werden:

Abwertung/Aufwertung einer Währung im Verhältnis zu anderen Währungen.

In einer Währungsunion entfällt das Wechselkursventil

(über das die internationale Wettbewerbsanpassung der Volkswirtschaften gesteuert wird), denn es gibt dann nur noch eine Währung für alle Mitglieder dieser Union. Dennoch ist es möglich, daß unterschiedlich wettbewerbsfähige Volkswirtschaften in einer Währungsunion vereinigt sind.

A b e r hierzu ist eine grundsätzliche Bedingung Voraussetzung: Die nationalen Inflationsraten (und damit die Lohnstückkosten) müssen übereinstimmen. Entsprechend muß die Lohnpolitik in den Mitgliedsländern aufeinander abgestimmt werden.

(Sie erinnern sich noch an jene Währungsunion, die einst zwischen der BRD und der DDR vereinbart worden ist? Es ist übrigens gerade wegen dieser Erfahrung wenig verständlich [und für mein Verständnis nur aus einem Grund erklärbar], daß Deutschland nicht von vornherein auf eine Abstimmung der verschiedenen Lohnstückkosten in der damals noch erst zu konstruierenden EWU gedrungen hatte, denn bei der Währungsunion zwischen BRD und DDR handelte es sich genau aus diesem Grund tatsächlich um eine Transferunion. ...)

Für diese notwendige Lohnkoordination ist das aktuelle Konzept der EZB nicht brauchbar. Dieses Konzept basiert auf der Grundüberzeugung der Deutschen Bundesbank. Diese Grundüberzeugung besagt, daß die Geldpolitik es ist, die ausschließlich die Inflationsrate steuert.

Auf nationaler Ebene kann man dieses Prinzip anwenden ...

(zwingend ist das zwar auch nicht, denn stetig gute Wachstumsraten gewährleistet diese Grundüberzeugung nicht, weil der Blick einseitig auf Preisstabilität gerichtet ist, wodurch die Gefahr besteht, daß ein Wirtschaftsaufschwung abgewürgt wird, nur weil sich die Preisentwicklung etwas beschleunigt hat),

... aber auf einer Ebene, wo sich mehrere Nationen zu einer Währungsunion zusammenschließen, funktioniert es zwingend nicht mehr. Denn es ist nicht möglich, das eine Zentralbank auf die Preisentwicklung in den einzelnen Ländern direkt Einfluß nehmen kann, sondern sie kann es nur auf die durchschnittliche Inflationsentwicklung bezogen auf die ganze Währungsunion tun.

Dieser notwendige direkte Einfluß ist nur über die Lohnpolitik in den einzelnen Ländern möglich.

Ende der Vorbemerkung.

Wird fortgesetzt.

Bearbeitet von Jo_Cit
Geschrieben

Fortsetzung von # 982

Das heißt wer die EWU wirklich retten will, der muß sich klarmachen, daß das nur mittels einer reformierten EZB funktionieren kann, die sowohl auf eine mäßige Preissteigerung (entsprechend der Inflationszielvorgabe von 2%, aber nicht im Durchschnitt, sondern in allen EWU-Ländern!) als auch auf die wirtschaftliche und damit die Arbeitsmarktentwicklung achtet.

(
Wobei diese Inflationszielrate in der aktuellen Situation, also nachdem diese Leistungsbilanzungleichgewichte auf ein so selbstzerstörerisches Maß angewachsen sind, nun wohl differenziert zu handhaben ist, nämlich bei den bisherigen Defizitländern herunter auf 1% und bei den Überschußländern
[insbesondere Deutschland wegen seines volkswirtschaftlichen Gewichtes]
herauf auf 3%.
)

Und dies in Kooperation mit einer koordinierten Wirtschaftspolitik, insbesondere einer abgestimmten Lohnpolitik der Mitgliedsländer, um konsequent eine abgestimmte Lohnstückkostenentwicklung in den Mitgliedsländern sicherzustellen.

Genau hier liegt der Konstruktionsfehler der EWU.

Und insbesondere von deutscher Seite wurde es abgelehnt, die eigene Wirtschaftspolitik mit der der anderen Mitgliedsländer abzustimmen. Diese Koordination hatte schon 1989 der sogenannte Delors-Ausschuß gefordert. Vor der tatsächlichen Einführung der Währungsunion wurde diese Forderung noch einmal wiederholt, nun explizit bezogen auf die Koordination der Lohnstückkosten (vgl. Flassbeck, Makroökonomischer Dialog). Wieder war insbesondere von deutscher Seite keine Bereitschaft gegeben, dieses Grundproblem einer jeden Währungsunion anzugehen.

Das läßt darauf schließen, daß man von deutscher Seite von Anfang an die Absicht hegte, mittels einer Währungsunion ausschließlich das Wechselkursventil zu verstopfen, um auf diese Weise nicht nur die eigenen Wettbewerbsvorteile zu konservieren, sondern sie auf Kosten der anderen Mitgliedsländer auszubauen. Denn ohne die Möglichkeit, Wettbewerbsnachteile der anderen Mitgliedsländer durch Abwertung ihrer Währungen auszugleichen, konnten die deutschen Wettbewerbsvorteile nur steigen, wenn kein anderes Ventil in die EWU-Konstruktion eingebaut würde, um diese Vorteile wieder auszugleichen.

In der Tat sind diese Vorteile seit Einführung der EWU immer weiter angestiegen (und zwar insbesondere mit Beginn der “Jahrhundertsteuer’reformen’“ seit Anfang 2000 sowie durch die „Agenda 2010“).

Dieser immer größer werdende Wettbewerbsvorteil führte allerdings einen genauso großen Nachteil mit sich. Diesen Nachteil hat man von deutscher Seite möglicherweise nicht erkannt oder nicht erkennen wollen.

Auf jeden Fall ist es so, daß durch das Fehlen eines Wettbewerbsausgleichsventils, im System der EWU Spannungen entstanden sind, die es sprengen werden, wenn nicht konsequent gegengesteuert wird.

(
Konsequentes Tun ist m.E. aber nur dann sinnvoll, wenn man begriffen hat, worum es geht und was tatsächlich zu tun ist, ansonsten läßt sich zwar auch konsequent irgend etwas tun, z.B. gegen eine Wand fahren.
)

Denn eine Währungsunion ohne koordinierte Wirtschaftspolitik (insbesondere in Form abgestimmter Lohnpolitik) ist nicht funktionsfähig. Es sei denn, die Überschußländer (insbesondere Deutschland) akzeptierten, daß sie ersatzweise dauerhaft Ausgleichszahlungen an die wettbewerbsschwächeren Länder zu zahlen haben. (Das ist weder realistisch noch erstrebenswert.) Dies ist dann aber eine Transferunion. Und diese haben wir nun.

Wer also über diese Transferunion meckert (beispielhaft seien hier bloß die Herren Sinn, Weidmann und Henkel genannt) und andererseits nicht über die Notwendigkeit reden will, daß einerseits die Löhne in den einzelnen Mitgliedsländern entsprechend ihrer Arbeitsproduktivität sowie der Zielinflationsrate von 2% zu steigen haben und andererseits das Abweichen von dieser Goldenen Regel (die im Gegensatz zur “Schuldenbremse†wirklich eine ist!), ob nach oben oder nach unten, gleicherweise geahndet werden muß, versteht weder den Sinn einer Währungsunion noch ist er befähigt, die (primär durch das absurde deutsche Wirtschaftsmodell) entstandenen Leistungsbilanzungleichgewichte kontrolliert zum Ausgleich zu bringen. ...

Eine abgestimmte Wirtschaftspolitik in der EWU ist m.E. ohne eine Wirtschaftsregierung nicht möglich. Allerdings kann diese keine à la Merkel und Sarkozy sein, die sich alle paar Monate treffen, um sich zu fragen: Wie geht’s? Antwort: Selbst auch?

... Nein es muß beispielsweise eine solche sein:

... wird fortgesetzt.

Geschrieben

Fortsetzung von # 983

Die Wirtschaftsregierung einer Währungsunion hat eine zentrale Aufgabe.

Diese entscheidende Aufgabe besteht in der Kontrolle zweier Kopplungen, die in jedem Mitgliedsland der EWU stattfinden müssen.

1. Die Lohnstückkostenentwicklung an die Produktivitätsentwicklung flächendeckend (!) zu koppeln.

2. Die Inflationsentwicklung an die Inflationszielvorgabe der EZB zu koppeln.

Durch diese beiden Kopplungen entwickeln sich die nominalen Löhne in jedem Mitgliedsland den Verhältnissen entsprechend richtig. Das heißt die Löhne steigen dann real um genau die Zunahme der Produktivitätsentwicklung der Volkswirtschaft des jeweiligen Mitgliedslandes.

(“Nominaler Lohn†bedeutet, daß der Lohn den Arbeitsproduktivitätsbetrag und den Inflationsbetrag enthält.

Der reale Lohn ist der Lohn, der tatsächlich in der Tasche bleibt, wenn der Inflationsbetrag abgezogen wird.

Beträgt eine Lohnsteigerung z.B. nominal 2,5%, und liegt die Inflationsrate bei 2%, dann beträgt die reale [die wirkliche] Lohnsteigerung 0,5%. In diesem Fall läge die Zunahme der Kaufkraft unter der Arbeitsproduktivitätsentwicklung, denn diese liegt im Durchschnitt bei 1,5%. Das heißt eine solche Lohnsteigerung ist nicht nur sittenwidrig, sondern ist volkswirtschaftlich kontraproduktiv und schädlich für die gedeihliche Entwicklung der europäischen Währungsunion. Das heißt genauso schädlich wie reale Lohnsteigerungen, die über der tatsächlichen Produktivitätssteigerung liegen!)

Bei Lohnsteigerungen ist es überdies wichtig, daß die nominalen Löhne (nach der Formel: Produktivitätsentwicklung + Inflationsrate) flächendeckend für alle Lohngruppen steigen müssen (und nicht bloß branchenbezogen!), denn die Produktivitätssteigerung ist die soziale Dividende, die sowohl an alle Lohnabhängigen als auch an alle Exlohnabhängigen (also Rentner) auszuschütten ist. Auf diese Weise steigt die Kaufkraft flächendeckend, aber im Rahmen der Produktivitätsentwicklung (plus Inflationsentwicklung) eines jeden Mitgliedslandes, d.h. man lebt dann seinen Verhältnissen entsprechend, der Binnenmarkt entwickelt sich angepaßt und der Handelsaustausch (Export/Import) mit den anderen Volkswirtschaften der EWU erfolgt ausgeglichen, wenn die Partnerländer sich entsprechend verhalten.

Aufgabe der Wirtschaftsregierung ist es, die Einhaltung dieser Vorgabe zu beobachten.

Weicht eines der Partnerländer von dieser Vorgabe regelmäßig ab, ob nun nach oben (im Sinne von über seine Verhältnisse leben) oder nach unten (im Sinne von unter seinen Verhältnissen leben), sind Sanktionen fällig.

Im ersten Fall derart, daß Strafzinsen auf (immer fest verzinsliche!) EWU-Gemeinschaftsanleihen fällig werden.

Diese werden als sogenannte „red bonds“ ausgegeben. Deren Verzinsungshöhe richtet sich danach, wie groß die Abweichung nach oben ausfällt.

Die erhobenen Strafzinsen gehen in einen Investitionsfonds, der in Kultur/Bildung und/oder Infrastruktur der mit Strafzinsen belegten Volkswirtschaften geht, um auf diese Weise die dortige Produktivität zu steigern und hierdurch schneller wieder in den Normbereich zu gelangen, denn es macht keinen Sinn, höhere Zinszahlungen zu fordern, ohne die Produktivität in diesen Volkswirtschaften zu verbessern, ansonsten erhöhte sich der öffentliche Schuldenstand nur. (Man sieht, ich halte platte Strafaktionen für kontraproduktiv.)

Im Gegensatz dazu gibt es „blue bonds“, die als zinsniedrigste

EWU-Gemeinschaftsanleihen (mit einem festen Zinsfuß von 2%) von Anlegern erworben werden können.

Im zweiten Fall sind die Sanktionen derart, daß Transferleistungen an alle anderen Mitgliedsländer zu zahlen sind, deren Höhe sich nach der Abweichung nach unten richtet.

W i e aber das einzelne Mitgliedsland diese Kopplung durchführt ist seine Sache, d.h. welches Sozialmodell es bevorzugt (wobei die Bevorzugung ihren Ursprung auch in den Traditionen des entsprechenden Landes haben dürfte). Entscheidend ist, daß sie durchgeführt wird. Denn nur hierdurch kann es gelingen, daß alle Mitgliedsländer ihren Verhältnissen gemäß leben. Und nur auf dieser Basis ist es möglich, daß ein gedeihlicher Handel für alle, also mit ausgeglichenen Leistungsbilanzen, dauerhaft stattfinden kann.

Zur demokratischen Legitimierung ist die Wirtschaftsregierung der EWU vom gemeinsamen Parlament der EU zu wählen, also vom Europaparlament.

Grundsätzlich aber können nur Volkswirte Mitglieder der Wirtschaftsregierung sein. Allerdings nur solche Volkswirte, die unabhängig sind und die Fähigkeit bewiesen haben, die Bedeutung der wechselwirkenden Beziehungen von

Wachstum,

Beschäftigung,

Preisniveau und

Export/Import-Gleichgewicht

zu berücksichtigen, sowie um die

Schädlichkeit der Kreditvergabe zu Spekulationszwecken (spekulativer Aktien-, Währungs-, Immobilien- oder Rohstoffkauf usw.) wissen,

die sich also bisher überzeugend für eine Finanzmarktregulierung eingesetzt haben.

Finanzmarktregulierung bedeutet vor allem:

Rückführung des Finanzwesens auf seine Dienstleistungsaufgabe für die reale Wirtschaft

Aufbau eines weltweiten Währungssystems mit einer Zentralbank, die allen beteiligten Ländern gehört. (Als Übergang wäre ein Währungssystem denkbar, das aus vier aufeinander abgestimmten Ankerwährungen besteht [Dollar, Euro, Yen und Renminbi].)

Verbot von Rohstoff- und Lebensmittelspekulation.

Es ist dann das Parlament, das zu gewährleisten hat, daß tatsächlich nur solche (nach oben angerissenem Muster) unabhängige Volkswirte für diese Regierung vorgeschlagen werden können. Diese Regierung ist wiederum dem Parlament tatsächlich verantwortlich. Jedoch wird sie tatsächlich gewählt, kontrolliert und entlassen (oder einzelne Mitglieder dieser Regierung) von den Abgeordneten d e r Unionsstaaten, die tatsächlich zur EWU gehören.

Hierzu ist es auch notwendig, daß alle Lobbyisten wirtschaftlicher Einzelinteressen sowie Lobbyisten anderer Einzelinteressen, die die Nähe der gewählten Abgeordneten suchen oder gar selbst welche sind (!), zukünftig keinen Zutritt zum Parlament und seinen Anhängen mehr bekommen. Die Entwicklung der Gesamtwirtschaft ist für das Wohlergehen aller zu wichtig, als daß man sie Einzelinteressen überlassen darf.

Denn was dabei herauskommt, wenn solche Interessen dominant werden, wenn also Marktmacht manifest geworden ist, zeigt sich aktuell an den Auswirkungen der Dominanz des Finanzsektors.

Diese Dominanz wäre allerdings ohne neoliberale politische Vor- und Mitarbeit nicht möglich gewesen.

Die neoliberale Vorarbeit heißt “Deregulierung†und die neoliberale Mitarbeit heißt einerseits, den Vertretern dieses Sektors zu ermöglichen, alle weiteren Richtlinien, Gesetze und Rettungsaktionen selbst auszuformulieren, und andererseits den Wählern und Abgeordneten der Parlamente diese Art des diesbezüglichen politischen Vorgehens (wegen der systemischen Relevanz des Finanzsektors) als alternativlos darzustellen. ...

(… Und welche Parteien waren es, die sich in den letzten 30 Jahren einer solchen Vor- und Mitarbeit verschrieben haben - und forciert noch einmal in den letzten 10 Jahren? ...)

Ist die EZB in diesem Sinne reformiert

(also ihr Augenmerk sowohl auf mäßige Preissteigerung [entsprechend der Inflationszielvorgabe von 2%, aber nicht im Durchschnitt, sondern in allen EWU-Ländern!] als auch auf die wirtschaftliche und damit die Arbeitsmarktentwicklung gerichtet)

und ist in diesem Sinne eine Wirtschaftsregierung

(die konsequent für eine abgestimmte Wirtschaftspolitik [insbesondere in Form koordinierter Lohnpolitik] sorgt)

eingerichtet, so kann die gemeinsame Währung erst ihr eigentliches Potential entfalten.

Nun erst wird der gesamte EWU-Wirtschaftsraum für die Geldpolitik wirklich nutzbar, denn nun erst

(durch die oben angerissene Koordination der Lohnpolitik),

braucht sich die EZB in ihrer Geldpolitik nicht mehr bloß an der Kapazität der größten Volkswirtschaft dieses Wirtschaftsraumes zu orientieren, sondern kann diesen ganzen Wirtschaftsraum zur Grundlage ihrer Zinsentscheidungen machen.

Denn durch die oben erwähnte strikte Angleichung der Inflationsraten aller EWU-Mitgliedsländer an die

EZB-Inflationszielvorgabe, entstehen solche inneren und äußeren Währungsverhältnisse, die man so erst als wirklich stabile Verhältnisse bezeichnen kann. (Wegen der nicht mehr bloß durchschnittlichen Zielinflationsrate bezogen auf den ganzen EWU-Raum, wie bisher, sondern tatsächlich bezogen auf alle Mitglieder!)

Das heißt erst hierdurch wird eine moderne Geldpolitik möglich, die, in Verbindung also mit den erwähnten (und eben nicht mehr nur optischen!) stabilen Währungsverhältnissen, effizient (und damit konjunkturfördernd) Zinspolitik bezogen auf den ganzen EWU-Wirtschaftsraum betreiben kann. Dies zieht Sachinvestitionen im gesamten EWU-Raum nach sich. Dies führt zu einer guten Verstetigung des Wirtschaftswachstums.

Diese Möglichkeiten sind es, die dem Euro als Währung Sinn geben. (Alle anderen Begründungen für die Notwendigkeit der Existenz des Euro sind sekundär.)

Das heißt solange insbesondere Deutschland auf seinem absurden Wirtschaftsmodell beharrt (möglichst hohe Außenhandelsüberschüsse anzuhäufen, die aber letztlich nichts anderes als Forderungen gegen andere Volkswirtschaften sind, die dadurch zwangsläufig spiegelbildliche Defizite haben müssen!), ist das Prosperitätspotential der EWU nicht nur nicht realisierbar, sondern daran wird die EWU scheitern. …

Ende.

^Jo_Cit^

Geschrieben

Hallo Jo_Cit

Dein Bericht ist lang, breit und schön zu lesen,

mit vielen nachvollziehbaren Lösungen und Vorschlägen.

Deine Behauptung DEUTSCHLAND habe bisher nur an der Krise

verdient, kann stimmen.

Aber wenn die Bürgschaft Deutschlands gezogen wird,

dann muss Geld vom Bürger Deutschlands bezahlt werden,

bzw. es kommt zu den Miesen des Staatshaushaltes dazu.

Unsre Kinder und Enkel sollen es dann zurückzahlen.

Wir als Verursachergeneration können uns ja einen schlanken Fuss machen,

die gemachten Schulden der nächsten Generation quasi vererben. :)

Das ist doch eine klasse Leistung, auf die man stolz sein kann, oder nicht. :)

liebe Grüsse

ACCM Gerhard Trosien
Geschrieben (bearbeitet)

Den gemachten Schulden kann man sich leicht durch Inflationierung entledigen, diejenigen, die ihr Leben lang sparsam waren und sich was zurückgelegt haben, werden die Zeche zahlen; dazu kommt, das ist so gut wie beschlossen, eine durch niemanden gewählte und niemandem rechenschaftspflichtige EU-Regierung. Wer sich die Pappnasen in Brüssel anschaut, kann sich ausmalen, wes Geistes Kinder hier mitspielen werden.

Die vom slowakischen Parlamentspräsidenten Sulik zu Recht befürchtete EUdSSR ist in greifbarer Nähe. Wenn nix mehr passiert und alles so weiter läuft. Und danach sieht es aus...

Bearbeitet von ACCM Gerhard Trosien
Geschrieben
diejenigen, die ihr Leben lang sparsam waren und sich was zurückgelegt haben, werden die Zeche zahlen

und zwar zu recht! geld horten und dafuer belohnt zu werden (mit zinsen) ist die groesste krankheit des systems… was nuetzt es, der reichste mann auf dem friedhof zu sein?

Geschrieben

Super,

manche horten ihr Geld nicht nur um "böse" zinsen zu ergaunern, sondern vielleicht auch für Unvorhergesehenes, für schlechtere Zeiten.

Manche Leute wollen sich nicht bei der ersten Unregelmässigkeit von der Allgemeinheit aushalten lassen.

Musst Du aber nicht verstehen, nach Dir muss die Allgemeinheit dafür aufkommen, wenn ich mit meinem Geld unverantwortlich umgehe.

Gruß, gasmann

Geschrieben

Für ein gescheitertes System läuft die deutsche Wirtschaft aber noch recht gut.

Geschrieben

Mein Senf dazu:

Das Slowakische Parlament hat die Erweiterung des Rettungsschirmes aus zwei Gründen blockiert:

1. Die slowakische Regierung und das Volk hat Jahrzehnte auf den Euro-Beitritt zugearbeitet, gespart und die Finanzen in Ordnung gebracht. Dieses Land soll jetzt mit helfen korrupte, verschwenderische und dadurch marode Staaten zu stützen?

2. Gewisse Kreise im Parlament kippen so die Regierung, mischen dann selber mit ... und stimmen im 2. Anlauf dem Rettungsschirm zu.

http://www.welt.de/politik/ausland/article13639239/Slowakische-Opposition-nennt-Preis-fuer-Euro-Rettung.html

Aber schön zu sehen, dass ein 5 Mio-Staat die EU blockieren könnte :)

Gruß,

DerDodel

Geschrieben
Für ein gescheitertes System läuft die deutsche Wirtschaft aber noch recht gut.

Hallo Heinz

Ja es läuft gut, frägt sich nur für weeeeeeen.

Meinst Du die Wirtschaft, die Banken oder die Bevölkerung oder die

Harz 4er, die immer mehr werden.

Ob das ein Zeichen von gut ist, kommt immer auf den Standpunkt

des Betrachters an. :)

Das wusste schon der Einstein, das mit dem Standpunkt.

liebe Grüsse

Geschrieben
Für ein gescheitertes System läuft die deutsche Wirtschaft aber noch recht gut.

Ist halt ein riesiges System. Da tritt man nicht auf die Bremse und es steht nach ein paar Metern.

Und vielleicht ist auch die Rente noch sicher, aber welche Rente? Kann mich noch an den Kollgen errinnern, der einst in DM seine zukünftige Rente ausrechnete. Träume süß in Frieden ...

Und dass das System zwar nicht gescheitert ist, aber "von oben" einfach zurück geschraubt wird, sieht man daran, dass der normale Bürger noch nicht einmal mehr sparen kann.

Zuerst wurden gerade die durch Aktien finanzierten Rentenvorsorgen in den USA geplündert, bald wird auch einfaches Sparen nicht mehr belohnt werden. Vielleicht steckt ja der Gedanke dahinter, dass, so wie es früher alle drei bis vier Jahrzehnte einen größeren Krieg gab, es nun einen anderen Schweinezyklus gibt, analog den "mageren" und "fetten" Jahren.

Nur errinnere ich mich an Leute, die schwafelten schon Mitte der 90er Jahre etwas von den "sieben mageren Jahren". Mittlerweile ist es aber 2011.

ACCM Gerhard Trosien
Geschrieben
und zwar zu recht! geld horten und dafuer belohnt zu werden (mit zinsen) ist die groesste krankheit des systems… was nuetzt es, der reichste mann auf dem friedhof zu sein?
Da offenbart sich tonnenweise Ahnung.... Oh mann
Geschrieben
Für ein gescheitertes System läuft die deutsche Wirtschaft aber noch recht gut.

Die Schulden der einen, sind die Überschüsse der anderen, oder: was auf der einen Seite zuviel da ist, ist auf der anderen Seite zu wenig da (das fordert die Saldenmechanik). Ein Wirtschaftssystem, das darauf basiert, daß sich andere verschulden (immerhin werden unsere Exporte i.d.R über Kredite bezahlt … oder in den Empfängerländern _ _ _ „angelegt“ …) ist spätestens dann gescheitert, wenn 1. diese anderen das nicht mehr können und wenn man 2. keinen eigenen florierenden Binnenmarkt hat. Den bekommt man nämlich nur über gute Löhne (nach der Formel Produktivitätsentwicklung + Inflationsausgleich) …

Am 26. November 2010 erschien unter dem Titel “Exportüberschüsse: Deutschland verbrennt sein Vermögen im Ausland†ein Artikel von Stephan Schulmeister im Handelsblatt (leider ist der Link hierzu nicht mehr aktiv. Der Link lautete wie folgt:

http://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/exportueberschuesse-deutschland-verbrennt-sein-vermoegen-im-ausland;2699960).

Den Text konnte ich vorher abspeichern. Einfach mal in Ruhe durchlesen, es lohnt sich, verdeutlicht dieser kurze Artikel doch anschaulich, wie destruktiv unser Wirtschaftsmodell seit 2003 geworden ist: schädlich für unsere Volkswirtschaft, schädlich für andere Volkswirtschaften, denn es basiert darauf, daß wir sparen und andere sich verschulden. Ein solches Modell ist absurd und nicht zukunftsfähig!

Exportüberschüsse: Deutschland verbrennt sein Vermögen im Ausland

Fast eine Billion Euro an Vermögen haben deutsche Unternehmen seit 2003 im Ausland angehäuft. Die Hälfte davon hat sich verflüchtigt.

von Stephan Schulmeister

Die Wege des Herrn sind unergründlich. Ein Streifzug durch die Geldvermögensrechnung der Bundesbank zeigt: Das gilt auch für die Wege, auf denen die "unsichtbare Hand" des Marktes die Kapitalien leitet.

Über Jahrzehnte haben die deutschen Unternehmen das gemacht, was ihre Aufgabe ist:

Sie haben zusätzlich zu ihren einbehaltenen Gewinnen Finanzmittel aufgenommen für die Realkapitalbildung, ihre Netto-Investitionen waren immer höher als ihr Sparen, sie hatten daher ein Finanzierungsdefizit.

Das änderte sich ab 2003:

Die Gewinne der Unternehmen stiegen deutlich an, in erster Linie als Folge sinkender Reallöhne. Statt ihre Investitionen zumindest in gleichem Maß zu erhöhen, akkumulierten die Unternehmen Finanzkapital: Sechs Jahre in Folge haben sie nun schon Finanzierungsüberschüsse. Diese legten sie primär in Form von Bankeinlagen, Aktien und Finanzderivaten an.

In den übrigen Euro-Ländern stiegen die Löhne viel stärker. Damit ergab sich eine zu Deutschland spiegelverkehrte Schieflage, also eine starke Expansion von Binnennachfrage und damit Importen.

Fazit:

Die Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen wurden immer größer.

Die Überschüsse Deutschlands mussten natürlich im Ausland angelegt werden.

Der größte Teil wurde nicht in Realvermögen (Direktinvestitionen) angelegt, sondern in ausländische Finanztitel:

In den Jahren 2004 bis 2009 kumulierten sich die jährlichen Zuflüsse an Nettofinanzvermögen im Ausland auf 982 Mrd. Euro.

Der Bestandswert des angehäuften Nettofinanzvermögens lag Ende 2009 aber nur 527 Mrd. Euro über dem Wert von 2003.

Wie erklärt sich der Schwund?

Hauptursachen für die Verflüchtigung von 455 Mrd. Euro waren die von den Banken angekauften Schrottpapiere, aber auch Bewertungsverluste durch Dollar-Abwertung und Aktienkursverfall.

Die Lage ist ähnlich wie bei einem privaten Investor, der sechs Jahre lang jeweils 10 000 Euro in einen Fonds einzahlt und am Ende feststellt, dass der Wert des Fonds nur um

30 000 Euro gestiegen ist.

Die verbliebenen "Gutschriften für Exportüberschüsse" sind überwiegend bei ausländischen Banken sowie in Staatsanleihen angelegt, zu einem großen Teil in den Defizitländern des Euro-Raums. Auch sie werden sich verflüchtigen. Seit langem fordern nämlich die Märkte von Griechenland, Portugal oder Irland Zinsen für Staatsanleihen von bis zu zehn Prozent. Das (nominelle) Wachstum der Wirtschaft dieser Länder und damit auch ihrer Steuereinnahmen ist viel niedriger. Die Zinseszinsmechanik lässt daher die Staatsschuld weiter rascher wachsen als das BIP.

Die zusätzliche Kürzung der Staatsausgaben hat die Lage verschlimmert: Die Wachstumsrate dieser Länder sank, der Zinssatz lag also noch stärker darüber.

Kurz:

Im Wechselspiel von immer höheren Zinsforderungen der Märkte und einer einfältigen Sparpolitik steuern die Finanzen dieser Länder dem Bankrott entgegen. Wohl deshalb hat die Kanzlerin gefordert, die Gläubiger müssten sich an den Sanierungskosten beteiligen. Ob ihr klar war, dass dies in erster Linie deutsche Banken und Unternehmen trifft?

Vorläufig wird einmal gehofft: Wenn Irland den Rettungsfonds in Anspruch nimmt, werden sich die Märkte schon wieder beruhigen.

Wahrscheinlicher ist:

Die Zinsen bleiben untragbar hoch, und zusätzlich kommen Portugal und Spanien dran.

Denn für die Finanzalchemisten ist es lukrativ, sich bei der EZB Geld zu einem Prozent zu leihen, damit Staatsanleihen zu acht Prozent zu kaufen und auf weiteren Rettungsmaßnahmen zu bestehen, mit dem Argument, die Risiken wären viel zu hoch für das Gesamtsystem - und für die eigenen Gewinne, beides ist fast das Gleiche geworden.

Eine Zeit lang wird man das Problem der Staats- und Bankschulden in den Defizitländern noch vor sich herschieben können, doch am Ende kommt der große Haarschnitt:

Von jenen Finanzvermögen, die Deutschland aus seinen Exportüberschüssen akkumuliert hat, wird kaum etwas übrig bleiben.

Das war in der Wirtschaftsgeschichte immer so. Die Exportweltmeister von England im 19. Jahrhundert bis zu Japan und Deutschland in der Nachkriegszeit haben die Früchte ihrer Überschüsse kaum genießen können.

Denn Finanzanlagen in der Fremde sind vielen Risiken ausgesetzt:

Länder, die sich auf hochwertige Industriegüter spezialisieren, sind meist in der Finanzwelt nicht zu Hause und daher ideale Abnehmer für Finanzschrott (Wall Street meets Landesbanken).

Und Schuldnerländer haben meist eine höhere Inflation als Gläubiger, entwerten so deren Forderungen.

Fazit:

Will ein Exportweltmeister die Früchte seiner Anstrengungen genießen, so muss er mehr importieren, will er einen Teil der Schuld des Auslands zurückbekommen, dann muss er ein Defizit in der Leistungsbilanz zustande bringen - undenkbar für deutsche Eliten.

© Handelsblatt _ www.handelsblatt.com _ 2010

(Fettsetzungen und Textformveränderungen von mir.)

^Jo_Cit^

Geschrieben (bearbeitet)
Super,

manche horten ihr Geld nicht nur um "böse" zinsen zu ergaunern, sondern vielleicht auch für Unvorhergesehenes, für schlechtere Zeiten.

Manche Leute wollen sich nicht bei der ersten Unregelmässigkeit von der Allgemeinheit aushalten lassen.

Musst Du aber nicht verstehen, nach Dir muss die Allgemeinheit dafür aufkommen, wenn ich mit meinem Geld unverantwortlich umgehe.

Gruß, gasmann

Es ist ein grundsätzlicher Fehler, vergleicht man das Sparen eines privaten Haushalts mit dem einer Volkswirtschaft.

Ein privater Haushalt kann sparen ... vorausgesetzt seine Einnahmen bleiben konstant.

(
Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zu einem öffentlichen Haushalt: Ein öffentlicher Haushalt verschlechtert genau dadurch seine Einnahmeseite, daß er passiv spart.
)

Und muß es, wenn er über die eigenen Verhältnisse lebt.

Erleichtert mag dies werden, wenn diesem Haushalt die legendäre schwäbische Hausfrau vorsteht (
die ich allerdings nicht als Mutter haben wollte, denn solche Hausfrauen erziehen ihre Kinder
[psychologisch gesehen]
anal.
) Volkswirtschaftlich würde diese neoliberale Galionsfigur allerdings kläglich scheitern!

Aber schon ein privates Unternehmen kann das nicht so ohne weiteres,

will es nicht völlig ins Hintertreffen geraten, dadurch, daß es wartet, bis es genügend Kapital angespart hat, um z.B. produktivitätssteigernde Maschinen anzuschaffen, dann ist nämlich der nächste Wirtschaftsaufschwung an ihm vorbei und die Konkurrenz über es hinweggegangen.

(
Abgesehen davon, daß hierdurch zu viel Kapital gebunden wird und die Liquidität abnimmt. Deshalb ist es entschieden besser, investiert man über eine zinsgünstige Kreditaufnahme. - Die Gewährung zinsgünstiger Kredite wäre übrigens eine wichtige Aufgabe einer Öffentlichen Bank.
)

Eine Volkswirtschaft allerdings kann zwar auch p a s s i v sparen (durch Haushaltskürzungen), aber hier ist das weniger bis gar nicht effektiv (insbesondere dann, wenn die Einnahmeseite nicht durch höhere Besteuerung der finanziell Leistungsfähigen unterstützt wird). Besser ist es hingegen, investiert sie in die Zukunft – insbesondere in Bildung.

Hierdurch werden Werte geschaffen (
durch gute Ausbildung wird z.B. sogenanntes Humankapital geschaffen
) – hierdurch entsteht ein Mehr an Produktivität – hierdurch lassen sich die laufenden Ausgaben dann bequem bedienen.

Das heißt zuerst kommt das Investieren, dann das Sparen (durchs Investieren also!).

Aber zuerst sparen zu wollen, führt nachträglich nicht zu einem Mehr an Investitionen:

Oder hat jemand schon einmal einen Unternehmer gesehen, der investieren würde, wenn keiner etwas kauft, weil alle sparen?

(
Dies ist übrigens der tiefere Grund für die heftigen Börsenkursausschläge seit August 2011: die sogenannten Anleger flüchten aus Aktien, weil sie davon
ausgehen, daß durch die nun in den Schlüsselländern einsetzende
Sparorgie
, die Konjunktur einbrechen wird, und wohin flüchten sie? ... In Staatsanleihen ... u.a. in amerikanische ... übrigens: der Zins auf amerikanische Anleihen liegt niedriger
[gemessen am 10. Aug. ’11]
als der auf deutsche
[!] -
dies widerspricht völlig der aktuellen Berichterstattung!
)

Ein Unternehmer investiert (
richtigerweise!
) nur dann, wenn er sich davon ein Umsatzplus verspricht. Aber wenn alle sparen, also die privaten Haushalte, die Unternehmerhaushalte u n d die Öffentliche Hand, wird er nicht von einem Umsatzplus träumen können, sondern er wird Albträume haben, daß er nämlich ein Umsatzminus haben wird.

Mit dem Sparen ist das nämlich so eine Sache … volkswirtschaftlich gesehen.

^Jo_Cit^

Bearbeitet von Jo_Cit
Geschrieben (bearbeitet)
Hallo Jo_Cit

... wenn die Bürgschaft Deutschlands gezogen wird,

dann muss Geld vom Bürger Deutschlands bezahlt werden,

bzw. es kommt zu den Miesen des Staatshaushaltes dazu. …

Unsre Kinder und Enkel sollen es dann zurückzahlen.

Wir als Verursachergeneration können uns ja einen schlanken Fuss machen,

die gemachten Schulden der nächsten Generation quasi vererben.

Das ist doch eine klasse Leistung, auf die man stolz sein kann, oder nicht. …

Die Bürgschaft müßte (so wie’s aussieht muß) n i c h t gezogen werden, wenn man 1. nicht das Vertrauen der Märkte suchte (Merkel), sondern klare politische Vorgaben setzte. 2. nicht unverantwortlich daherredet, wie unser politisches Führungspersonal und die Masse der Wissenschaftler der deutschen Volkswirtschafts l e e r e. 3. Schuldnern Zeit gibt, will man, daß sie die Forderungen der Gläubiger tatsächlich begleichen (das Hauptschuldenproblem Griechenlands sind die Zinsen).

Also, was die nachwachsenden Generation anbelangt, nun, da muß ich schon sagen, daß es nicht darum gehen kann, diesen eine Null-Verschuldung des Staates zu hinterlassen. (Das ist ja der [vorgebliche!] „Sinn“ der „Schuldenbremse“.)

Zur Erinnerung:

Herr Steinbrück war ganz stolz, als die “Schuldenbremse” Grundgesetzrang bekam. ...

Tja, sein Freund in diesem schuldenbremsenden Geiste, Herr Roland Koch, ist schon ein doller Hecht: 2008 legte diese Figur ein „Konzept“ vor, das die öffentliche Verschuldung bis 2058 tilgen soll. – Niemand lachte ihn aus. Offensichtlich deshalb, weil (fast) alle sich das Funktionieren einer Volkswirtschaft wie Klein Fritzchen vorstellen (dessen Mutter womöglich eine schwäbische Hausfrau war).

Muß man sich mal vorstellen:

50 Jahre sparen, also keine Ausgaben in Infrastruktur und Bildung, Kurzundkleinkürzung des Daseinssektors (Krankenvorsorge, Rentenvorsorge etc.), um den „nachwachsenden Generationen“ eine Null-Verschuldung der Öffentlichen Hand präsentieren zu können.

Das ist populär daherkommende Unverantwortlichkeit!

Wichtig für die „nachwachsenden Generationen“ hingegen ist es, daß man ihnen eine gute Haben-Seite vererbt, in Form von guter Infrastruktur, guten Ausbildungsmöglichkeiten, guten Kulturangeboten, guten beruflichen Perspektiven.

(Dann haben die nämlich wieder Lust auf mehr Kinder und weniger Lust auf Randale und Vandalismus!).

Daß bei jedem Erbe nicht nur eine Haben-, sondern selbstverständlicherweise auch eine Soll-Seite (Staatsschulden) zu übernehmen ist, macht jedes Erbe erst komplett ...

Wer kennt sie nicht, die seltsame (aus neoliberaler Sicht selbstverständlich nicht!), die berühmte „Staatsschuldenuhr“, die der sogenannte „Steuerzahlerbund“ öffentlich ausstellt, und auf die er mit Hilfe der Medien breit aufmerksam macht. Nun, das ist typisch für diesen Verein. Das heißt es ist unredlich. Denn, wie bei jeder Bilanz, müßte er selbstverständlich daneben eine Reichtumsuhr aufstellen. Erst dann könnten sich die Steuerzahler ein wirkliches Bild von der Finanzsituation unserer Volkswirtschaft machen. So aber zeigt dieser Bund nur deutlich, daß es ihm gar nicht um Aufklärung, um richtige Gewichtung der finanziellen Verhältnisse geht, sondern genau umgekehrt, um Verschleierung dieser Verhältnisse.

Aktuelle Situation:

Staatsverschuldung: ca. 2,1 Billionen EUR

Nettoprivatvermögen: ca. 7,3 Billionen EUR (davon besitzt das reichste Zehntel ca. 4,6 Billionen EUR)

(Das ärmste Zehntel der Bevölkerung hat übrigens ca. 13,4 Milliarden EUR Schulden.)

Ist es eine Frage des Neides, macht man auf diese seltsame Verteilung des volkswirtschaftlichen Reichtums aufmerksam? Oder ist es nicht einfach skandalös, daß eine solche Verteilung nicht nur zugelassen, sondern auch noch verteidigt wird? Ihr Nutzen ist volkswirtschaftlich jedenfalls gleich null.

Vermögensteuerjetzt

^Jo_Cit^

Bearbeitet von Jo_Cit
Geschrieben
... Mit dem Sparen ist das nämlich so eine Sache … volkswirtschaftlich gesehen.

Wodurch wird (volkswirtschaftliches) Sparen möglich?

Rückblick:

- Du, hör’ mal, ich will jetzt sparen, sagte der eine Akteur zum anderen Akteur auf dem direkten Tauschmarkt.

- Ist in Ordnung, sagte der andere. Damit du das aber kannst, muß ich bereit sein, dir von deinem Ersparten etwas abzunehmen. Du hast Glück, denn ich will zur Zeit mehr verbrauchen als ich selbst produzieren kann – ich möchte nämlich investieren!

- Das trifft sich ja bestens, sagte der Sparwillige. Also produziere ich jetzt mehr als ich selbst verbrauchen will und gebe dir dieses Mehr. Was bietest du mir dafür?

- Gut, sagte der andere, dann bekommst du, nachdem ich deine Waren zum Investieren genutzt habe und der Mond zum sechsten Mal voll ist, gleichwertige Güter zurück und noch ein besonderes Gut zusätzlich.

- Top! sagte der Sparwillige …

Nach dieser direkten Absprache produzierte der Sparwillige mehr als er verbrauchen wollte und gab es dem anderen vereinbarungsgemäß auf Warenkredit …

In einer monetären, also mit einem warenunabhängigen (allgemein anerkannten und akzeptierten) Zahlungsmittel („Geld“) ausgestatteten, arbeitsteiligen Wirtschaft, einer sogenannten Marktwirtschaft, werden solche Absprachen nicht mehr direkt getroffen. Statt dessen gibt es Signale, die Verbrauchswilligen (die gleichzeitig Investitionswillige sein können) indirekt mitteilen, daß andere sparwillig sind.

Ein Sparwilliger zeichnet sich nämlich dadurch aus, daß er mehr produziert als er selbst verbrauchen will. Das heißt er produziert Waren erst auf konkrete Nachfrage anderer hin oder, wenn er davon ausgeht, daß andere in Kürze nachfragen werden, hat er von seinen Produkten welche auf Lager.

(Solange sie auf Lager bleiben, verdient er damit kein Geld. Wenn sie zu lange auf Lager bleiben, verlieren sie ihre Neuwertigkeit und sie können nur noch preisreduziert oder gar nicht mehr abgesetzt werden.)

Erst wenn jemand tatsächlich bereit ist, dem Sparwilligen seine Produkte abzukaufen

(dieser also diese Produkte nachfragt), hat der Sparwillige tatsächlich etwas er-spart. Das auf diese Weise Ersparte kann er z.B. zu einer Bank tragen.

Allein hierdurch vermehrt es sich aber nicht.

Stopft jemand einen Teil seines ersparten Geldes in einen alten Strickstrumpf, ist es offensichtlich, daß es sich nicht vermehren (verzinsen) wird. Allerdings tut es das auf einem Bankkonto erst einmal genauso wenig. Es sei denn, es findet sich jemand, der mit diesem Spargeld z.B. in etwas Produktives (also volkswirtschaftlich Wertsteigerndes) investieren wollte. Dann erst vermehrt es sich (und wird zu Kapital: durch jene Verzinsung, die sich aus einer erfolgreichen Investition ergibt!) und bringt dem Sparer eine Verzinsung. Das heißt der Sparwillige wird tatsächlich erst dann zu einem Sparer mit Ersparnissen, wenn es auf der anderen Seite einen Verschuldungswilligen gibt, der sich dann tatsächlich verschuldet ...

(
Man sieht, daß man sich ausgesprochen schmerzhaft selbst schädigen kann, will man partout sparen, also mehr produzieren als man verbrauchen will, von anderen aber gleichzeitig verlangt, daß die das auch tun, also auch mehr produzieren als diese verbrauchen wollen
[sollen!]).

Das heißt finden Sparwillige keine Verschuldungswilligen, fehlt genau der Sparbetrag der Sparwilligen als Nachfragebetrag auf dem Gütermarkt. Wird dies zum allgemeinen Phänomen, gerät eine Volkswirtschaft schließlich in die Situation einer Deflation.

Erst dann beginnt die Vermehrung (Verzinsung) des Geldes des Sparwilligen, wenn ein anderer (möglicherweise genau der, der beim ihm etwas kaufen will) zur Bank geht, um Geld nachzufragen:

Um eine Maschine zu kaufen, damit in seinem Unternehmen die Produktivität zunimmt, z.B., oder weil er sich etwas Schönes kaufen will o.a..

Erst dann kann sich aus dem Geld, das von dem einen zur Bank getragen worden ist, ein Mehr ergeben (es verzinst sich und wird hierdurch zu Kapital).

Nun erst lohnt es sich für die Bank, dem Sparwilligen eine Verzinsung für seine Geldeinlage zu gewähren. Eben genau dadurch, daß ein Verschuldungswilliger sich für die Geldeinlage des Sparwilligen tatsächlich interessiert.

Das heißt nun gibt die Bank dem Verschuldungswilligen einen Kredit gegen entsprechende Verzinsung.

Und dem Sparwilligen gibt sie eine Verzinsung für seine Geldeinlage. Und selbst verlangt die Bank ein Entgelt für die Führung beider Konten. Alle haben auf diese Weise, ihren Absichten entsprechend, ihren Vorteil gezogen.

Durch diesen Prozeß ist aus dem Sparwilligen ein tatsächlicher Sparer und aus dem Verschuldungswilligen ein tatsächlicher Schuldner geworden. Mit anderen Worten:

Ohne Schuldner keine Sparer.

wird fortgesetzt

Geschrieben

Fortsetzung von # 998

Zwar kann man sagen:

Nun gut, aber es sollte eben alles im Rahmen bleiben ... mit der Verschuldung.

Richtig!

Aber umgekehrt genauso!

Je mehr ich spare, d.h. je mehr man (volkswirtschaftlich gesehen!) produziert und je weniger man selbst von dem Produzierten verbraucht, um so höher müssen sich andere verschulden:

Denn wer sollte ansonsten diese (bezogen auf den eigenen Verbrauch) überzähligen Produkte kaufen?

Sie wären dann sozusagen “auf Halde produziert†und verlören ihren Wert ...

Man sieht auch, daß in diesem Fall das Bankgeschäft eine Dienstleistung für die Realwirtschaft ist.

Nur die Realwirtschaft trägt zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung bei. Das unterscheidet sie grundsätzlich von der Spekulationswirtschaft. Ein weiterer Unterschied ist der, daß sowohl Inflation als auch Deflation nur durch realwirtschaftliche Prozesse ausgelöst werden können:

Inflation entsteht durch Lohnsteigerungen die höher ausfallen als die Summe aus der Produktivitätsentwicklung und dem volkswirtschaftlich festgesetzten Inflationsziel. Hierdurch erhöht sich die im realen Wirtschaftsleben befindliche Geldmenge, ohne daß es gleichzeitig zu einem Anstieg der Menge der produzierten Güter kommt. Eine problematische Inflation verhindert man folglich dadurch, daß sich die realen Lohnabschlüsse (d.h. abzüglich der Inflationsrate) an der Produktivitätsentwicklung orientieren. Damit diese realen Lohnabschlüsse aber der Produktivitätsentwicklung entsprechen, müssen die Löhne nominal steigen: Produktivitätsentwicklung + Inflationsentwicklung = Lohnsteigerung.

(
In der EWU beträgt das
Inflationsziel 2%
. Auf dieses Inflationsmaß hatte man sich vor Einführung des Euro geeinigt. Das heißt diese Inflation könnte man als
gute Inflation
bezeichnen, denn durch diese geringe Geldentwertung wird verhindert, daß sich das viel gefährlichere Phänomen einer Deflation manifestieren kann.

Deutschland blieb quasi ständig unter diesem vereinbarten Inflationsmaß.

Das hat u.a. etwas mit der Inflationsangst der Deutschen zu tun, die aus den Erfahrungen zweier Hyperinflationen von 1914 - 1923 und von 1939 - 1948
[in diesem Falle als zurückgestaute Geldentwertung durch staatliche Reglementierung: Festlegung von Höchstpreisen; Preis- und Lohnstop],
die beide durch die Kriegsfinanzierungen ausgelöst worden waren und jeweils zu Währungsreformen geführt hatten
[1923 und 1948],
resultiert.

Es ist bezeichnend und insbesondere übel, wenn neoliberale Politiker einerseits davon reden,

daß Inflation “eine besonders perfide Form
[sei],
die Menschen ihres Reichtums zu beraubenâ€
[so Frau Merkel in der Süddeutschen Zeitung vom 24. Juli 2008]
oder gar “die größte soziale Sauerei†sei
[so Herr Brüderle kürzlich, d.h. im September ‘11],
andererseits aber die viel größere Ungehörigkeit der seit ca. 15 Jahren
[gesamtwirtschaftlich gesehen]
real nicht mehr steigenden Löhne
[bewußt!]
nicht zu Kenntnis nehmen wollen.

Wird doch eine Inflation, ob nun unproblematisch, wie bei der 2%igen Zielvorgabe durch die EZB, oder problematisch, wenn sie dauerhaft weit über diesem Ziel liegt, erst dann zu einer tatsächlichen [und politisch offensichtlich gewollten!] Sauerei, wenn die Löhne nicht im gleichen Maße wie die Preise steigen
[also z.B. bei 3% Inflation, um nominal 4,5%, wenn man 1,5% als Produktivitätszuwachs rechnete, was dann zu einer realen Lohnsteigerung von 1,5% führte.]!)

Deflation entsteht durch Kaufkraftverlust der Masse der Bevölkerung, die zur Abnahme der Nachfrage und hierdurch zur Schrumpfung der Real-Wirtschaft führt: dies wiederum führt u.a. dazu, daß praktisch keine Investitionen (wegen des Rückgangs der Nachfrage) und damit keine nennenswerte Kreditaufnahme (zur Finanzierung von Investitionen) mehr stattfinden und so auch keine Verzinsung von Geld.

Durch die Sparwilligkeit schöpft der Sparwillige seine Möglichkeit, seinen Verhältnissen gemäß zu leben, nicht aus: er lebt unter seinen Verhältnissen.

Macht er hieraus ein Prinzip, nämlich grundsätzlich mehr zu produzieren, als er tatsächlich selbst verbrauchen kann, muß er stets andere finden, die über ihren Verhältnisse leben, sich also verschulden wollen.

Noch einmal:

Das Ersparte des einen ist die Verschuldung des anderen. Was auf der einen Seite an Mehr (Ersparnis) da ist, muß auf der anderen Seite an Weniger (Verschuldung) da sein.

Nimmt die allgemeine Verschuldungsneigung ab und die allgemeine Sparneigung zu, kommt es zu einem Rückgang der allgemeinen Nachfrage.

Für einen Gütermarkt ist es typisch, daß auf ihm Unternehmer tätig sind. Diese nehmen das Signal des Rückgangs der Nachfrage auf und drosseln ihre Produktion. Hierdurch verringern sich ihre Einnahmen.

Hierdurch verringern sich die Steuereinnahmen. Durch die Drosselung der Produktion werden Arbeitsplätze gefährdet (
möglicherweise Versuch der Abfederung durch „Kurzarbeit“
) und möglicherweise Mitarbeiter entlassen. Hierdurch verringern sich die Steuereinnahmen.

Die bisherigen Ausgaben der Öffentlichen Hand erhöhen sich dann z.B. dadurch, daß nun Betriebe gestützt werden müssen, oder, falls das abgelehnt wird, dadurch, daß an Arbeitnehmer, die entlassen worden sind, nun Arbeitslosengeld auszuzahlen ist, sowie dadurch, daß die abnehmenden Steuereinnahmen, die staatlichen Ausgaben nicht mehr (
bzw. noch schlechter
) decken. Hierdurch steigen die Schulden der Öffentlichen Hand weiter an (
möglicherweise Versuch der Schuldenreduzierung durch weitere Ausgabenkürzungen: letztlich kontraproduktiv, da hierdurch weitere Kaufkraft entzogen wird und hierdurch die Nachfrage weiter sinkt
).

Andere Unternehmer erleiden durch die allgemeine Abnahme der Kaufkraft (
und den damit verbundenen Auftragsrückgängen
) gleichfalls Verluste und entlassen Mitarbeiter usw..

Die Summe der Signale einer allgemein abnehmenden Nachfrage, läßt die allgemeine Investitionsneigung der Unternehmer sinken.

Das heißt eine Sparwilligkeit bleibt eine bloße Sparabsicht, findet sich niemand der verschuldungswillig ist.

Erst wenn ein Verschuldungswilliger insbesondere in Sachwerte investiert ...

(
Das heißt eben nicht von seinem “Wartturm†Ausschau hält nach Spekulationswerten ...

wobei es zwar so ist, daß auch ein in Sachwerte Investierender letztlich ein Spekulant ist,

kommt dieser Begriff schließlich von lat. speculari “Ausschau halten, spähen, belauern†zu lat. specula “Spiegelâ€, aber auch u.a. “Wartturm/Wachtturmâ€, aber genau dadurch, daß dieser in Sachwerte investiert, trägt der
investive Spekulant
zu einer volkswirtschaftlichen Wertsteigerung bei, während der
nichtinvestive Spekulant
keine Werte schafft, sondern höchstens erlaubt, ein Mehr an Buchgeld in eine Bilanz zu schreiben, dem kein realer Gegenwert entspricht
.)

... und zu diesem Zweck einen Kredit tatsächlich aufnimmt,

den er allerdings nur unter der Bedingung aufnehmen wird, daß zumindest mit steigender Nachfrage zu rechnen ist (
um mit einem solchen Kredit zum Beispiel eine
Sachinvestition zu tätigen, damit sich die Produktivität seines Betriebs verbessert, so er Unternehmer ist
),

sozusagen das Geld des Sparwilligen nachfragt,

spart der Sparwillige tatsächlich und wird erst hierdurch zum tatsächlichen Sparer der auf diese Weise Ersparnisse ansammeln kann.

Aber auch der Verschuldungswillige (als Investitionswilliger!) spart schließlich.
Nämlich dadurch, daß sich (
durch die Produktivitätsverbesserung
[so die Investition erfolgreich war!]) sein Warenabsatz verbessert, wodurch sich nachfolgend sein Gewinn verbessert, er die Kreditraten nun bequem bedienen kann, es hierdurch zu einer
Verschiebung des Verhältnisses von Soll und Haben zugunsten der Habenseite
kommt und ein Gewinn bleibt, der aufs Konto gelegt werden könnte

(
also gespart würde, wenn sich nun, z.B., der bisherige
[oben erwähnte]
Sparwillige verschuldete … z.B. zu Investitionszwecken, damit er eine steigende Nachfrage
[die möglicherweise genau von dem Verschuldungswilligen ausgelöst worden ist]
bedienen kann
…) …

Was hier beschrieben worden ist, bezeichnet man als Saldenmechanik:

Das auf der einen Seite als Ersparnis vorhandene mehr an Geld (Geldersparnis),

muß auf der anderen Seite an Geld weniger vorhanden sein (Geldschulden).

Das heißt
insgesamt ist es gar nicht möglich, daß alle über ihre Verhältnisse leben
.

Der Satz:

„Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt“ (sagt z.B. Frau Merkel), kann immer nur für einige gelten, aber niemals für alle, denn es muß dann immer welche geben, die unter ihren Verhältnissen gelebt haben.

Weil es einfach nicht möglich ist, etwas zu verbrauchen, das noch gar nicht hergestellt worden ist, denn

insgesamt kann immer nur jenes verbraucht werden, das bereits produziert worden ist. Ob nun von denen, die es produziert haben oder von denen, die es “nur†verbrauchen.

Will man also, daß andere keine zusätzlichen Schulden mehr machen, müssen diese in der Lage sein, selbst soviel zu produzieren, als sie selbst verbrauchen können. Im Gegenzug dürfen die bisherigen Sparer nicht mehr produzieren, als sie wiederum verbrauchen können (
oder wollen
).

In diesem Fall lebten alle ihren Verhältnissen gemäß.

Wird fortgesetzt

Geschrieben

Fortsetzung von # 999

Will man aber

(und schwätzt nicht nur unverantwortlich und dumm, wie es leider viele Entscheidungsträger bei uns tun!),

daß die Schuldner ihre Schulden abbauen, so müssen diese in der Lage sein, mehr zu produzieren, als sie selbst verbrauchen können (wollen). Und im Gegenzug müssen die bisherigen Sparer weniger produzieren, als sie selbst verbrauchen können (wollen): sie müssen ihre Ersparnisse abbauen.

Das fordert die Saldenmechanik.

Konkret bezogen auf die Eurozone bedeutet das:

Entscheidend ist es somit, daß Volkswirtschaften untereinander zu einem vernünftigen Spar- und Verschuldungsmaß kommen: Mal verschulden sich die einen mehr und dafür sparen die anderen mehr, mal umgekehrt. Insbesondere in einer Währungsunion bedarf es hierzu einer Wirtschaftsregierung.

Will man dafür sorgen, daß es bei den volkswirtschaftlichen Schuldnern der EWU tatsächlich zu einer Abnahme ihrer Schulden kommt, muß man dafür sorgen, daß sie einerseits mit einer moderaten und konstant bleibenden Verzinsung ihrer Schulden rechnen können:

Dies ist nur möglich durch eine Entkopplung der Kreditaufnahme vom privaten Kapitalmarkt, und zwar durch Ausgabe von Gemeinschaftsanleihen der EWU mit einer festen Verzinsung (
von 2%, denn diese sind übers Wirtschaftswachstum
[bezogen auf den gesamten EWU-Raum]
realistisch zu decken
), andererseits dadurch, daß sie mehr produzieren als sie selbst verbrauchen.

Vorsicht:

Hierdurch vergrößern sie aber tendenziell die Gruppe der Sparer, denn gleichzeitig nehmen sie zwangsläufig weniger Produkte von den volkswirtschaftlichen Sparern der EWU ab, wodurch die Einnahmen dieser Sparer sinken.

Hier gilt es dann wirtschaftspolitisch gegenzusteuern.

Das heißt nun sind es die volkswirtschaftlichen Sparer der EWU, die ihre Ersparnisse verringern müssen, um auf diese Weise die Abnahme der Nachfrage aus den bisherigen Schuldnervolkswirtschaften auszugleichen (
d.h. die eigene Binnennachfrage zu erhöhen
).

Geschieht dieses Gegensteuern nicht, werden schließlich alle zu volkswirtschaftlichen

EWU-Sparern (
eigentlich verharren sie so bloß im Status der Sparwilligkeit, denn
), hierdurch sinken bei allen die Einnahmen (das tatsächliches Sparen ausschließt) und schließlich haben dann alle … Deflation ...
und auf diese galoppieren wir zu
… Ist das nicht lustig?

(vgl. insbesondere die erhellende Schrift von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker:

“
â€)

Ende

^Jo_Cit

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